Erneut Morde durch private Sicherheitskräfte. Brutale Räumung fordert mindestens ein Todesopfer. Menschenrechtsdelegation von Paramilitärs bedroht
Von Johannes Schwäbl, Tocoa, amerika21.de
Tocoa. Der Landkonflikt in der nordhonduranischen
Krisenregion Bajo Aguán hat in den vergangenen Tagen erneut drei
Todesopfer gefordert. Am Mittwoch wurde eine Gruppe von Kleinbauern aus
der Ansiedlung Panama von privaten Sicherheitskräften des
Großgrundbesitzers Reynaldo Carnales beschossen. Der Kleinbauer
Alejandro Maldonado, der von fünf Schüssen aus einem AR-15-Sturmgewehr
getroffen wurde, verstarb sofort.
Ein weiterer Kleinbauer, Ivis Ortega, der bei der Attacke schwer
verletzt wurde, verstarb in der Nacht auf Donnerstag im Krankenhaus.
Bereits am Sonntag forderte die Räumung der von Kleinbauern besetzten Finca Los Laureles
durch Polizei- und Militäreinheiten mindestens ein Todesopfer. Der
69-jährige Hector Navarro, der eine Lungenkrankheit hatte, starb an den
Folgen des massiven Tränengaseinsatzes. Navarro war nicht an der
Besetzung beteiligt, sondern hielt sich zum Zeitpunkt der Räumung auf
seinem Privatgrundstück auf, welches an die Finca angrenzt.
Augenzeugen der Räumung zeigten sich entsetzt über das brutale
Vorgehen der Sicherheitskräfte. So sei während der Räumung und der
anschließenden Hetzjagd auf Aktivisten in dem an die Finca angrenzenden
Stadtviertel massiv Tränengas eingesetzt worden. Laut Anwohnern drangen
die schwerbewaffneten Einsatzkräfte, unter denen sich auch Angehörige
des privaten Sicherheitsdienstes des Großgrundbesitzers Miguel Facussé
befanden, gewaltsam in private Haushalte ein um nach flüchtigen
Besetzern zu suchen. Zudem berichteten mehrere Anwohner, dass Tränengas
direkt in ihre Häuser geschossen wurde. Das Gerücht über den Tod eines
14 Monate alten Kleinkindes wurde bisher nicht bestätigt.
Eine Menschenrechtsdelegation der US-Organisation La Voz de Los de Abajo wurde am Donnerstag von privaten Sicherheitskräften bedroht, als sie den Schauplatz der Räumung besuchte. Dabei feuerten die Sicherheitskräfte auch einen Warnschuss ab.
34 Personen, die bei der Räumung festgenommen wurden, sind nach 28
Stunden unter Bewährungsauflagen wieder freigelassen worden. Vor dem
Justizgebäude wurden sie am Montag von Dutzenden Kleinbauern empfangen,
welche auf die Freilassung warteten. Unter den Verhafteten befanden sich
auch mehrere Minderjährige. Den Gefangenen, die bei der Verhaftung und
während ihrer Gefangenschaft stark misshandelt wurden, wurde die
ärztliche Notversorgung verweigert. Fünf der festgehaltenen Personen
verließen das Justizgebäude schwer verletzt.
In Honduras sind zur Zeit gegen mehr als 2.500 Kleinbauern Verfahren
wegen Landbesetzung anhängig. Besonders der Landkonflikt in Bajo Aguán
ist seit dem zivil-militärischen Putsch 2009 und der Machtübernahme
durch den De-facto-Präsidenten Porfiro Lobo immer weiter eskaliert und
forderte bisher über 80 Todesopfer.