Donnerstag, 19. Juli 2012

Von der JournalistInnen-Delegation 2012 - Bericht 7


Si a la vida – No a la mineria!  

Ja zum Leben – Nein zur Minenwirtschaft!


Die Brücke über den Rio Lempa verbindet Honduras und El Salvador
160 Kilometer sind es von La Esperanza in Honduras nach Santa Marta in El Salvador. 160 Kilometer, für die wir mehr als acht Stunden brauchen, denn die Fahrt geht über holprige Schotterpisten, die manchmal mehr ausgewaschenen Flussbetten ähneln als einer Straße. Nur 30 Kilometer der Verbindungsstrecke zwischen den beiden Ländern sind asphaltiert. Mit einem Kleinbus fahren wir am Freitagmorgen gemeinsam mit 32 COPINH-AktivistInnen zum „Trinationalen Treffen zum Schutz des Flusses Lempa“.
Der Rio Lempa entspringt in Guatemala, fließt durch Honduras und El Salvador, wo er in den pazifischen Ozean mündet. Er ist eine der wichtigsten Wasseradern der Region, insbesondere in El Salvador, wo er mehr als die Hälfte der gesamten Bevölkerung und der BewohnerInnen der Hauptstadt San Salvador mit Wasser versorgt. 

 
Eine Folge des Flusslaufes durch drei zentralamerikanische Länder ist seine starke Verschmutzung. Rückstände aus der Landwirtschaft wie Pestizide oder phosphathaltige Düngemittel, Anreicherung mit organischen Stoffen durch Staudämme, Kontamination durch die Minenwirtschaft – wenn der Rio Lempa schließlich El Salvador erreicht, ist seine Qualität als Trinkwasser bereits stark gemindert. Und für keinen der drei Anrainerstaaten scheint es von besonderer Dringlichkeit zu sein, die Wasserqualität für die Bevölkerung zu erhalten.
Das „Trinationale Treffen Honduras, Guatemala, El Salvador“, das vom 13. bis 15. Juli in Santa Marta in El Salvador stattfindet und auf das unser Kleinbus zusteuert, ist der Auftakt einer internationalen Kampagne von sozialen Bewegungen der drei Länder zum Schutz des Rio Lempa und gegen eine Ausweitung der Minenwirtschaft in der Region. Gemeinsam wollen die AktivistInnen aus Guatemala, Honduras und El Salvador ihren Regierungen Druck machen.
Trinationales Treffen zum Schutz des Rio Lempa
Als wir schließlich einigermaßen durchgeschüttelt und verschwitzt ankommen – in El Salvador ist es gut 15 Grad heißer als in der honduranischen Region Intibucá - wehen rote FMLN-Fahnen von jedem zweiten Haus in der dörflichen Gemeinde Santa Marta. Das Gemeindezentrum, in dem wir empfangen werden, ist riesig und mit modernem Tonequipment ausgestattet. Eine gut organisierte Schule ist unser Seminarort, es gibt ein Haus für Übernachtungsgäste und sogar für jeden und jede eine eigene Matratze. Schnell wird uns klar: Wir sind nicht in einer „normalen“ ländlichen Gemeinde gelandet, sondern dieser Ort hat eine besondere Geschichte.
„Ja, das stimmt“, bestätigt mir später Lila beim Abendessen. Die junge Frau lebt in Santa Marta und kennt einen Teil der Geschichte nur aus Erzählungen. Nach der Großoffensive der salvadoranischen Armee von 1981 sind die Bewohner von Santa Marta nach Mesa Grande in Honduras geflüchtet. Dreimal, 1987, 1988 und 1989, haben sie versucht zurückzukehren, doch die Wiederansiedelung der 1.500 Menschen in ihrer Heimat war erst nach dem Friedensabkommen 1992 möglich. „Wer uns hier geholfen hat, war die internationale Kooperation, Kirchen aus aller Welt, die Organisation „Erziehung ohne Grenzen“, aber auch viele andere Organisationen“, erzählt Lila weiter. „Von den rechten Regierungen haben wir überhaupt keine Unterstützung bekommen.“
Ausgerichtet wird das „Trinationale Treffen zum Schutz des Flusses Lempa“ mit den rund 100 Delegierten von der salvadorensischen Organisation ADES (Asociación para el Desarollo Económico y Social). ADES sorgt an den zwei Seminartagen dafür, dass tatsächlich Austausch und Vernetzung stattfinden und am Ende ein gemeinsames Abschlussdokument verabschiedet wird.
Aus Guatemala sind Delegierte des Movimiento de los Trabajadores Campesinos (MTC) aus der Sozialpastorale der Diözese San Marcos gekommen. Sie haben in ihrer Diözese erlebt , dass ihnen eine Goldmine keinen gesellschaftlichen Fortschritt, sondern nur Umweltschäden einbringt. Der Tagebau der kanadischen Goldcorps soll inzwischen geschlossen werden, um die Zahlung der Reparation der Umweltschäden wird allerdings noch heftig gestritten. Ausserdem ist die Organisation CODECA (Comité de Desarollo Campesino) vertreten, die seit einem Jahrzehnt in neun von 23 guatemaltekischen Departements Basisarbeit gegen diverse Megaprojekte leistet.
Über COPINH (Concejo Civico de Organizaciones Populares e Indigenas de Honduras) haben sich aus Honduras 25 Gemeindevertreter aus Intibucá, La Paz, Santa Barbara und Lempira auf den Weg gemacht. Darunter sind auch zwei Vertreter der Gemeinde San Bartolo, über die wir in diesem Blog einen ausführlichen Beitrag haben. Aus El Salvador sind, ausser ADES, vor allem Delegierte der Kampagne „Es no mineria“ vertreten.
Den Einführungsvortrag hält Marco vonBorstel, ein Aktivist der Organisation Otros Mundos aus Chipas, der über erfolgreiche Strategien zum Schutz des guatemaltekisch-mexikanischen Flusses Usumacinta berichtet. Remberto Nolasco vom salvadorianischen Centro de Investigacion sobre Inversion y Comercio (CEICOM), stellt eine ausführliche Studie zu den Umweltschäden des Metallbergbaus im Norden Salvadors vor.
Zwei Tage voller Informationen, Diskussionen und grenzüberschreitendem Austausch, an deren Ende tatsächlich Vereinbarungen zu gemeinsamen Aktionen und ein Abschlussdokument stehen. „Si a la vida – no a la mineria“ heisst es am Ende kämpferisch und – natürlich – „El Pueblo unido jamas sera vencido!“
Und wir holpern voller neuer Eindrücke und wirklich gutem Essen, mit vielen Interviews, gut gelaunt, wenn auch noch immer verschwitzt, zurück nach La Esperanza.