Mittwoch, 12. Oktober 2011

Online Eilaktion von FIAN zu Bajo Aguan

Honduras: Extreme Gewalt gegen Bauerngemeinschaften in Bajo Aguán

Eilaktion auf der Seite von FIAN Deutschland

Die Gewalt und Repression gegen die Bauerngemeinschaften im Bajo Aguán-Tal nimmt immer besorgniserregendere Ausmaße an. Zwischen Januar 2010 und Anfang Oktober 2011 wurden 40 Personen ermordet, die den lokalen Bauernorganisationen angehörten oder nahe standen. Die ca. 3.500 betroffenen Bauernfamilien haben seit vielen Jahren ihr Recht auf Nahrung durch Zugang zu landwirtschaftlich nutzbarem Land eingefordert. Nun ist es zu einer Eskalation der Landkonflikte mit den wichtigsten Palmölproduzenten der Region gekommen.

Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen haben bei ihren Untersuchungen festgestellt, dass die Bauerngemeinschaften in der Region völlig wehr- und schutzlos sind angesichts der Repression und der unterlassenen Schutzmaßnahmen der Behörden. Nach Aussagen von Opfern, Familienangehörigen und Zeugen sind staatliche und private Sicherheitskräfte verantwortlich für die Totschläge, Folter, Drohungen und Einschüchterungsversuche gegen die Bauerngemeinschaften.

Hintergrundinformationen
Seit dem Putsch vom 28. Juni 2009 und dem Zusammenbruch der verfassungsmäßigen Ordnung nehmen die Achtung und der Schutz der Menschenrechte in Honduras kontinuierlich ab. Dies ist in den Berichten der interamerikanischen Menschenrechtskommission, von UN-Organisationen und nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen aus dem nichtstaatlichen Bereich dokumentiert.

Bajo Aguán ist eine der Regionen, die von den Spannungen und der Repression am stärksten betroffen ist. Nach Aussagen der Bauerngemeinschaften herrscht ein von Angst und Terror geprägtes Klima, das hervorgerufen wird durch die ständigen Bedrohungen, Einschüchterungsversuche, Entführungen und Folter durch Militär, Polizei sowie private Sicherheitskräfte von örtlich ansässigen Unternehmern. Während der 90er Jahre eigneten sich Unternehmer der Region einen Großteil des fruchtbaren Landes an und nutzen es vor allem für den Anbau von Ölpalmen.

Seit dem Jahr 2000 verfolgt FIAN Landkonflikte in Bajo Aguán und begleitet vor allem den Fall, bei dem es um die Übergabe der Ländereien des ehemaligen regionalen Militärübungszentrums CREM (Centro Regional de Entrenamiento Militar) an landlose Familien geht. Dank des bäuerlichen Engagements, der Unterstützung durch nationale Organisationen und die internationale Aufmerk-samkeit konnte erreicht werden, dass ihnen der Großteil der 5.700 Hektar inzwischen zugewiesen wurde. Die Übertragung des verbleibenden Landes steht allerdings noch aus, da die Behörden nicht willens oder in der Lage waren, dieses staatliche Land den Händen einflussreicher Unternehmer zu entreißen.

Im März 2011 haben sechs Netzwerke und Organisationen, darunter FIAN, eine Untersuchungsmission in Bajo Aguán durchgeführt, um die Menschenrechtsverletzungen zu analysieren. Im Bericht dieser Untersuchungsreise (in englischer Sprache auf www.fian.org abrufbar) wird die von extremer Gewalt und Straffreiheit geprägte Situation detailliert dargestellt, der die Bauernbewegungen ausgesetzt sind: Sie sind Opfer ständiger Angriffe und Verletzungen des Rechts auf Leben, auf körperliche Unversehrtheit, auf Nahrung, Gesundheit, Wohnung und Bildung, ohne dass dies von den Behörden entsprechend untersucht und geahndet wird.

Aus dem Untersuchungsbericht, der der interamerikanischen Menschenrechtskommission und der Unterkommission für Menschenrechte des Europäischen Parlaments vorgelegt wurde, geht hervor, dass durch die Anordnung und Durchführung der gewaltsamen Vertreibungen der Bauerngemeinschaften internationale Menschenrechtsstandards verletzt wurden. Offiziell sollen in Bajo Aguán nicht nur die Ländereien des ehemaligen regionalen Militärübungszentrums übergeben und rechtlich übereignet werden, sondern zusätzlich insgesamt 11.000 Hektar Land. Dies wurde am 13. April 2011 in einem Abkommen festgelegt, das vom Staatspräsidenten und VertreterInnen der Bauerngemeinschaften unterzeichnet wurde. Trotz einiger Fortschritte und Übertragungen einzelner Landstücke ist der Landkonflikt weit von einer Lösung entfernt.

Zudem ist eine klare Politik des honduranischen Staates erkennbar, den Kampf der Bauerngemeinschaften zu kriminalisieren und das Gebiet zu militarisieren. Bis zum Monat Juli des Jahres 2011 wurden Anklagen gegen mindestens 162 Bäuerinnen und Bauern erhoben, die Mitglieder von Bauernorganisationen in Bajo Aguán sind. Mitte August 2011 genehmigte die Regierung eine neue militärische Daueroperation in der Region (Xatruch II), mit Einsatz von tausend Polizei- und Militärkräften, was das Risiko verstärkter Gewalt gegen die Bauerngemeinschaften mit sich bringt. In den nachfolgenden sechs Wochen wurden vier Bauern und eine Bäuerin ermordet, darunter zwei der wichtigsten Führungspersonen der Bauernbewegungen in Bajo Aguán.
Honduras ist Unterzeichnerstaat des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Daher sind die honduranischen Behörden verpflichtet, die Menschenrechte zu achten, zu schützen und zu gewährleisten, insbesondere das Recht auf Leben, das Recht auf Nahrung, Wohnung, Gesundheit und Bildung sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit.
Aktion
Unterstützen Sie diese Eilaktion, indem Sie Briefe an die honduranische Sonderstaatsanwältin für Menschenrechte, Sandra Ponce, schicken. Fordern Sie darin die Untersuchung der Morde, das Ende der Repression und die endgültige Lösung des Landkonflikts in Übereinstimmung mit den Pflichten des honduranischen Staates in Bezug auf das Recht auf Nahrung.

Bitte schicken Sie eine Kopie des Schreibens an FIAN International; diese Kopien werden gesammelt an die interamerikanische Menschenrechtskommission, die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, die Europäische Union und andere zwischenstaatliche Institutionen übergeben, die in diesen Fall involviert sind.
Bitte versenden Sie Ihre Schreiben so schnell wie möglich und informieren Sie FIAN über Reaktionen auf Ihre Briefe.

zur Eilaktion von Fian Honduras