Arizona
In Arizona, einem
Städtchen zwischen Tela und La Ceiba an der Nordküste treffen wir
uns mit Einwohner_innen aus La Nueva Esperanza, die seit März von
dem Bergbauunternehmen Minerales Victoria S.A. terrorisiert werden,
mit dem Ziel, sie von ihrem Land zu vertreiben, das einem Tagebau
weichen soll. La Nueva Esperanza liegt abgelegen in den Bergen, die
Reise dorthin dauert mehrere Stunden mit dem Bus und eine weitere
Stunde zu Fuss, die Straße ist zu schlecht für unseren Kleinbus.
Unsere Delegation ist
inzwischen auf über 20 Leute angewachsen, bzw. setzt sich an diesem
Morgen aus der HondurasDelegation und einer kanadischen Delegation
zusammen. Letztere interessiert sich besonders für die
Bergbauprojekte im Land, da hinter den meisten kanadische Investoren
stehen. Das Treffen findet in der Pfarrgemeinde Nuestra Señora de
Pilar statt, die die Einwohner_innen von La Nueva Esperanza in ihrem
Kampf gegen den Bergbau unterstützt.
Offiziell ist Minerales
Victoria dabei, Explorationsarbeiten durchzuführen, doch die
Einwohner_innen berichten davon, dass stellenweise schon großflächig
Boden abgetragen wurde. Die Maschinen, mit denen die Probebohrungen
durchgeführt werden, wurden gegen den Willen der Eigentümer_innen
auf privaten Grundstücken aufgestellt. Wegen der Bohrungsarbeiten
würden sich Rückstände von Maschinenöl und Benzin im Fluss
finden. „Wir lassen unsere Tiere nicht mehr aus dem Fluss trinken“,
berichtet eine Einwohnerin. Doch am meisten leidet die Bevölkerung
darunter, dass die Firma versucht, sie gewaltsam von ihrem Land zu
vertreiben. Der Protest gegen die Mine ist nicht neu“, erklärt
Angel Torres*, „schon vor 15, 20 Jahren versuchten erst eine
chinesische, dann eine österreichische, dann eine italienische
Firma, hier eine Mine zu eröffnen.“ Minerales Victoria, die die
Konzessionen „Buena Vista 1“ und „Buena Vista 2“ über
jeweils 1000 Hektar vom honduranischen Staat erhalten hat, befindet
sich im Besitz des Honduraners Lenir Perez, über ausländisches
Kapital in der Firma ist nichts bekannt. Zunächst versuchte die
Kirche zwischen dem Unternehmen und der Gemeinde zu vermitteln. Dabei
seien drei Übereinkünfte erzielt worden:
- Die Gemeinde würde
sich über das Thema Bergbbau informieren und Minerales Victoria
seinerseits Einsicht in seine Genehmigungen und Pläne gewähren
- Die
Gemeindemitglieder würden andere Bergbauprojekte im Land besuchen um
sich ein Bild von den Auswirkungen des Bergbaus zu machen
- Nach diesem Prozess
würde die Gemeinde über das Bergbauprojekte in Nueva Esperanza
abstimmen.
Nach der Erzählung der
Einwohner_innen kam es zu massiver Gewalt gegen die Gemeinde, nachdem
die Gemeindemitglieder sich nicht von Minerales Victoria zu der
Rundreise zu anderen Projekten einladen lassen wollen, sondern auf
eigenen Kosten und unabhängig reisen. „Die Unternehmer brachten
eine Gruppe von Auftragsmördern aus dem Aguantal in die Gemeinde, 12
schwerbewaffnete Männer, sie brachten sie unter dem Schutz der
Polizei. Seit dem folgenden Morgen stand die Gemeinde unter der
Kontrolle, unter einer Ausgangssperre durch die Auftragsmörder des
Unternehmens“, erzählt Angel Torres.
Mitglieder der Breiten
Bewegung für Würde und Gerechtigkeit (MADJ) sowie
Kirchenmitglieder, die die Einwohner_innen unterstützten, erhielten
Drohungen. Mit Hilfe des Bürgermeisters von Tela David Zaccaro
installierte das Unternehmen einen Polizeiposten mit 10 Polizisten in
dem 1000-Einwohner-Ort. Zum Vergleich: In Arizona mit 11.000
Einwohner_innen gibt es drei Polizisten. Seit Februar sind im Ort
immer wieder Schüsse zu hören, berichten die Einwohner_innen. Die
Schule musste geschlossen werden, nachdem der Lehrer sowohl
persönlich als auch mit der Entführung seiner Schüler bedroht
wurde. Seit sechs Monaten haben die Kinder keinen Unterricht mehr, da
der Lehrer fliehen mussten, und die Eltern die Schule lieber
geschlossen ließen, um nicht die Leben ihrer Kinder zu gefährden.
Am 25.7.2013 kam es zur
Entführung von Orlane Vidal und Daniel Langmeier, zwei
Menschenrechtsbeobachter_innen, die zu Gast bei einer Familie aus
Nueva Esperanza waren. Den beiden wurde gedroht, sie würden im Wald
verloren gehen, wenn sie noch einmal in die Gemeinde zurückkehrten
(vgl. tortilladigital).
Wegen der Entführung liegen inzwischen Haftbefehle vor, die aber bis
jetzt nicht umgesetzt wurden. Die gastgebende Familie sah sich nach
der Entführung, bei der ihr Haus von Bewaffneten umstellt worden
war, gezwungen, die Gemeinde zu verlassen.
Auch Jugendliche, die gegen das Bergbauprojekt protestiert haben und
Fotos machen wollten, berichten, dass auf sie geschossen wurde.
„Wir haben alle
Vorfälle angezeigt, aber es passiert nichts. Auf der juristischen
Ebene gehen uns die Mittel aus“, berichtet Abel Carbajal von der
Pfarrgemeinde. „Wir haben neue Drohungen von Lenir Perez erhalten.
Wenn Juan Orlando Hernandez die Wahlen gewinnt, wird er wenige Tage
später hier die Armee einmarschieren.“