Gewalt gegen Frauen im
Mittelpunkt. Erschütternde Einblicke. Neoliberale Politik der Regierung
wird mitverantwortlich für Gewalt gemacht
Von Nina Baghery, Chiapas amerika21
Sprecherin Comandanta Amanda begrüßte die 3.259 angereisten Teilnehmerinnen aus insgesamt 49 Ländern: "Der Schmerz und die Wut über die Gewalt, die wir Frauen erleiden müssen, hat uns an diesem Ort zusammengeführt". Seit dem ersten zapatistischen Frauentreffen im März 2018 (amerika21 berichtete) sei die Zahl an "vergewaltigten, vermissten und ermordeten Frauen" weltweit gestiegen. Die Zapatistinnen erklärten, dass sie Zweifel gegenüber staatlichen Programmen zu Frauenrechten hegen, da diese aus einem kapitalistischen System entspringen und patriarchale Strukturen reproduzieren würden: "Wir Zapatistas sind anti-kapitalistisch und anti-patriarchal zugleich, denn wir verstehen die Gewalt an Frauen aus ihren systemischen Strukturen heraus."
Eine der Schlüsselaktivitäten des Festivals mit dem Titel "Gewalt an Frauen" bildete das offene Mikrofon der "Anklagen" (denuncias). Dabei luden die Zapatistinnen die Teilnehmerinnen dazu ein, öffentlich über persönliche Erfahrungen mit chauvinistischer Gewalt zu berichten. Obwohl dieser Programmpunkt nur für den ersten Tag vorgesehen war, nahmen die Berichte von misshandelten Frauen über die gesamten drei Tage der Veranstaltung hinweg kein Ende. Unzählige fassten Mut und sprachen über Erfahrungen mit häuslicher, struktureller oder rassistischer Gewalt. Frauen aus Ländern wie Mexiko, Honduras oder El Salvador gaben intime Einblicke über erschütternde Erfahrungen im Kontext der Kriminalisierung von Abtreibungen. Eine junge Mexikanerin berichtete etwa, wie sie zur Behandlung von schweren Blutungen in einem Krankenhaus eingeliefert wurde. Nachdem man festgestellte hatte, dass sie im vierten Monat schwanger gewesen war, beschuldigten sie die behandelten Ärzte eines beabsichtigten Schwangerschafts-abbruchs und verweigerten ihr die Weiterbehandlung. Sie wäre infolge des Blutverlustes beinahe ums Leben gekommen.
Immer wieder äußerten die Teilnehmerinnen ihre Dankbarkeit gegenüber den Zapatistinnen dafür, einen Raum des Vertrauens geschaffen und das Festival ein zweites Mal realisiert zu haben. Während der drei Tage des persönlichen, politischen und künstlerischen Austauschs zwischen hielten sich die Zapatistinnen eher im Hintergrund auf und sorgten sich um die Planung, Organisation, Logistik, Moderation, Verpflegung und Sicherheit der Teilnehmerinnen.
Erst zur Abschlusskundgebung ergriffen die Zapatistinnen wieder öffentlich das Wort. Es sei kaum zu glauben, dass "von Fortschritt, Modernität und großen Entwicklungen in dieser Welt geredet wird und es dabei so Wenige gibt, die sich vom Unglück, dem Schmerz und der Hoffnungslosigkeit der Frauen bewegen lassen". Mit ermutigenden Worten sicherten sie den Teilnehmerinnen Unterstützung zu: "Ihr seid nicht alleine! Wir sind Frauen, die kämpfen. Wir verraten uns nicht, wir geben nicht auf und wir geben auch nicht nach". Die Teilnehmerinnen wurden mit der Aufgabe verabschiedet, sich zu organisieren und international zu verknüpfen. Im Zeichen des gemeinsamen Kampfes verkündeten die Zapatistinnen bereits für den 8. März einen kollektiven Aktionstag.