von Johannes Schwäbl
Afroindigene Gemeinden klagen gegen Medienkooperation. Fehlende Umsetzung der Urteile des Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte führt zu weiterer Eskalation von Landkonflikten
von Johannes Schwäbl
Tegucigalpa. An der honduranischen Karibikküste haben bewaffnete Personen die Bewohner der Dörfer San Juan Tela und Triunfo de la Cruz attackiert und bedroht. Die Schwarze geschwisterliche Organisation von Honduras (Ofraneh), die die afro-indigenen Dörfer begleitet, macht für diese erneute Gewaltwelle den Medienkonzern Televicentro mitverantwortlich. Die in Ofraneh organisierten Gemeinden haben in Tegucigalpa am Donnerstag Strafanzeige wegen Anstiftung zu Rassenhass gegen die Medienkooperation gestellt.
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Demonstration von Menschenrechtsorganisationen gegen die Kriminalisierung von Ofraneh und des Volks der Garífuna in Honduras im August 2025 Quelle:@IM_Defensoras |
In den TV-Programmen Hoy Mismo, TN5 Matutino, Frente a Frente und dem digitalen Portal TuNota.com, die alle zu Televicentro gehören, wurden laut Ofraneh Anfang Oktober in der Berichterstattung über die Wiederbesetzung von angestammtem Land mit rassistischen Vorurteilen behaftete Botschaften verbreitet. In diesen wurde das Volk der Garífuna als Kriminelle, Invasoren, Entwicklungsfeinde und Drogen- und Alkoholhändler dargestellt. Televicentro, ein Unternehmensnetzwerk der Familie Villeda Ferrari, das Fernsehen, Radio und Printmedien umfasst, gilt als eines der einflussreichsten Medienkonzerne in Honduras. Die Berichterstattung von Televicentro wird von sozialen Organisationen als den Interessen der Privatwirtschaft und der Oligarchie des Landes nahestehend kritisiert.
"Was passiert ist, ist nicht einfach die Ausübung der Meinungsfreiheit. Es handelt sich um eine organisierte Hasskampagne der Medien, die die Macht der Kommunikation nutzt, um den legitimen Kampf unserer Gemeinschaften um unser angestammtes Territorium zu diskreditieren, unsere Aktionen zu kriminalisieren und rassistische Feindseligkeit gegen das Volk der Garífuna zu schüren", erklärte Ofraneh in einer Pressekonferenz vor dem Gebäude der Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt.
Nur wenige Tage nach den Medienberichten kam es laut Ofraneh am 11. Oktober zu zwei bewaffneten Angriffen, der erste in der Garífuna-Gemeinde San Juan Tela, wo ein Mann auf Gemeindemitglieder schoss, und ein weiterer im benachbarten Triunfo de la Cruz, wo acht bewaffnete Männer schießend in Häuser eindrangen. "Die Hasskampagne dieser Woche gegen das Volk der Garífuna und Ofraneh sollte ein Szenario der Gewalt vorbereiten", erklärte Miriam Miranda, Koordinatorin von Ofraneh, in sozialen Netzwerken.
Die Aggressionen finden im Kontext der Verteidigung des angestammten Gemeinschaftslandes und der Forderung nach der Umsetzung der Urteile des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Corte IDH) statt. Der Corte IDH hat den honduranischen Staat bereits 2015 dazu verpflichtet, kollektives Land der Garífuna in den Gemeinden Triunfo de la Cruz und Punta Piedra an diese zurückzugeben. Die Grundstücke waren seit den 1990er Jahren rechtswidrig und mit Unterstützung der lokalen und nationalen Behörden an Dritte verkauft worden, die dort Tourismusprojekte, private Ferienhäuser oder Ölpalmenplantagen errichten wollen. 2023 folgte ein weiteres Urteil zugunsten des Dorfes San Juan Tela. Diese Urteile wurden vom honduranischen Staat bisher nicht umgesetzt, was das Landbesitzproblem in den von Enteignung und Gewalt geprägten Garífuna-Gemeinden weiter verschärft.
Die Garífuna, die ihr kollektives Eigentum und ihre territorialen Rechte einklagen, werden seit Jahren verfolgt. Laut Ofraneh wurden in den letzten Jahren mindestens 50 Mitglieder der Garífuna-Gemeinschaften in Honduras ermordet, weitere 300 kriminalisiert und inhaftiert. Vier Personen, die im Juli 2020 von Schwerbewaffneten in Polizeiwesten und mit Polizeifahrzeugen aus der Gemeinde Triunfo de la Cruz verschleppt wurden, sind noch immer spurlos verschwunden.
