Mittwoch, 16. Juni 2021

Gerichtsprozess gegen David Castillo, mutmaßlicher Auftraggeber des Mordes an Berta Cáceres

 Tag 39 [15. Juni 2021]

 

Mit der Aussage von Bertha Zúniga, Tochter von Berta Cáceres und Generalkoordinatorin von COPINH, im Prozess gegen David Castillo endete am Dienstag die Beweisführung der Privatanklage.

Diese Zeugenaussage enthüllte die Schikanen und die ständige Überwachung von Berta Cáceres durch David Castillo.

In ihrer Zeugenaussage schilderte Bertha Zúniga verschiedene Situationen, die sie mit ihrer Mutter erlebt hatte und wie sie ihr auch von der Bedrohung erzählte, die David Castillo für ihr Leben darstellte:

       2013 reiste Berta Cáceres nach Kuba, um ihre Tochter Bertha zu besuchen. Dort erzählte sie Bertha von dem Kampf, der in Rio Blanco stattfand, und von dem Kriminalisierungsprozess, dem sie wegen einer Waffe, die in ihrem Fahrzeug platziert worden  war, ausgesetzt war.

       Auf dieser Reise erzählte Berta ihrer Tochter Bertha, dass der Geschäftsführer des Unternehmens, (das das Wasserkraftwerk „Agua Zarca“  in Rio Blanco bauen liess, d.Ü.) David Castillo hieß. Er sei Absolvent des militärischen Geheimdienstes von West Point in den Vereinigten Staaten und er habe ihr vor der Abreise sagte, dass er  nach ihrer Reise Klage gegen sie einreichen würde, um den Besuch ihrer Tochter in Kuba zu ihrem Abschluss nicht zu beeinträchtigen. Das habe ihr zu verstehen gegeben, dass er Informationen über ihr Privatleben hatte. Diese Situation sei besorgniserregend gewesen, da nur sehr wenige Menschen überhaupt wussten, dass Bertha in Kuba studierte.

       Bertha berichtete auch von den Kriminalisierungsaktionen gegen ihre Mutter, die von der Firma DESA vorangetrieben wurden, insbesondere als man sie der Usurpation (illegale Besitznahme von Land) im Lenca-Territorium und der Nötigung beschuldigte und Schadensersatz an die Firma (DESA d.Ü.) in Höhe von 700 Millionen Lempiras von ihr verlangte. Die Firma wurde von Rechtsanwalt Sánchez Cantillano (dem heutigen Verteidiger  von David Castillo) vertreten und in diesem Fall sagten die inzwischen verurteilten Douglas Bustillo und Sergio Rodríguez gegen sie aus.

       Bertha sagte auch, dass ihre Mutter ihr nicht erlaubte, nach Río Blanco zu gehen, weil sie wegen der Schikanen und Drohungen, die sie in der Gemeinde wegen ihres Kampfes zur Verteidigung des Gualcarque-Flusses erfuhr, in Gefahr war.

       Im Jahr 2014 begann Bertha Zúniga mit dem Nationalen Netzwerk  von Menschenrechtsverteidigerinnen in Honduras zu arbeiten, und ein Teil ihrer Arbeit bestand darin, die Aggressionen und Drohungen zu dokumentieren, die Berta wegen ihres Kampfes erhielt. Unter anderem bemerkte sie, dass David Castillo ihrer Mutter bei einer Gelegenheit, während sie in einer Sitzung war, schrieb "wie schön deine Bluse ist", was Berta sehr beunruhigte, da es sich um eine geschlossene Sitzung handelte und er ihr so zu verstehen gab, dass er sie genau beobachtete.

       Bei einer anderen Gelegenheit bot David Castillo an, einige Projekte für die „casa de sanación“, das Frauenhaus von  COPINH, zu bezahlen. Berta sagte ihrer Tochter, dass sie seine Angebote als eine Form der Bestechung verstehe und drückte ihre Sorge aus, dass sie nicht verstehe, woher Castillo wisse, dass dies tatsächlich wirklich wichtige Projekte für sie seien.

     Berta erzählte ihrer Tochter auch, so die Aussage, dass im Januar 2015 ein Mann namens Alexis ihr Textnachrichten schickte. Er erzählte ihr, dass die DESA-Ingenieure bezahlte Informanten in den Versammlungen und Treffen von COPINH hätten. Diese Personen gaben der DESA Informationen darüber, wann Berta und andere Aktionen koordinierten.

     2015 wurde Berta der Goldman-Preis verliehen und bei dieser Gelegenheit erzählte sie, dass David Castillo ihr geschrieben hatte, um ihr zu gratulieren, was sie als ironisch empfand, da der Preis ihr für ihren Kampf gegen das Unternehmen DESA verliehen wurde.

     Im selben Jahr habe ihre Mutter ihr berichtet habe, dass David Castillo ein Lügner sei, weil er ihr gesagt hatte, dass sie gewonnen hätte und dass sie das Projekt zurückziehen würden. Sie sei sehr enttäuscht gewesen, dass das nicht stimmte. Berta habe erzählt, dass David Castillo sie belogen habe und auch, dass Douglas Bustillo sie beleidigt und belästigt habe. Sie sagte, dass Bustillo ein Auftragskiller sei und dass Mitglieder seiner Familie ebenfalls Auftragskiller seien und an der Entführung des Sohnes eines Präsidenten in Honduras beteiligt gewesen seien. Trotzdem hatte sie mehr Angst vor David Castillo, weil er zwar freundlich mit ihr sprach, sie aber beobachtete und überwachte und sie deshalb mehr Angst vor ihm hatte.

      Im Dezember 2015, als auch ihre anderen Kinder Laura und Salvador in Honduras waren, erzählte Berta ihnen, dass sie ein Testament machen und eine Lebensversicherung abschließen wolle und sagte ihnen, dass sie nicht wolle, dass sie ohne Unterstützung dastünden, falls ihr etwas zustoße.

        Im Januar 2016 teilte Bertha Zúnigas Vater (der ehemalige Ehemann von Berta Cáceres, d.Ü.) seiner Tochter mit, dass ein Anwalt ihm Informationen über die Verhaftung  von zwei Männern wegen illegalen Waffenbesitzes und des Mordes an einem Mann in der Gemeinde Rio Blanco (im Dezember) gegeben habe. Einer von ihnen, der Auftragskiller Olvin Garcia, habe angegeben, dass er mit der DESA zusammenarbeite, um Aktionen gegen COPINH durchzuführen. Er sei freigelassen worden sei, nachdem einem Richter in La Esperanza ein Bestechungsgeld gezahlt wurde. Es sei wichtig für Berta, diese Informationen zu haben.

 https://copinh.org/2021/06/juicio-contra-david-castillo-dia-39/

Die Verteidigung beginnt mit der Präsentation ihrer Beweise: Aussage des  Zeuge Ramon Rivera Perdomo

Ramon Rivera Perdomo ist ein Schullehrer aus San Francisco de Ojuera (SFO) im Departement Santa Barbara [SFO war der Ort auf der anderen Flusssteite , an den DESA den Bau des Agua Zarca-Staudamms verlegte, nachdem der Widerstand aus  Rio Blanco und die internatioale Kritik immer größer wurden, d.Ü.].

"Ramon Sosa war kommunale Kontaktperson in DESA und eine der Personen, die Attacken gegen COPINH und Berta Cáceres in der Gemeinde Río Blanco ausführten." Quelle: COPINH
Aussage von Ramón Rivera:

Bevor ich etwas über erneuerbare Energien wusste, hatte ich bereits COPINH kennengelernt. Ich absolvierte eine Schule in Santa Barbara und wurde von [Salvador] Zúniga im Institut Santa Barbara ausgebildet. Ich bekam ein Stipendium für ein Medizinstudium in Kuba, ging für zwei Jahre dorthin und kehrte dann in meine Gemeinde zurück. In den frühen 2000er Jahren wurde ich ein Aktivist für erneuerbare Energien.

Ich wurde Teil der gewählten Gemeindeleitung (patronato) und setzte mich für die Entwicklung eines Wasserkraftprojekts ein. Dies war erst um 2007 möglich, als wir einige Mittel aus einem Regierungsprogramm – Strategie zur Armutsreduzierung - der Regierung von Manuel Zelaya erhielten. Bis 2009 hatten wir elektrische Projekte in den Gemeinden der Gemeinde, und das war ein großer Erfolg für die Gemeindeführung. Ich war ein Aktivist in der Zelaya-Regierung und war Mitglied des Gemeinderats.

Als die Zelaya-Regierung die Projekte der Llanitos- und Jicatuyo-Wasserkraftwerke vorschlug [diese Kraftwerke wurden nie gebaut, aber die JOH-Regierung treibt sie jetzt wieder voran], war ich für diese Projekte. Ich glaubte an die Möglichkeiten für die Entwicklung der Gemeinde und wir sahen immer die Möglichkeiten, nachhaltiger Arbeitsquellen und begrüßten die Chancen für die Gemeinde.

Dann geschah der Putsch, ich war ein Aktivist gegen den Putsch. So lernte ich Berta Cáceres kennen. Im Jahr 2010 setzte ich meine Arbeit in der Gemeinde fort. Ich bin Lehrer und das schon seit 2005. Und ich bin ein Vater von drei Kindern.

Ich wurde darauf aufmerksam, dass sie das Staudammprojekt Agua Zarca auf der rechten Seite des Gualcarque-Flusses entwickelt werden sollte [die rechte Seite ist die Region Rio Blanco im Departement  Intibucá].

Im Jahr 2004 war ich Teil des Komitees zum Schutz des  Gualcarque-Flusses. Das war eine Initiative, um Lösungen und Schutzmaßnahmen wegen der Bedrohung des Flusses durch Viehzucht zu suchen. Damals lernte ich die indigenen und andere Gemeinden in San Francisco de Opalaca kennen. Zu dieser Zeit betrachten wir unsere Organisationen und die anderen in San Francisco de Opalaca als Bruderorganisationen.

Ich lernte COPINH kennen und wusste, dass sie eine Umweltorganisation sind. Zu diesem Zeitpunkt war COPINH noch nicht in unserer Region aktiv.

Im Jahr 2013 erfuhr ich von der Krise in Rio Blanco und dass das Projekt Agua Zarca gestoppt wurde. Ich erfuhr davon durch die Medien. Ich verstand, dass es ein kleines Projekt war, auch wenn die Leute es als großen Damm bezeichneten, der vielen Menschen Land wegnehmen würde.

Ende 2013 gingen wir in die Gemeinde La Tejera in Rio Blanco. Es war ein Sektor der Gemeinde Rio Blanco, der gegen das Agua Zarca-Projekt war.

Dort lernte ich Francisco Javier kennen [früher engagiert bei COPINH und ehemaliger Anführer in Rio Blanco, d.Ü.]. Ich ging zu seinem Haus, seine Frau war sehr freundlich. Wir aßen mit ihnen zu Abend und schliefen dort.

Dann begann der Konsultationsprozess in San Francisco de Ojuera auf der linken Seite des Flusses. Sie konsultierten die Gemeinden, um das Projekt nach San Francisco de Ojuera zu verlegen.

Im Jahr 2013 wurden Konsultationen in den Gemeinden Valle de Angeles, El Barreal, La Tejera [alle in Rio Blanco] und auch in San Ramon, La Leona und anderen Gemeinden in San Francisco de Ojuera durchgeführt. Dies war ein Prozess, um die Zustimmung der Gemeinden zu erhalten. Wir waren in der Lage zu verstehen, was das Agua Zarca Projekt uns geben würde.

Alles lief gut und war friedlich. Das Unternehmen Sinohydro befand sich in den Anlagen von DESA und das Projekt ging voran. Ich war Lehrer in meiner Gemeinde und wir sahen von der anderen Seite des Flusses, dass sie den Damm bauten.

https://www.aquiabajo.com/blog/2021/6/15/day-thirty-nine-trial-against-david-castillo

(Übersetzung aus dem Englischen, ohne Gewähr)