Fortschrittliches Bündnis liegt bei Umfragen vorn. Stimmung im Land ist polarisiert und angespannt. Furcht vor erneutem Wahlbetrug und vor Reaktionen der Nationalen Partei auf eine Niederlage
Tegucigalpa. Heute sind circa fünf Millionen Honduraner:innen aufgerufen, ihre Stimmen für eine neue Präsidentin oder einen Präsidenten, 128 Abgeordnete für den Nationalkongress, 298 Bürgermeister:innen und 20 Abgeordnete des zentralamerikanischen Parlaments abzugeben.
Die Stimmung im Land ist polarisiert und angespannt, nicht zuletzt wegen der Morde an Kandidat:innen, die sich für die Wahl aufstellen ließen. Bewohner:innen in Tegucigalpa berichten gegenüber amerika21 über eine erhöhte Militärpräsenz in den Straßen. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte äußert sich besorgt über die Wahlkampagne, die teils Hass, Gewalt und Angst erzeuge und ruft zu friedlichen und transparenten Wahlen, zur Einhaltung der Menschenrechte und des Rechts auf politische Teilhabe auf.
Insgesamt sind 16 Kandidat:innen zur Wahl angetreten. Laut jüngster Umfrage der honduranischen Nichtregierungsorganisation Cespad kam Xiomara Castro, Kandidatin der linken Partei Libertad y Refundación (Libre) mit ihrem Wahlbündnis auf 38 Prozent. Das Bündnis ist ein Zusammenschluss von Libre, der Partei Salvador de Honduras, der Partei Innovación y Unidad, Teilen der Liberalen Partei (PLH) und einer unabhängigen Kandidatur. Castro ist die Ehefrau des 2009 geputschten Präsidenten Manuel Zelaya. Es ist ihr zweiter Versuch, nachdem sie 2013 schon einmal angetreten war und bei den äußerst fragwürdigen Wahlen Juan Orlando Hernández unterlag. Zu ihrem Wahlprogramm gehören unter anderem eine kostenlose Bildung und der Kampf gegen Korruption und Straflosigkeit. Die Korrektur der neoliberalen Umstrukturierungen der letzten zwölf Jahre sind ein besonderer Schwerpunkt des Regierungsplans, der mit der Abschaffung erlassener Gesetze wie das der Wirtschafts- und Arbeitszonen einhergehen soll.
Nasry Asfura, Bürgermeister von Tegucigalpa, kandidiert für die seit zwölf Jahren regierende Nationale Partei (PNH), deren amtierender Präsident Hernández seine zweite Amtszeit im Januar beenden wird. Asfura ist Geschäftsmann und langjährig in der Politik, dazu ist er Anteilseigner einer Offshore-Firma in Panama. Gegen ihn wurde noch bis Juni 2021 wegen Amtsmissbrauches, Betruges, Veruntreuung öffentlicher Gelder und Geldwäsche ermittelt, jedoch wurde das Vorverfahren gerichtlich ausgesetzt. Erst kürzlich kam Asfura erneut in die Schlagzeilen, im Zusammenhang des Korruptionsfalls "Diamante", in den der Bürgermeister von San José, Costa Rica verwickelt ist. Die costaricanischen Behörden ermitteln wegen Bestechung. Bei den Umfragen erreicht Asfura 21 Prozent der Stimmen. Die Wahlkampagne der PNH ist indes geprägt durch das Schüren von Ängsten, dass mit Castros Sieg der Kommunismus in Honduras deklariert würde.
Der dritte Kandidat ist der ehemalige Kongressabgeordnete und Banker Yani Rosenthal. Er wurde im Jahr 2017 in den USA wegen Beteiligung an Drogengeldwäsche angeklagt und zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Im August 2020 kehrte er nach Honduras zurück. Sowohl in den Ermittlungen der US-Staatsanwaltschaft als auch durch Berichte über die Pandora Papers wurden Verbindungen seiner Familie und Offshore-Firmen dargestellt, die möglicherweise zur Geldwäsche genutzt wurden. Bei der letzten Umfrage erhielt Rosenthal drei Prozent.
Ob es zu freien, transparenten Wahlen ohne Unregelmäßigkeiten kommt, bleibt abzuwarten.
Bereits vor zehn Tagen wurde der Journalistin Adriana Sivori des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur die Einreise, mit der Begründung, dass sie unerwünscht sei, verwehrt.
Die heutigen Wahlen sind von den Ereignissen der Wahlen vor vier Jahren überschattet, als nach dem offensichtlichen Wahlbetrug die staatlichen Sicherheitskräfte gegen die Protestierenden mit brutaler Gewalt vorgingen. Mehr als 30 Menschen wurden getötet und über 1.000 Protestierende inhaftiert. Hernández wurde damals nach mehr als drei Wochen durch die geschäftsführende Vertreterin der US-Botschaft zum Sieger erklärt.
In einer Analyse der Nichtregierungsorganisation Cespad zur Rolle des Militärs in den letzten Jahren unter Führung der Nationalen Partei heißt es, "dass das nationalistische Regime im Falle eines erneuten Sieges der Regierungspartei wie immer brutale Repressionen durchführen und das Militär einsetzen wird, um kollektive politische und soziale Aktionen einzudämmen und zu zerschlagen. Sollte die Opposition hingegen die Wahlen gewinnen, stellt sich die Frage, ob sie die Ergebnisse akzeptieren wird oder nicht."