Samstag, 26. Mai 2018

Soldaten töten drei Indigene in Honduras




Die Misquito Organisation Mosquitia Asla Takanka
 in Honduras macht die Streitkräfte für den Vorfall verantwortlich
Tegucigalpa. In der honduranischen Region Mosquitia haben Soldaten am Morgen des 20. Mai drei Misquito-Indigene erschossen. Laut Berichten von Einheimischen waren die drei Fischer Patricio Pravia Kiblan, Darly Tadeo Soto und Jobal Damacio Becam mit einem Boot auf dem Fluss Warunta unterwegs, als sie von patrouillierenden Soldaten aufgefordert wurden anzuhalten. Als sie den Anweisungen nicht nach kamen, eröffneten die Soldaten das Feuer.

Die Misquito Organisation Mosquitia Asla Takanka (Masta) macht das Militär, das seit mehreren Tagen in dem Dorf Warunta kampiert und die Bevölkerung bedroht, für den Vorfall verantwortlich und fordert neben dem sofortigen Abzug aller bewaffneten Streitkräfte aus dem Misquito-Territorium ein dringendes Treffen mit Präsident Juan Orlando Hernández, um die Konflikte zu lösen, die staatliche Sicherheitskräfte und Autoritäten in der Region verursachen.

Die Streitkräfte bestätigten am Sonntag die tödlichen Schüsse, verwiesen aber auf eine angebliche Attacke mit Stichwaffen gegen die Soldaten.

Aufgrund der Vorfälle kam es laut lokalen Medien in der Stadt Puerto Lempira zu Protesten der Bevölkerung, bei denen mehrere Regierungsgebäude zerstört wurden. Nach Angaben von Norbi Goff Salinas von Masta befinden sich Staatsanwaltschaft, Polizei und Menschenrechtsorganisationen in der Region, um die Ereignisse aufzuklären. Laut der Bevölkerung wurden die verantwortlichen Soldaten jedoch bisher nicht festgenommen.

In Honduras häufen sich in den letzten Jahren Todesfälle durch Militärgewalt. Unter anderem wurden in der gleichen Region im Mai 2012 vier Zivilpersonen bei einem Einsatz des honduranischen Militärs und der US-Drogenbehörde DEA getötet. Am vergangenen Dienstag wurden zehn Soldaten wegen des Mordes an zwei Jugendlichen in dem Garifuna-Dorf Iriona verurteilt.

Donnerstag, 24. Mai 2018

UN-Missionen bescheinigen Honduras schwere Menschenrechtskrise



UN-Sonderberichterstatter Michel Forst (im weißen Hemd) besuchte 
Tegucigalpa. Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen (UN) für die Situation von Menschenrechts-verteidigern, Michel Forst, hat festgestellt, dass diese Aktivisten in Honduras mit zahlreichen Attacken, Bedrohungen und Kriminalisierung konfrontiert sind. Zudem hätten sie keinen Zugang zum Justizsystem. Ihre Sicherheitslage werde durch Stigmatisierungen seitens hoher Funktionäre des Staates und der Medien zusätzlich verschärft. Laut Aussagen von Menschenrechtsaktivisten sind Polizei und Militär hauptsächlich für die Angriffe verantwortlich. Mit Sorge sieht der UN-Vertreter auch "die Militarisierung der öffentlichen Ordnung". Während seines zweiwöchigen Besuches traf sich Forst mit mehr als 400 Aktivisten an zehn verschiedenen Orten des Landes.
Von der indigenen Organisation Copinh wurde er über die Straflosigkeit im Fall der ermordeten Umweltaktivistin Berta Cáceres und den Freispruch des ehemaligen Bürgermeisters wegen der Verletzung der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation informiert. Im Department Atlántida traf er sich mit Umweltaktivisten zweier Blockadecamps, die gegen den Bau von Wasserkraftwerken im vergangenen Jahr eingerichtet wurden.

Bei seinem Aufenthalt traf Forst sich zudem mit Präsident Juan Orlando Hernández, der Ende 2017 eine erneute Amtszeit angetreten hat. Seine Kandidatur soll verfassungswidrig gewesen und der Wahlsieg nur durch massiven Wahlbetrug zustande gekommen sein, so die weit verbreitete Kritik. Gemäß der Regierungsstatistik wurde die Mordrate in den vergangenen Jahren gesenkt. In der Erklärung des Diplomaten wird jedoch auf die Zunahme der Morde an Menschenrechtsverteidigern verwiesen.

Vergangenen Dienstag hat auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in Honduras seinen Jahresbericht 2017 vorgestellt. Dieser weist ebenfalls auf die gravierende Menschenrechtslage hin und schließt mit Forderungen nach umfassenden Untersuchungen gegen staatliche Sicherheitskräfte, die die Proteste nach den Wahlen blutig niedergeschlagen haben. Zudem wird auf die Demilitarisierung der öffentlichen Sicherheit und die Reform der Terrorismus-Gesetzgebung gedrängt. In Bezug auf Armut und wirtschaftliche Rechte verweist der Bericht auf große Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen, die fehlende Garantie auf Land und fehlenden Schutz von Kleinbauern und indigenen Gemeinden.

Die Berichte der Missionen werden an den UN-Menschenrechtsrat weiter geleitet. Die Menschenrechtssituation in Honduras wird im Jahr 2020 zum dritten Mal durch die Allgemeine regelmäßige Überprüfung beleuchtet. Bisher schnitt das mittelamerikanische Land schlecht ab. Bei der letzten Anhörung im Mai 2015 erhielt Honduras 159 Empfehlungen. Auf die jüngsten Veröffentlichungen reagierte Präsident Hernández abwehrend und machte kriminelle Jugendgangs und Nichtregierungsorganisationen für die Lage verantwortlich.

Freitag, 18. Mai 2018

Kontrollieren – Neutralisieren – Eliminieren


Podiumsdiskussion zum Mordfall Berta Cáceres, der institutionalisierten Straflosigkeit in Honduras und der Verantwortung europäischer Banken und Unternehmen

Dienstag, 29. Mai 2018 – 19:00 Uhr European Center for Constitutional and Human Rights  (ECCHR)
Zossener Straße 55-58, Aufgang D, 5. Stock, 10961 Berlin


Im März 2016 sorgte der Mord an der honduranischen Umweltaktivistin und Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres für weltweite Empörung. Internationale Expert*innen machten Ende 2017 ein von langer Hand vorbereitetes Komplott öffentlich: Hauptbeteiligte an dem Mord sind demnach die Leitung des Unternehmens Desarollos Energéticos S.A. (Desa) und staatliche Sicherheitskräfte. Das Ziel der Operation: Die Eliminierung von Berta Caceres‘ Organisation COPINH und des für ganz Honduras emblematischen Widerstandes gegen das von der DESA geplante Wasserkraftwerk „Agua Zarca“.

Wie ist der aktuelle Stand des Verfahrens? Wie könnte das bestens funktionierende System institutioneller Straflosigkeit in Honduras aufgebrochen und Ermittlungen auch gegen die so genannten „Unantastbaren“ geführt werden? Vor welchen aktuellen Herausforderungen stehen indigene und kleinbäuerliche Gemeinden in Honduras, die ihre Rechte und ihre Territorien verteidigen? Welche Verantwortung tragen europäische Banken und Unternehmen, die sich an Projekten wie „Agua Zarca“ beteiligen? Ist diese justiziabel?


Dienstag, 15. Mai 2018

Keine Fortschritte bei Aufklärung des Massakers in Mosquitia



Tegucigalpa. Das Massaker in der Region Moskitia aus dem Jahr 2012 ist immer noch unaufgeklärt. Das Komitee der Familienangehörigen der verhafteten Verschwundenen in Honduras (Codafeh) informierte, dass auch sechs Jahre nach der Tat bisher keine nennenswerten Fortschritte in den Ermittlungen zu dem Fall erzielt wurden.

Angehörige von Opfern des Massakers in Mosquitia, Honduras, warten

Am 11. Mai 2012 führte die honduranische Polizei zusammen mit der US-amerikanischen Drogenvollzugsbehörde (DEA) eine Anti-Drogen-Operation in der honduranischen Region Moskitia durch. Dabei wurden vier Personen getötet und weitere vier schwer verletzt.

Hingegen erster Beteuerungen handelte es sich bei den Opfern nicht um Drogenhändler, sondern um Unbeteiligte, die auf einem Passagierboot unterwegs waren. Die Getöteten waren zwei schwangere Frauen, ein 14-jähriger Junge und ein 22-jähriger Mann. Zu Beginn hieß es, dass es sich um Selbstverteidigung seitens der honduranischen Polizisten handelte. Später kam ans Licht, dass die Beamten, darunter auch ein Mitglied der DEA, sich nicht selbst verteidigten, sondern das Feuer eröffnet hatten und auf die Zivilisten zielten, als diese sich bereits im Wasser befanden. Außerdem war die Operation nicht, wie anfangs erklärt, unter der Kontrolle der honduranischen Behörden, sondern wurde maßgeblich von der DEA organisiert.

Seitdem ist in der Aufklärung des Falles wenig passiert. 2016 reichte Codafeh eine Verfassungsbeschwerde ein, die aber vom Obersten Gerichtshof abgelehnt wurde. Schon im August 2017 sagte Berta Oliva, Direktorin der Organisation, dass die Fortschritte in dem Fall gleich null seien. Die Staatsanwaltschaft habe die Codafeh nie einbestellt, obwohl sie wusste, dass das Komitee die Opfer des Massakers rechtlich vertreten würde. Dieser Fall sei ein weiterer Ausdruck der Straflosigkeit in Honduras, so Oliva.

Honduras Forum Schweiz Bericht Mai 2018

hier gehts zum Bericht Mai 2018

Samstag, 12. Mai 2018

Fast 60.000 honduranischen Migranten droht Abschiebung aus USA


Honduras zählt zu den unsichersten Ländern der Welt. US-Regierung sieht günstige Bedingungen für Rückkehr und hebt temporären Schutzstatus auf

Washington. Seit langem angedroht und nun Realität: Zehntausende Honduraner verlieren ihren vorübergehenden Schutzstatus (Temporary Protected Status, TPS) in den USA. Laut der Bekanntgabe von US-Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen vom 4. Mai haben die rund 57.000 Betroffenen nun 18 Monate Zeit das Land freiwillig zu verlassen. Andernfalls droht ihnen danach die Abschiebung in ihr Herkunftsland. Viele der Betroffenen leben bereits seit Jahren in den USA und haben dort eine feste Arbeitsstelle und Familien.
Rechtsanwälte in den USA protestieren gegen die Aufhebung des Schutzstatus' für 
honduranische Migranten und fordern die Umwandlung des TPS in ein Aufenthaltsrecht

 Das TPS-Programm erlaubte Menschen in den USA zu leben und zu arbeiten, wenn sie aus von schweren Krisen betroffenen Ländern kommen. Honduras fiel darunter, als 1998 Hurrikan Mitch das Land verwüstete und in seiner Entwicklung extrem zurückwarf. Nielsen argumentiert nun, dass die aktuellen Voraussetzungen in Honduras die Aufhebung des Schutzstatus' erlauben. Damit bezieht sie sich auf die Folgen des Hurrikans, ignoriert jedoch die politische Instabilität und steigende Kriminalität im Land.

Mit dem von den USA geduldeten Putsch gegen den demokratisch gewählten fortschrittlichen Präsidenten Manuel Zelaya im Jahr 2009 begann eine politische Abwärtsspirale und stürzte das Land in eine tiefe Krise. Gerade die Präsidentschaftswahlen im vergangenen November offenbarten dies wieder deutlich: der alte und nun wieder eingesetzte Präsident Juan Orlando Hernández konnte sein Amt wohl nur durch Wahlbetrug halten. Anhaltende Proteste und massive Repression sind die Folge. Dazu kommen Korruption auf Regierungsebene, florierender Drogenhandel und damit verbunden die drastische Zunahme von Bandenkriminalität. Verfolgung, Einschüchterungen und Morde an Aktivisten sozialer Bewegungen, Menschenrechtsverteidigern und Journalisten und eine weitgehende Straflosigkeit sind an der Tagesordnung. Jüngstes Beispiel ist die Ermordung des Menschenrechtsanwalts Carlos Hernández am 4. April.

Nach dem Global Peace Index 2017 zählt Honduras mit zu den unsichersten Ländern der Welt und wurde 2016 innerhalb eines unabhängigen Rechtsstaatlichkeitsindexes neben El Salvador als eine der tödlichsten Regionen außerhalb von Konfliktgebieten eingestuft, Auch das scheinen für die US-Regierung keine Gründe zur Aufrechterhaltung des TPS zu sein.
Die schwierige Lage schlägt sich auch im Anstieg der Asylanträge nieder. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen versuchten allein im Jahr 2016 rund 19.500 Honduraner in den USA Asyl zu bekommen.

Die Regierung von Honduras bedauerte indes die Entscheidung Washingtons und kündigte eine diplomatische Offensive an, um den Aufenthaltsstatus der betroffenen Honduraner zu regulieren. Migrantenorganisationen wie das Centro Presente in Boston halten es jedoch für äußerst schwierig, Alternativen für die Regulierung des Aufenthaltsstatus zu finden und sehen den Beschluss als Teil eines Planes zur weiteren Kriminalisierung von Migranten in den USA. Parteien der honduranischen Opposition forderten im Kongress Konsequenzen und sprachen sich unter anderem im Gegenzug für die Schließung von US-Militärbasen in Honduras aus.

In den USA leben mehr als 1,1 Millionen honduranische Migranten, die jährlich mehr als 4,2 Milliarden US-Dollar an ihre Familien senden. Das macht fast ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes von Honduras aus.

National wie auch international war das TPS anerkannt. Selbst unter dem ehemaligen republikanischen Präsidenten George W. Bush wurden jährlich 100.000 Geflüchtete aufgenommen, unter Barack Obama waren es 110.000. Entgegen aller Proteste ist Präsident Donald Trump bestrebt, die Flüchtlingszahl auf 45.000 zu begrenzen. Damit werde die Anzahl der Zulassungen auf den Stand der 1980er-Jahre zurückgehen, kritisierte Amnesty International.

Unbeirrt von jeglicher Kritik kündigte Trump bereits den Schutzstatus für Menschen aus El Salvador, Haiti, Nepal, Nicaragua und Sudan auf. Zudem versucht er, das 2012 von Obama initiierte Deferred Action for Childhood Arrivals-Programm aufzulösen, das bestimmte illegale Einwanderer, die bereits als Minderjährige in die USA gekommen waren, für zwei Jahre vor einer Abschiebung schützt und ihnen den Zugang zu einer Arbeitserlaubnis ermöglicht. Dies konnte bisher von Gerichten erfolgreich verhindert werden. Dagegen gelang ihm die Einstellung des Central American Minors Programms, das von Gewalt und Bandenkriminalität bedrohten Jugendlichen die Chance gab, zu legal in den USA lebenden Verwandten reisen zu können.

Nach offiziellen Angaben sind etwa 425.000 Menschen aus Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens vom Ende der Schutzprogramme betroffen.

Donnerstag, 10. Mai 2018

Honduras - Widerstand gegen ein autoritäres Regime

Vortrag und Diskussion am 29.05.2018 in Marburg
Foto: HondurasDelegation

Honduras erlebt seit dem Putsch von 2009 eine Zeit des neoliberalen Ausverkaufs, einer prekären Situation von Mitgliedern sozialer Bewegungen, Menschenrechts- und Umweltaktivist* innen und die fortschreitende Konsolidierung eines autoritären Regimes.

Nach den Wahlen Ende 2017 hat sich die Lage weiter verschärft. Über 35 Menschen sind im Zuge der Proteste gegen die verfassungswidrige Wiederwahl des Präsidenten Hernández umgekommen; die meisten von ihnen durch staatliche Gewalt. Die Polizei und Militärpolizei hat im Zuge der Niederschlagung der Proteste regelrechte Menschenjagden auf führende Personen sozialer Bewegungen gemacht, vor allem auf diejenigen, die sich dem neoliberalen Ausverkauf des Landes entgegenstellen.

Die Veranstaltung beleuchtet aktuelle soziale Kämpfe, die anhaltenden Proteste nach den Wahlen und die internationale Solidaritätsarbeit.

Rita Trautmann gehört dem Solidaritätsnetzwerk HondurasDelegation anund kennt das Land seit mehr als 15 Jahren. Nach der Wahl 2017 war sie als Menschenrechtsbegleiterin vor Ort.


Wann? 29.05.2018 ab 20 Uhr
Wo? Weltladen Marburg, Markt 7

Eintritt frei

Veranstalter: attac Marburg // Weltladen Marburg



Mittwoch, 9. Mai 2018

Es gibt keine Konzession ohne Korruption

Honduras: Interview mit dem Anwalt Martín Fernández von der „Breiten Bewegung für Würde und Gerechtigkeit“ (MADJ)
Daniela Dreißig in ila 415 (Mai 2018) S. 38–39
Der Bau von Wasserkraftwerken sorgte in Honduras in den letzten Jahren immer wieder für negative Schlagzeilen. Die Ermordung der renommierten Umweltaktivistin Berta Cáceres, die gegen das illegale Wasserkraftwerk Agua Zarca den Widerstand der indigenen Gemeinden koordinierte, erregte national und international Aufmerksamkeit und Empörung. Die enge Komplizenschaft von Politik und Wirtschaft ist mehr als sichtbar. Das Justizsystem dient der Wirtschaftselite dazu, die opponierende Bevölkerung zu kriminalisieren, dabei sichert die Polizei mit aller Härte die Wirtschaftsinteressen ab. So auch im Departement Atlántida im Norden von Honduras, das reich an Flora, Fauna und Wasserläufen ist. Seit dem Putsch im Jahr 2009 wurden 24 Konzessionen für Wasserkraftprojekte erteilt, fünf Wasserkraftwerke sind fertiggestellt, ein Projekt befindet sich in der Phase der Erkundung.

Im März 2017 blockierte die Bevölkerung in Pajuiles im Munizip Tela die Zufahrtsstraßen zur Baustelle des Wasserkraftwerkes am Fluss Mezapa. Gemeinden des benachbarten Munizips Arizona folgten zwei Monate später dem Beispiel des zivilen Ungehorsams und errichteten ebenfalls ein Blockadecamp zum Schutz des Flusses Jilamito.

Gemeinsame Besichtigung der Baustelle des Wasserkraftwerkes Los Planes durch die Bevölkerung des Sektors Pajuiles Foto: Darwin Alachan

Dienstag, 8. Mai 2018

Repression gegen Wasserkraftwerkgegner in Honduras

Daniela Dreißig in amerika21
Tela. In den Morgenstunden des 3. Mai ist es zur gewaltsamen Räumung eines Blockadecamps gegen das Wasserkraftwerk "Los Planes" im nördlich gelegenen Pajulies gekommen. Dabei soll die mit schusssicheren Westen und Schlagstöcken ausgerüstete Polizei zusammen mit Sicherheitskräften des verantwortlichen Unternehmens Hidrocep gegen die friedlich Protestierenden Tränengas eingesetzt haben. Sieben Polizeipatrouillen, Wasserwerfer und weitere Konvois mit bis zu 300 Angehörigen der staatlichen Sicherheitskräfte riegelten eine Zufahrtsstraße ab, um die für Baufahrzeuge blockierte Straße zu räumen.

Martín Fernández, Koordinator und Anwalt der Breiten Bewegung für Würde und Gerechtigkeit (MADJ), berichtete gegenüber amerika21, dass es am Freitag eine Protestaktion von tausenden Bewohnern auf der nördlichen Hauptverkehrsstraße zwischen Pajuiles und Toyos gegeben habe. Sie forderten den Schutz der anliegenden Bergregionen und sprachen sich gegen Tagebau- und Wasserkraftprojekte aus. Seit dem Putsch im Jahr 2009 wurden in Atlántida 24 Konzessionen für Wasserkraftprojekte erteilt, fünf davon wurden bereits fertiggestellt. Die Protestierenden verurteilen die Militarisierung des Gebietes und verlangten den Rückzug der Firma Hidrocep. In sozialen Medien wurde berichtet, dass auch diese friedliche Demonstration durch die Polizei mit Tränengas und scharfer Munition beendet wurde.

Der Widerstand gegen das Wasserkraftwerk in Pajuiles erfährt auch außerhalb
von Honduras Solidarität Quelle: Movimiento Amplio/facebook
Vor zwei Jahren begannen die Bauarbeiten für das Wasserkraftwerk Los Planes am Fluss Mezapa. Die große Mehrheit der betroffenen Gemeinden hatte sich in einer öffentlichen Gemeinde-versammlung dagegen ausgesprochen. Der damalige Bürgermeister Mario Fuentes gab dem Projekt dennoch seine Zustimmung, was laut Fernández gegen die Gemeindegesetzgebung verstößt.

Das Blockadecamp wurde schließlich im März 2017 errichtet. Die Zufahrtsstraße wird eigens für Bau- und Versorgungsfahrzeuge des Projektes Los Planes gesperrt.
Im März dieses Jahres wurden den Gemeinden durch die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) spezielle Schutzmaßnahmen zugesprochen. Der Fluss, ihre einzige Trinkwasserversorgung, ist kontaminiert. Trotz der zahlreichen Anzeigen gegen Hidrocep unternehme der Staat nichts, um gegen die Verursacher der Umweltschäden vorzugehen, erklärte Fernández weiter.

Seit dem letzten Jahr wurden 17 aktive Mitglieder des Camps kriminalisiert, Gerichtsverfahren wurden gegen sie eingeleitet. Vergangenen Mittwoch ist nun in einer vorläufigen Anhörung in Tela der Tatbestand "unrechtmäßige Aneignung öffentlichen Raums" eingestellt worden. Dem Vorwurf der Nötigung wurde jedoch stattgegeben und ein Verfahren gegen elf Umweltschützer eingeleitet.

Gegenüber der britischen Tageszeitung The Guardian äußerte Elsia Paz, Präsidentin der Vereinigung für Erneuerbare Energien Honduras, dass das Pajuiles-Projekt alle notwendigen Genehmigungen habe. Wenn die Regierung wirklich helfen würde, könne sie innerhalb von 24 Stunden das Camp räumen. Es gebe keine Kriminalisierung. Honduras sei ein Land, in dem geltendes Recht eingehalten werde.