Tegucigalpa. Das Plenum des Obersten Gerichtshofes, bestehend aus 15 Richter:innen, hat die Entscheidung des Richters Edwin Francisco Ortez bestätigt, den ehemaligen honduranischen Präsidenten Juan Orlando Hernández Alvarado (2014 bis 2022) an die USA auszuliefern. Sie lehnten das vorgelegte Rechtmittel der Verteidigung von Hernández einstimmig ab. Sein Anwaltsteam begründete Tage vorher ihren Einspruch, da zum einen Hernández als Abgeordneter des Zentralamerikanischen Parlaments Immunität genießen würde. Zum anderen begehe der honduranische Staat ein "internationales Verbrechen in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte", da Hernández in den USA eine mehrfache lebenslange Haftstrafe drohe.
Dessen Ehefrau Ana García de Hernández veröffentlichte am Montag einen handgeschriebenen Brief ihres Mannes, in dem er seine Unschuld beteuert und ausdrückt, dass er Opfer von Rache und Verschwörung sei. In der Öffentlichkeit wird dieser Brief als Abschiedsbrief gewertet.
Vom südlichen New Yorker Bundesgericht wird Hernández die Einfuhr, Herstellung und Vertrieb von bis zu 500 Tonnen Kokain, Verwendung von Schusswaffen und Verwendung und Handel von Schusswaffen einschließlich Sprengkörpern vorgeworfen. Es ist das gleiche Bundesgericht, von dem sein Bruder, der ehemalige Abgeordnete Juan Antonio Hernández, bereits im Oktober 2019 u. a. wegen Handels von 185 Tonnen Kokain für schuldig erklärt wurde.
In den sozialen Netzwerken reagierten Honduraner:innen teils freudig, teils nachdenklich auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. Der ehemalige Staatsanwalt Victor Fernández resümiert in seinem Facebook-Account: "Er geht nach New York, um nur für einen Teil seiner Verbrechen zu bezahlen. Ich empfinde eine kühle und gelassene Genugtuung. Ich schäme mich, weil es in meinem Land weder Polizei, Staatsanwälte noch Richter gab, die ihre Arbeit gemacht und einen Verbrecher vor Gericht gestellt haben. Einen Verbrecher, der für unser Land schlimmer als ein Wirbelsturm oder ein Erdbeben war. Ich bedaure, dass es für so viele honduranische Opfer nicht unser Land ist, in dem ihnen oder uns Gerechtigkeit widerfährt."