Mittwoch, 7. November 2012

Selbstverständnis der Hondurasdelegation

Honduras wurde im Juni 2009 durch einen Putsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya erschüttert. In den Monaten nach dem Putsch kam es zu gravierenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen gegen die honduranische Bevölkerung durch Polizei und Militär. Die unter dem Militärregime und unter zweifelhaften Umständen gewählte "Regierung der Versöhnung" von Porfirio Lobo weist heute eine noch höhere Rate an Menschenrechtsverletzungen auf als direkt nach dem Putsch. Honduras führt nun die Liste der weltweit höchsten allgemeinen Mordrate und JournalistInnenmorde an - obwohl das Land sich nicht im Krieg befindet. Honduranische Menschenrechtsorganisationen dokumentieren die massive Militarisierung des Landes, Gewalt gegen Frauen und weitere Verstöße gegen die Menschenrechte. Armut und soziale Ungleichheit haben sich seit dem Putsch verschärft, besonders durch die Umsetzung von wirtschaftlichen Megaprojekten. "Honduras is open for Business", so kündigte Lobo es an. Gerade für indigene und Garifuna-Gemeinden bedeutet dies Vertreibungen und zunehmende Marginalisierung. Trotz der Repression besteht die Demokratiebewegung weiter. Eine Strömung strebt die Machtübernahme mit der neuen Partei LIBRE bei den Wahlen 2013 an, die andere, der Espacio Refundacional, eine basisdemokratische Neugründung von Honduras. 
Die Delegation hat sich in den letzten drei Jahren zu einer festen Gruppe etabliert und setzt sich aus Freien JournalistInnen, VertreterInnen unabhängiger Nichtregierungsorganisationen und Initiativen in Deutschland und Österreich zusammen, die ihre Kompetenzen in diesem Projekt vereinen. Ziel der erstmals im Dezember 2010 stattgefundenen "HondurasDelegation" war (und ist) es, sich vor Ort über die aktuelle Lage der Menschenrechte zu informieren, die Forderungen der Demokratiebewegung zu erfassen und ihre Situation durch internationale Öffentlichkeitsarbeit in Europa publik zu machen. Ein weiteres Ziel der Delegation ist es, sich über die Positionen und die Rolle europäischer Institutionen in Honduras zu informieren. Dazu werden Menschenrechtsorganisationen, VertreterInnen der Demokratiebewegung sowie nationale und internationale offizielle Stellen über ihre Haltung zur aktuellen politischen Situation befragt.
Die gesammelten Informationen werden in unterschiedlichen Medienformaten aufbereitet und im deutsch- und spanischsprachigen Raum veröffentlicht: über einen Blog, die Herausgabe von Broschüren in Zusammenarbeit z.B. mit ila und LN, sowie unzählige Radio-, Internet- und Zeitungsbeiträge. Über eine Fotoausstellung, öffentliche Veranstaltungen, Rundreisen mit AktivistInnen aus Honduras und Seminare soll die Wahrnehmbarkeit der Situation in Honduras erhöht werden. Dadurch werden notwendige Forderungen nach Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Demokratie und Menschenrechte seitens der honduranischen Zivilgesellschaft einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Durch die regelmäßige Präsenz von VertreterInnen der Delegation in Honduras wird der schnelle Informationsfluss und die internationale Berichterstattung über aktuelle Ereignisse und Themen ermöglicht. Diese bieten im Falle von akuten Menschenrechtsverletzungen auch die Grundlage für weiterführende Aktionen auf internationaler Ebene wie Protestmails und Eilaktionen. Durch die Zusammenarbeit mit honduranischen Menschenrechtsorganisationen, kommunalen Radiosendern und JournalistInnen wird der Erfahrungs- und Wissensaustausch gefördert und deren Arbeit aktiv unterstützt. Zudem stellt die internationale Präsenz und Begleitung von Organisationen und Einzelpersonen in Honduras einen wichtigen Schutz für von Repression und Drohungen betroffene MenschenrechtsaktivistInnen dar. Langfristig wird durch die Zusammenarbeit mit honduranischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen versucht, eine konstante Präsenz internationaler BeobachterInnen in Honduras aufzubauen und Menschenrechtsbeobachtung und Begleitarbeit vor Ort von Deutschland und Österreich aus zu unterstützen. Ziel soll dabei sein, aller Repression und Bedrohung zum Trotz, zivilgesellschatlichen AkteurInnen in Honduras ihre ambitionierte Arbeit für eine gerechtere Gesellschaft zu ermöglichen.