Regierung und Unternehmen reagieren
mit Aggressionen und Repression gegen friedlichen Protest.
Straßenblockade wird trotz erster Räumung weiterhin aufrecht
erhalten
Rio Blanco, Intibuca. Seit dem
1. April halten Bewohner_innen mehrerer indigener Dörfer in der
Region Rio Blanco im Verwaltungsbezirk Intibucá die Zufahrtsstraße
zu dem geplanten Staudammprojekt Agua Zarca besetzt. Die
Lenca-Indigenen fordern die Rücknahme des Projektes, welches
ohne ihre Zustimmung auf ihrem Territorium gebaut wird. In den
ersten Tagen der Straßenblockade bedrohten Angestellte der
Unternehmen SINOHYDRO und DESA mehrfach Dorfbewohner_innen und
Aktivist_innen der indigenen Organisation COPINH. Außerdem
berichteten Bewohner_innen des Dorfes La Tejera
über körperliche Aggressionen, Todesdrohungen und Verfolgung durch
Angestellte der Unternehmen. Am Morgen des 12. April räumten
Polizeieinheiten in Begleitung von Vertretern der Unternehmen die
Straßensperre. Dabei zerstörten Polizisten die Zelte und die
Lebensmittel der Blockierenden. Zudem wurde die Kamera von anwesenden
internationalen Menschenrechtsbeobachter_innen von der Polizei
beschlagnahmt und kaputtgemacht.
Trotz der Räumung haben die
Bewohner_innen entschieden, die Straße erneut zu besetzen. Wir
bleiben an unserem Platz und verteidigen weiterhin unser Territorium
und unsere Würde. Die Lenca-Bevölkerung hat sich nicht
einschüchtern lassen und zeigt seine Entschlossenheit, erklärten
die indigenen Aktivist_innen nach der Räumung. Aufgrund der sehr
besorgniserregenden Situation bitten die Dörfer und COPINH um
internationale Solidarität und Protestbriefe.
In öffentlichen Versammlungen, welche
die lokalen Autoritäten abhielten, wurde das Projekt Agua Zarca von
den betroffenen Dörfern abgelehnt. Ebenso in den indigenen
Versammlungen, deren Grundlage das Abkommen 169 der internationalen
Arbeitsorganisation ILO ist. Anzeigen gegen das Projekt bei der
Staatsanwaltschaft für Ethnien, beim nationalen Kongress und beim
Sekretariat für natürliche Ressourcen (SERNA) wurden bisher nicht
beachtet. Da trotz all dem mit der Konstruktion des Staudammes
begonnen wurde, entschied die lokale Bevölkerung am 1. April die
Zufahrtsstraße zu der Baustelle solange zu blockieren, bis das
Projekt eingestellt wird. In einer Erklärung beschuldigten die
Bewohner_innen verschiedene Unternehmen und die lokalen und
staatlichen Institutionen, die
Entscheidung der Dörfer nicht zu respektieren. Das Projekt bedeutet
die Privatisierung des Flusses Gualcarque und des Territoriums. Es
provoziert Umwelt- und ökonomische Schäden, Vertreibung, die
Zerstörung des kulturellen Erbes, Militarisierung und Drohungen
gegen Mitglieder der Dörfer, heißt es weiter in der Erklärung.
Das Projekt Agua Zarca wird von dem
honduranischen Unternehmen Desarrollos
Energéticos, S.A. de C.V. (DESA) in Zusammenarbeit mit dem
chinesischen Unternehmen SINOHYDRO durchgeführt und unter anderem
mit Geldern der Zentralamerikanischen Bank für
Wirtschaftsintegration (BCIE) und der Bank Ficohsa
finanziert. Der Generaldirektor von Ficohsa
Javier Atala hat im vergangenen
Jahr einen Vertrag über 20 Millionen US-Dollar mit Proparco,
einem Zweigunternehmen der französischen Entwicklungsagentur AFD
über die Finanzierung von erneuerbaren Energieprojekten für den
Privatsektor abgeschlossen. Die Herstellung der Turbinen übernimmt
das deutsche Unternehmen Voith GmbH mit Sitz in Heidenheim.
Im August 2009, unter dem
Übergangsregime von Roberto Micheletti, verabschiedete der
honduranische Kongress ein neues Wassergesetz, welches die
Konzessionierung von Flüssen an Dritte ermöglicht. Bisher
genehmigte die honduranische Regierung mindestens 88 Konzessionen.
Insgesamt plant der honduranische Kongress die Vergabe von bis zu 300
Konzessionen für Staudammprojekte. Diese Konzessionen gelten über
einen Zeitraum von 20 Jahren und können von den Inhabern an Vierte
weiterverkauft werden. Durch die Privatisierung der Flüsse und deren
Umgebung werden den Gemeinden die lebensnotwendigen Wasserressourcen
entzogen. Der Bau von Staudämmen zerstört das empfindliche
Gleichgewicht der Natur.
Vor allem in indigenen Kulturen sind
die Flüsse von großer Bedeutung und sind stark mit den Menschen und
den Gemeinden verbunden. Laut Bertha Cáceres, Koordinatorin des
COPINH, hat das Volk der Lenca eine eigene Auffassung des Konzeptes
der Entwicklung. Eine Auffassung die auf der Menschenwürde, dem
Respekt vor der Mutter Natur, dem Wohl der Gemeinden und dem
empfindlichen Gleichgewicht zwischen den Menschen und den natürlichen
Gemeingütern basiert und von einer Vision der sozialen und
ökonomischen Gerechtigkeit ausgeht.