Tag 48 [25. Juni 2021] Letzter Tag der Beweisaufnahme
Die wichtigsten Punkte des Tages
Heute sagte Shaun Vodde, der Sachverständige der Verteidigung, aus, dass sein Erscheinen und seine Aussage im Prozess mit Daniel Atala abgestimmt war. Während Voddes Präsentation blieb eine E-Mail zwischen Vodde und Atala unbeabsichtigt auf dem projizierten Computerbildschirm für alle zu sehen (unten gepostet). Daraufhin erhoben die Anwälte der Familie Cáceres Einspruch gegen die Einmischung Atalas in das Verfahren, insbesondere als Person, gegen die wegen des Mordes ermittelt wird. Die Anwälte beschuldigen Daniel Atala der Behinderung der Justiz und argumentieren, dass Atalas Handlungen wieder einmal die Netzwerke der Macht zeigen, die von den Atalas und Castillo benutzt werden, um Straflosigkeit zu garantieren. Sie baten das Gericht, die Kommunikation zwischen dem Experten und Castillo als Dokument vorlegen zu lassen und eine Untersuchung zu fordern. Das Gericht lehnte ihre Anträge ab.
Von Berta Cáceres aufgezeichnete Sprachnachrichten und Videodateien (siehe unten), die aus ihrem Mobiltelefon extrahiert wurden, wurden vor Gericht abgespielt, fast so, als ob Berta selbst in dem Prozess aussagen würde. In den Aufnahmen prangerte Berta die Schikanen der DESA und des Bürgermeisters von San Francisco de Ojuera (SFO) gegenüber COPINH an. Sie beklagte die Anwesenheit von Militär und Polizei in Rio Blanco trotz Dementis des Sicherheitsministeriums und die Gewalt und bewaffneten Angriffe gegen Mitglieder von COPINH im Februar 2016 bei Bertas letzter großer Aktion in SFO. Die Aktion sollte dazu dienen, den Bau des Wasserkraftwerks Agua Zarca zu stoppen.
Alle Beweise für den Prozess sind damit vorgelegt und vom Gericht angehört worden.
VON COPINH PUBLIZIERTES FOTO MIT DEM BILDTEXT: „WARUM KOMMUNIZIERTE DANIEL ATALA MIT DEM SACHVERSTÄNDIGEN VON CASTILLOS VERTEIDIGUNG?“
VIDEOS VON HEUTE
Das Video von dem Moment im Gericht, als die E-Mail auf dem Bildschirm erscheint: https://fb.watch/6mf_1GonGC/
Das aus dem Telefon von Berta Cáceres extrahierte und von Berta gefilmte Video, das die durch das Wasserkraftwerk verursachte Zerstörung und die Anwesenheit von Polizei und Militär in der Gegend dokumentiert: https://fb.watch/6mgqJVE7FG/
AUDIO
Berta Cáceres prangert die Angriffe in San Francisco de Ojüera (SFO) im Februar 2016 an, wenige Tage vor ihrer Ermordung. Berta nennt DESA und Raul Pineda (den Bürgermeister von SFO) als Verantwortliche für die Angriffe und prangert frauenfeindliche und rassistische Äußerungen gegen COPINH-Mitglieder an (siehe Audio direkt unten)
CHAT-NACHRICHTEN
Die Chats beschreiben DESAs koordinierte Angriffe gegen das Gemeinschaftsradio von COPINH. Einer der Zeugen der Verteidigung und ehemaliger DESA-Mitarbeiter, Ramon Rivera (der am 39. Tag mit seiner Aussage begann), wird in den Chats genannt.
Hervorgehobene Teile übersetzt von links nach rechts:
[Von Sergio Rodriguez] an verschiedene Telefonnummern]: "Dafür werde ich Ramón Rivera bitten, ein tragbares Radio zu benutzen, das er hat, um nach der Funkfrequenz zu suchen, die sie benutzen, um zu versuchen, ihr Signal zu blockieren, wenn es keine anderen Kommentare oder andere Vorschläge gibt"
Zweites Bild: "Sie haben keine CONATEL-Frequenz, es ist ein Gemeinschaftsradio, das sie ohne Genehmigung installiert haben und sie benutzen eine Frequenz, die nicht mit einem Radio in 10-15 Kilometern Entfernung benutzt wird"
(HINWEIS: COPINH, OFRANEH und andere indigene Gemeinschaften haben immer betont, dass ihre Gemeinschaftsradios keine Genehmigung der staatlichen Behörde, der Nationalen Telekommunikationskommission (CONATEL), benötigen, um in Betrieb zugehen, weil sie als indigene Völker das Recht auf eigene Kommunikationsmittel gemäß der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation haben].
Mehr Details
Anwälte der Familie Cáceres setzen Befragung des Experten Vodde fort.
F: Welche anderen Aktionen haben Sie durchgeführt, um das Auslesen der Telefone zu ergänzen, außer dem Besuch, den Sie in Ihrer Aussage erwähnten? A: Es gab zusätzliche Anfragen, die im Vorfeld des Prozesses gestellt wurden.
F: Wer hat die Informationen, die Sie erwähnten, angefordert? A: Wir haben unsere Anfragen von dem Rechtsbeistand namens Daniel Atala erhalten und sie wurden von ihm koordiniert.
F: Haben Sie mit dem Anwalt von Daniel Atala oder mit Daniel Atala gesprochen? A: Der Name des Mannes ist Daniel Atala (buchstabiert es).
F: Welche Hinweise hat Daniel Atala Ihnen gegeben? A: Er hat nur darum gebeten, Informationen zur Verfügung zu stellen, die in der Erklärung zum Bericht enthalten waren.
F: Warum haben Sie sich mit Daniel Atala abgestimmt, wenn er nicht Teil des juristischen Prozesses ist? A: Daniel ist die Person, mit der wir uns abgestimmt haben - ich weiß nicht, warum er dafür zuständig war. Ich vermute, es hat etwas damit zu tun, dass er Englisch spricht.
F: Wann war Ihre letzte Kommunikation mit Daniel Atala? A: Das war erst heute morgen, um die Zeiten für die Verhandlung zu koordinieren.
[Die Anwälte stoppen die Befragung und erheben Einspruch (siehe unten). Nach dem Beschluss des Gerichts setzen sie ihre Befragung fort]
F: Können Sie diesen Chat vorlesen (nennen Sie die Stelle des Diagramms im Bericht)? A: [Der Sekretär liest]. Zusammenfassung des Chats: Sergio Rodriguez berichtet an eine Whatsapp-Gruppe über ein Treffen in La Tejera (Rio Blanco).
F: Gehen Sie zu Extraktion #18, können Sie die Audiodatei abspielen? A: [Experte spielt die Audiodatei von Berta ab, die die Repression gegen COPINH-Mitglieder in SFO im Februar 2016 schildert (siehe Audiodatei oben )]
F: An wen wurde die Audiodatei geschickt? A: Sie wurde an Alba Italiana geschickt.
F: Wir würden gerne vier Audiodateien und ein Video hören (sie geben an, wo sie sich befinden). A: [Der Sachverständige spielt die Dateien ab. Siehe oben]
Die Anwälte der Familie Cáceres erheben Einspruch gegen die Kommunikation des Sachverständigen mit Daniel Atala
Die Anwälte erheben Einspruch dagegen, dass Daniel Atala mit dem Experten Vodde kommuniziert hat. Sie argumentieren, dass Atala sich weigerte, eine Erklärung abzugeben oder eine Zeugenaussage zu machen, aber er habe kein Problem damit, den privaten Zoom-Link des Gerichts - zu dem er keinen Zugang haben sollte - mit dem Sachverständigen zu teilen. Sie argumentieren, dass Atala die Zeugenaussage des Sachverständigen "kontaminiert" hat.
Die Anwälte der Familie Cáceres beantragen, dass das Gericht den Sachverständigen Shaun Vodde aufzufordert, sämtliche Kommunikation mit Daniel Atala ab dem Zeitpunkt, an dem Vodde als Gerichtszeuge vereidigt wurde, zu übermitteln. Sie beantragen auch, dass die Staatsanwaltschaft gegen Danial Atala wegen Behinderung der Justiz ermittelt, mit dem Argument, dass Waxeneckers Analyse der Machtnetzwerke genau diese Art von Problemen (Behinderung, Nutzung von Einfluss, etc.) aufzeigt.
Beschluss des Gerichts: Das Gericht lehnt diese Anträge mit dem Hinweis ab, dass die Anwälte die Glaubwürdigkeit des Sachverständigen in ihrem Schlussplädoyer in Frage stellen können. Das Gericht ist nicht der Ansicht, dass eine Behinderung der Justiz stattgefunden hat.
Der technische Berater der Staatsanwaltschaft legt seine Schlussfolgerungen dar und der Sachverständige antwortet
Der technische Berater, der zur Unterstützung der Staatsanwaltschaft bei der Befragung des Datenextraktions-Experten Vodde hinzugezogen wurde, konnte gemäß dem Gerichtsverfahren seine Schlussfolgerungen zu Voddes Analyse darlegen. Sie beinhalten folgende Punkte:
Laut Best Practices hätten die Extraktionsversuche auf dem IPhone X mehrmals durchgeführt werden müssen, nicht nur einmal.
Bezüglich des Werksresets von Castillos IPhone: Updates bewirken nicht nur Werksresets - sie verbessern Anwendungen, es werden keine Informationen gelöscht. (Der Experte antwortet, dass das IPhone bereits vorher gesäubert worden war, sodass keine Informationen extrahiert werden konnten)
Es sei ein schwerwiegender Fehler, in einem Prozess als Zeuge aufzutreten, ohne die nativen Dateien, die aus dem Gerät extrahiert wurden. Diese Archive seien Teil der Extraktion, die nicht nur aus einem Bericht bestehe.
Es sei ein schwerwiegender Fehler, das Wasserzeichen der Firma auf ein Extraktionsdokument zu setzen, so dass Informationen im Extraktionsbericht blockiert seien. Die digitalen Dateien, auf die die Miniaturansichten verwiesen, könnten nicht verlinkt werden und enthielten nicht die ursprüngliche Quelle.
Bei der Handhabung der Telefone während der Extraktion hätten Handschuhe verwendet werden müssen.
Castillos Verteidigung versucht, kurz bevor die Beweisaufnahme beendet ist, neue Beweise zu präsentieren. Sie versucht, Dokumente zu präsentieren, die angeblich zeigen, dass Castillo nicht mit PRODERSSA (oder PEMSA, es ist unklar) oder Digicom zu tun habe. Sie beantragt auch auch einen weiteren Zeugen zu vernehmen. Das Gericht lehnt die Anträge ab.
https://www.aquiabajo.com/blog/2021/6/25/day-forty-eight-trial-against-david-castillo