Diplomatische Krise zwischen Honduras und USA. Außenminister: Streitkräfte sollen destabilisiert werden. Präsidentin Castro kündigt Auslieferungsabkommen auf
In ihrer Rede anlässlich der Einweihung eines Kraftwerks am Freitag warnte Castro erneut vor einem Putsch-Plan gegen ihre Regierung Quelle: @PPoderPopularHN
Tegucigalpa. Wenige Tage nach Aufkündigung des Auslieferungsabkommens zwischen Honduras und den USA weitet sich der diplomatische Streit aus. Präsidentin Xiomara Castro hatte am Mittwoch das bestehende Abkommen mit den USA einseitig aufgekündigt. Es sieht unter anderem vor, dass Straftäter im Zusammenhang mit Drogenhandel in die USA ausgeliefert werden können.
"Die Einmischung und der Interventionismus der USA sowie ihre Absicht, die honduranische Politik durch ihre Botschaft und andere Vertreter zu lenken, sind nicht hinnehmbar. Sie attackieren, missachten und verletzen ungestraft die Grundsätze und Praktiken des Völkerrechts, die die Achtung der Souveränität und Selbstbestimmung der Völker, die Nichteinmischung und den allgemeinen Frieden fördern. Genug ist genug. Auf der Grundlage unserer Verfassung und internationaler Verträge habe ich Außenminister @EnriqueReinaHN beauftragt, das Auslieferungsabkommen mit den USA zu kündigen", erklärte Castro im Mikroblogging-Dienst X.
Hintergrund sind Äußerungen der Botschafterin der USA in Honduras, Laura F. Dogu. Sie hatte nach einer Zusammenkunft von Verteidigungsminister José Manuel Zelaya und Armeechef General Roosevelt Hernández mit dem venezolanischen Verteidigungsminister Vladimir Padrino López von einem "Treffen mit einem Drogenhändler" gesprochen. Es sei "überraschend und ein wenig enttäuschend, honduranische Regierungsbeamte mit Mitgliedern eines in Venezuela ansässigen Kartells zusammensitzen zu sehen, während Präsidentin Castro in einem ständigen Kampf gegen die Drogenhändler ist", wurde die Botschafterin in den Medien zitiert.
Zelaya und Hernández trafen sich am 19. August mit Padrino López am Rande der Weltkadettenspiele des Internationalen Militärsportverbandes (CISM) in Venezuela. Die Gespräche dienten laut Medienberichten der Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. Padrino López wird von den USA des Drogenhandels beschuldigt und von den USA und Kanada sanktioniert.
Castro beauftragte daraufhin Außenminister Enrique Reina das Auslieferungsabkommen mit den USA aufzukündigen.
Am folgenden Tag erklärte Castro unter Berufung auf Geheimdienstinformationen, es gebe Hinweise auf "einen Putsch in Vorbereitung". Reina sprach von einem geplanten "Kasernenputsch" und "Destabilisierung der Streitkräfte". Hernández und Zelaya seien von der US-Botschafterin "praktisch mit dem Drogenhandel in Verbindung gebracht worden". Die Äußerungen Dogus seien auf einen Plan zurückzuführen, der zwischen der US-Botschaft und einigen Militärs verabredet worden sei, um Generalstabschef Roosevelt Hernández von seinem Posten zu entfernen, sagte Reina. Die USA hätten schon andere Invasionen mit "Falschinformationen vorbereitet, wie zum Beispiel im Irak" erklärte der Politiker.
Medien erinnerten in diesen Tagen an den Militärputsch von 2009 gegen den damaligen Präsidenten Manuel Zelaya, der von den USA unterstützt wurde.
Gilberto Ríos von der Partei Libre und als Kommunikationsberater der Regierung tätig, erklärte gegenüber amerika 21, die Gefahr eines Putsches werde "ernst genommen". Die USA hätten unter anderem "wirtschaftliche Interesse wie etwa die Modellstädte, ein Projekt der Vorgängerregierung, das die aktuelle Regierung bekämpft". Honduras galt zudem als einer der wichtigsten regionalen Verbündeten der USA.
Am Freitag tagte in Tegucigalpa der Nationale Verteidigungs- und Sicherheitssrat aus hochrangigen Politikern und Militärs. Dieser sprach Staatschefin Castro sowie Hernández und Zelaya seine Unterstützung aus. Auch bekräftigte der Rat die Entscheidung, den Kampf gegen das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel "entschieden fortzusetzen und die Verantwortlichen im Einklang mit der Verfassung vor die nationale Justiz zu bringen".
In Honduras gab es Kritik an dem Schritt der Präsidentin. Der Parlamentsabgeordnete Jorge Cálix schrieb auf X, Präsidentin Castro habe beschlossen "die Auslieferung zu vermasseln, die nur dazu diente, die Drogenhändler zu verurteilen, die hier Straflosigkeit genießen". Cálix war jahrelang selbst Mitglied der Partei Libre gewesen und wurde im Juni ausgeschlossen. Nach Medienangaben wollte er in der Vorkandidatur für die kommenden Präsidentschaftswahlen gegen die von Castro favorisierte Kandidatin Rixi Moncada antreten und hatte in der Frage der Kriminalitätsbekämpfung ähnliche Methoden wie Nayib Bukele im Nachbarland El Salvador vorgeschlagen.
Eduardo Facussé, ehemaliger Vorsitzender der Industrie- und Handelskammer sagte, statt der Beendigung des Auslieferungsabkommen hätte man die Botschafterin zur unerwünschten Person erklären und ausweisen können.
Das Abkommen besteht bereits seit 1912. Auslieferungen hätten aber erst ab 2014 begonnen. Bekanntester Fall ist Ex-Präsident Juan Orlando Hernández (2014-2022), der 2022 wenige Wochen nach Ablauf seiner Amtszeit in die USA ausgeliefert wurde und im Juni dieses Jahres in New York zu 45 Jahren Gefängnis verurteilt wurde (amerika 21 berichtete).
Reina betonte, alle eingegangenen Auslieferungsersuchen seien unverzüglich an den Obersten Gerichtshof weitergeleitet worden. Er dementierte Gerüchte, es gebe Auslieferungsanträge gegen aktuelle Regierungsvertreter oder Personen, die mit der Regierung in Verbindung stünden und die Aufkündigung des Abkommens stehe damit in Zusammenhang.
Die USA forderten indes die Regierung von Honduras "nachdrücklich auf, diese Maßnahme zu überdenken." Ein Sprecher des State Department sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Bemühungen zur Bekämpfung des Drogenhandels beeinträchtigt würden, wenn die Entscheidung bestehen bliebe.