Honduras ist ein wichtiger
regionaler Verbündeter der USA. Dass die Regierungen dort sich kriminell
verhalten, stört dabei nicht, meint Parker Asmann
Im Anschluss an den Fototermin erklärte Michael Kozak, stellvertretender Sekretär des US-Außenministeriums für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre, die Regierung von Präsident Hernández sei ein "zuverlässigen Partner".
Das Foto und der Kommentar sind typisch für die US-Strategie des Schulterklopfens und Wegschauens in Zentralamerika; sie zielt im Wesentlichen darauf ab, ein jegliches Staatsoberhaupt bei allem zu unterstützen, was auch immer die USA von ihm verlangen. Präsident Hernández steht für kurzfristige Stabilität und jemanden, der bereit ist, sich den wirtschaftlichen und politischen Interessen der USA zu beugen; seine mutmaßliche Beteiligung am Schutz und der Annahme von Bestechungsgeldern von Drogenhändlern und dem Diebstahl von staatlichen Geldern im Wert von Millionen US-Dollar spielt keine Rolle.
"Präsident Hernández und andere hochrangige Funktionäre wollen sich der Rechenschaftspflicht entziehen, und wenn sie immer wieder Fotos zeigen, auf denen sie von hochrangigen US-Offiziellen beglückwünscht werden, schwächt das die Bemühungen, sie zur Rechenschaft zu ziehen", sagte Adam Isacson, Direktor für Verteidigungsaufsicht im Washingtoner Büro für Lateinamerika (WOLA).
Wochen zuvor hatten US-Ankläger die kriminelle Verschwörung des Bruders des Präsidenten zum staatlich geförderten Drogenhandel festgestellt, die auch den Ausgang der letzten drei Präsidentschaftswahlen direkt beeinflusst hatte. Doch trotz der Verurteilung ging es zwischen den USA und Honduras wie gewohnt weiter.
Im Verlauf des letzten Jahrzehnts haben die USA hunderte Millionen Dollar an Unterstützung nach Honduras, einem ihrer wichtigsten regionalen Verbündeten, fließen lassen, obwohl es glaubwürdige Vorwürfe gibt, dass die frühere und die jetzige Regierung sich ganz und gar kriminell verhalten haben.
Die zentralamerikanische Nation ist seit langem ein Schwerpunkt der US-amerikanischen Bemühungen, ihren Einfluss in ganz Lateinamerika zu verbreiten. Allein in den Jahren 2016 und 2017 hat die US-Regierung laut Daten von WOLA Honduras fast 400 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, um den Drogenhandel zu bekämpfen, Polizei und Militär mit Ausrüstung und Ausbildung zu versorgen, das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung zu fördern sowie das Justizsystem zu verbessern und Gewalt vorzubeugen.
Aber diese Unterstützung hat nicht immer dazu beigetragen, gute Praktiken zu gewährleisten. Ein Teil der Gelder ging direkt an militarisierte Polizeieinheiten wie die Tigres, eine Truppe, die 2012 speziell zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens geschaffen wurde und die mit Korruptionsvorwürfen unter Beteiligung einiger der bekanntesten Drogenhändler des Landes konfrontiert ist. Das Geld floss auch an die nationale Polizei, wobei der ehemalige Polizeichef Juan Carlos "El Tigre" Bonilla Valladares neben anderen hochrangigen Polizisten eine zentrale Rolle bei der Erleichterung des Drogenhandels gespielt haben und in extralegale Hinrichtungen verwickelt gewesen sein soll.
Um zu verhindern, dass Gelder einfach in die Kassen von korrupten und gewalttätigen Behörden fließen, haben die USA wichtige Initiativen zur Polizeireform und Anti-Korruptionskommissionen unterstützt, die sich gegen diese ausufernde Korruption und Straflosigkeit richten. An der Spitze der Polizeireform steht jedoch der Sicherheitsminister Julian Pacheco Tinoco, der selbst beschuldigt wird, Bestechungsgelder von einigen der berüchtigtsten Drogenhändler Honduras angenommen zu haben. Gleichzeitig haben gerade die politischen Akteure, die das Ziel von Korruptionsermittlungen waren, ihre eigene Macht und Verbindungen genutzt, um die Untersuchungen ihres mutmaßlichen Fehlverhaltens zu behindern oder zu blockieren.
Die unerschütterliche Unterstützung der USA für Honduras hat auch erheblichen politischen Schaden angerichtet. Mit der Legitimierung der Regierungen der Nationalen Partei des ehemaligen Präsidenten Porfirio Lobo und des amtierenden Präsidenten Juan Orlando Hernández nach dem Staatsstreich von 2009 unterstützte die US-Regierung die Absetzung des demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya.
Diese Unterstützung hat "eine langfristige und schreckliche Katastrophe begünstigt, die sich weiter verschlimmert", sagte Dana Frank, Professorin an der Universität von Kalifornien, Santa Cruz. "Sie hat geholfen, die Rechtsstaatlichkeit und das Strafrechtssystem zu zerstören, während sie zugleich die Schleusen für Korruption und Straflosigkeit in einer von Kriminellen kontrollierte Regierung geöffnet hat."
Sowohl der ehemalige Präsident Lobo als auch der aktuelle Präsident Hernández werden beschuldigt, von berüchtigten Drogenhändlern ‒ wie dem ehemaligen Sinaloa-Kartell-Kapo, "El Chapo" Guzmán, und dem Cachiros-Führer Devis Leonel Rivera Maradiaga ‒ Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen zu haben, um verschiedene politische Kampagnen zu finanzieren und im Gegenzug Schutz zu bieten und den freien Drogenfluss durch das Land auf dem Weg in die USA zu ermöglichen.
Dennoch haben die USA dem höchst fragwürdigen Sieg von Präsident Hernández bei den Präsidentschaftswahlen 2017 ihre Zustimmung erteilt, nachdem er ein verfassungsmäßiges Wiederwahlverbot hintertrieben hatte, um wieder zu kandidieren. Dies geschah trotz Forderungen internationaler Organisationen nach Neuwahlen wegen weit verbreiteter Vorwürfe des Wahlbetrugs, die zu Protesten führten, die gewaltsam niedergeschlagen wurden. Die Sicherheitskräfte setzten laut den Vereinten Nationen "absichtlich tödliche Schusswaffen ein", um die Demonstrationen zu unterdrücken. Dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet, einige durch Schusswunden am Kopf.
"Die US-Regierung hat eine Unmenge an Beweisen völlig ignoriert, die zeigen, dass gegen sehr viele [Regierungsbeamte] ernsthafte Anschuldigungen von Korruption und Verwicklung in den Drogenhandel vorliegen. Dies bringt ihnen vor allem größeres politisches Kapital und stärkt ihre Position bei der Konfrontation mit dieser Art von Anschuldigungen", sagte Annie Bird, Leiterin der Menschenrechtskommission von Guatemala, die umfangreiche Untersuchungen über Straflosigkeit und Korruption in Honduras durchgeführt hat.
Auch staatliche Institutionen haben unter den Regierungen seit dem Putsch stark gelitten. Ein erstmals 2014 aufgedeckter Korruptionsskandal innerhalb des honduranischen Instituts für soziale Sicherheit (IHSS) zeigte auf, dass Regierungsangestellte hunderte Millionen Dollar aus der Institution abzweigten, von denen einige, wie Präsident Hernández zugab, zur Finanzierung seines Präsidentschaftswahlkampfes 2013 beitrugen. Vor ihm wurde auch Lobo beschuldigt, mindestens eine Million Dollar an Regierungsgeldern, die für Sozialprogramme bestimmt waren, für die Absicherung seiner eigenen Präsidentschaft abgezweigt zu haben; außerdem soll er Regierungsaufträge an Unternehmen vergeben haben, die dem Cachiros-Drogenkartell gehören.
Das Bestehlen staatlicher Institutionen durch Politiker ist in Honduras fast schon zur Standardpraxis geworden, was den USA sehr wohl bekannt ist. Im Mai 2019 beispielsweise veröffentlichte das US-Außenministerium einen Korruptionsbericht, in dem 13 derzeitige und ehemalige honduranische Regierungsfunktionäre identifiziert wurden, denen die Beteiligung an oder die Förderung von Korruption vorgeworfen wird. Viele von ihnen haben direkte Verbindungen zu Präsident Hernández und der Nationalen Partei.
Darüber hinaus enthüllte eine Untersuchung der Univision die "systematische Veruntreuung von öffentlichen Geldern" durch Top-Regierungsbeamte – darunter auch Mitglieder der Familie von Präsident Hernández –, die unter Nutzung eines Netzwerks von 53 gemeinnützigen Organisationen "den Großteil" von etwa 70 Millionen Dollar, die sie in den letzten zehn Jahren eingenommen hatten, gewaschen haben.
Der Nationale Antikorruptionsrat und der honduranische Think Tank FOSEDH schätzen, dass Korruption und Misswirtschaft dem Land jährlich rund 1,5 Milliarden Dollar oder etwa sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts entziehen. Ein Bericht des Carnegie Endowment for International Peace aus dem Jahr 2017 ging so weit, Korruption als das "Betriebssystem" von Honduras zu bezeichnen.
Die Bildungs- und Gesundheitssysteme des Landes hängen indes an einem seidenen Faden, während die Regierung, unterstützt von den USA, die Mittel auf die Sicherheit konzentriert, die mit tödlichen Folgen verbunden ist. Ein Bericht vom Mai 2017 identifizierte mindestens drei Fälle im Jahr 2012, in denen bei gemeinsamen Operationen der nationalen Polizei und der US-Drogenbehörde (DEA) in Honduras tödliche Gewalt angewendet wurde. Hinter den Kulissen wurden die öffentlichen Einrichtungen durch massive Haushaltskürzungen und Korruptionsskandale ausgehöhlt, die ihre Ressourcen geplündert haben und die Bildungs- und Gesundheitssysteme an den Rand des Zusammenbruchs brachten, während Lehrer und medizinisches Personal mehr Unterstützung und Mittel fordern.
Die Regierungen der Nationalen Partei, die nach dem Putsch ins Amt gekommenen sind, haben zudem eine neoliberale Wirtschaftspolitik vorangetrieben und die natürlichen Ressourcen des Landes für private Investitionen geöffnet. Tausende Hektar für Subsistenzlandwirtschaft genutzte Flächen wurden für die lukrative Palmölindustrie umgewidmet; andere, den indigenen Gemeinschaften heilige Gebiete wurden übernommen, um Platz für Wasserkraftwerke zu schaffen. Dies geschah auf Kosten der lokalen Bevölkerung, die nie befragt wurde, was eine direkte Verletzung honduranischen Rechts darstellt.
Die Regierung hat die Interessen der Eliten und reichen Investoren gegenüber den am stärksten marginalisierten Gemeinschaften in Honduras in den Vordergrund gestellt. Honduras ist dabei zu einem der gefährlichsten Länder der Welt für Umweltschützer geworden, die für den Schutz des Landes und seiner Ressourcen kämpfen. Der Mord an der Aktivistin Berta Cáceres im Jahr 2016 hat diese Realität ins internationale Rampenlicht gerückt. Seither haben viele weitere Angriffe und Morde an Aktivisten stattgefunden.
Dennoch hat die Unterstützung der USA nicht nachgelassen. Dies untergräbt die Bemühungen, die der Zerstörung des Landes Beschuldigten zur Rechenschaft zu ziehen.
Zwar sind die USA nicht allein verantwortlich für den derzeitigen Zustand von Honduras. Aber es lässt sich nicht leugnen, wie destruktiv ihre fortgesetzte finanzielle oder anderweitige Unterstützung für einen großen Teil der Honduraner ist.
Quelle:
elfaro