Sonntag, 3. Dezember 2017

Zunehmende Proteste und Ausnahmezustand in Honduras

Daniela Dreißig in amerika21
Breite Protestbewegung gegen die Regierung Hernández und den sich abzeichnenden Wahlbetrug. Sieben Tote und viele Verletze bei Unruhen im ganzen Land 

Tegucigalpa. Sechs Tage nach den Präsidentschaftswahlen vom 26. November und inmitten der noch laufenden Stimmenauszählung hat der Ministerrat von Honduras den Ausnahmezustand im gesamten Land für die Dauer von zehn Tagen verhängt. Das schließt eine Ausgangssperre von 18 Uhr bis sechs Uhr ein. Personen, die in dieser Zeit in den Straßen angetroffen werden, können inhaftiert werden.
Die Proteste gegen die Regierung von Präsident Juan Orlando Hernández in Honduras nehmen weiter zu Quelle: G. Trucchi/Rel-UITA
In den Sozialen Netzwerken wird derweil über schwere Menschenrechtsverletzungen berichtet. Die Militärpolizei hat am Freitag in den Morgenstunden in der Hauptstadt in Tegucigalpa eine 19-Jährige erschossen. Damit ist die Zahl der Todesopfer bei den Protesten laut lokalen Medien auf sieben gestiegen. Viele Verletzte mussten in Krankenhäusern behandelt werden.

Im ganzen Land demonstrieren Honduraner gegen die Verzögerung der Bekanntgabe des Wahlergebnisses und den befürchteten Wahlbetrug zugunsten des amtierenden Präsidenten Juan Orlando Hernández von der Nationalen Partei (PN). Straßen und Brücken werden blockiert. Die Mautstationen im Norden des Landes, die seit 2016 in der Bevölkerung heftigen Widerstand provoziert haben, sind am Freitag in Flammen aufgegangen. In den großen Städten des Landes wurden Geschäfte geplündert und verwüstet. Dies wird in der offiziellen Erklärung des Ministerrates als Anlass für die Verhängung des Ausnahmezustandes genannt.

Bei den ersten Veröffentlichungen der vorläufigen Wahlergebnisse am Montag hatte Salvador Nasralla vom Mitte-links Wahlbündnis Allianz der Opposition einen Vorsprung von fünf Prozent vor Hernández. Marco Ramiro Lobo von der Wahlbehörde (TSE) erklärte, dass die Tendenz des Vorsprungs bei der Auszählung der bis dahin 71 Prozent der Wahldokumente nicht mehr umkehrbar sei. In den Tagen danach war jedoch zu sehen, dass sich der Vorsprung zunehmend verringerte. Letztlich verzeichnete Hernández einen Vorsprung von etwas mehr als einem Prozent der Stimmen. Die Bekanntgabe der endgültigen Wahlergebnisse wurde für den vergangenen Donnerstag angekündigt, jedoch kam es nicht dazu. Stattdessen kündigte die Behörde weitere Auszählungen an. In den Tagen nach den Wahlen war mehrmals das Computersystem des TSE abgestürzt, Wahldokumente waren nicht in die Auszählung einbezogen worden. Schließlich mussten internationale Wahlbeobachter und Journalisten das Gebäude verlassen, in dem sich die Dokumente befinden. Daraufhin begann die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern den Platz vor dem Gebäude zu räumen, wo sich bereits seit Montag zahlreiche Menschen versammelt hatten.

Viele Honduraner wie auch die Allianz der Opposition zweifeln diese neuen Ergebnisse an und wollen sich nicht ein weiteres Mal um ihre Wahl betrogen sehen, denn auch vor vier Jahren waren Anzeichen für Wahlbetrug öffentlich geworden. Der von der PN dominierte TSE fehlt nach all den Unregelmäßigkeiten und schweren Verstößen jegliche Glaubwürdigkeit. Zudem wurde Präsident Hernández erneut als Kandidat seiner Partei aufgestellt, was laut honduranischer Verfassung unzulässig ist.

Der Nationale Tisch für Menschenrechte, ein Zusammenschluss von Menschenrechtsorganisationen in Honduras, appellierte am Samstag an Regierung und Armee, das Recht auf friedlichen Protest und freie Meinungsäußerung zu respektieren und fordern die öffentliche Auszählung aller Stimmen. In vielen Städten Latein- und Nordamerikas und auch in Europa fanden Solidaritätskundgebungen gegen die Gewalt und den Wahlbetrug in Honduras statt.

Das zentralamerikanische Land ist seit dem Militärputsch im Jahr 2009 nicht mehr zur Ruhe gekommen. Die letzten zwei Amtszeiten durch die PN haben die Rechtsstaatlichkeit praktisch beseitigt. Alle Kontrollinstanzen wurden unter deren Kontrolle gebracht. Korruption, Straflosigkeit, politisch motivierte Morde und der Ausverkauf der natürlichen Ressourcen charakterisieren die letzten acht Jahre.

Die Proteste halten trotz Ausnahmestand an, zahlreiche Menschen gehen trotz Ausgangssperre auch abends und nachts weiter auf die Straße. Das Oppositionsbündnis hat indes für den heutigen Sonntag zu landesweiten Demonstrationen gegen die Regierung Hernández und den TSE aufgerufen.