Donnerstag, 22. Juli 2021

Verschwundene Garífuna in Honduras: Ein Jahr des Schweigens

Miriam Miranda, Koordinatorin von Ofraneh, vor dem Gebäude der Generalstaatsanwaltschaft

Von den vier afroindigene Aktivisten fehlt weiter jede Spur. Ofraneh und Angehörige fordern sorgfältige Ermittlungen und Suche nach den Verschwundenen

Von amerika21

Tegucigalpa. Ein Jahr nach dem gewaltsamen Verschwindenlassen von vier Männern aus der afroindigenen Garífuna-Gemeinde Triunfo de la Cruz haben Demonstrierende am Dienstag erneut Aufklärung und Gerechtigkeit gefordert.

Der Gemeindevorsteher Alberth Sneider Centeno sowie die Mitglieder der Garífuna-Organisation Ofraneh, Gerardo Tróchez, Milton Martínez und Suami Mejía waren am 18. Juli 2020 am frühen Morgen von rund 30 bewaffneten Männern, die sich als Polizisten zu erkennen gaben, aus ihren Häusern geholt worden und sind seither verschwunden.

"Wir fordern, dass sie uns unsere Brüder zurückgeben!" sagte Miriam Miranda, Koordinatorin von Ofraneh vor dem Gebäude der Generalstaatsanwaltschaft in Tegucigalpa, begleitet von Sprechchören: "Lebendig wurden sie uns genommen, lebendig wollen wir sie wieder haben!"

Hunderte von Garífuna waren in die Hauptstadt gereist, um Antworten von den honduranischen Ermittlungsbehörden einzufordern. "Von vier oder fünf verschiedenen Staatsanwaltschaften hat jede ihre eigene Version", so Miranda. Aus diesem Grund fordert Ofraneh nun die Berufung eines Sonderstaatsanwalts für gewaltsames Verschwindenlassen. Bereits im Februar riefen die Organisation und die Angehörigen der Verschwundenen ein Garífuna-Komitee zur Ermittlung und Suche der Verschwundenen von Triunfo de la Cruz (Sunla) ins Leben (amerika21 berichtete).

Die honduranischen Behörden haben bislang abgelehnt, das Komitee in die Ermittlungen einzubinden, was gegen die international verbrieften Rechte der Angehörigen von Opfern des gewaltsamen Verschwindenlassens verstößt. Im Juni forderten über 200 nationale und internationale Organisationen den honduranischen Staat in einem offenen Brief auf, mit Sunla zusammenzuarbeiten, doch auch hierauf gab es keine Antworten.

Mit der Demonstration vor der Staatsanwaltschaft wiederholten die Garífuna ihre Forderung nach einer sorgfältigen, unabhängigen und professionellen Suche und Ermittlungen sowie der Einbindung der Angehörigen der Opfer. Außerdem drängten sie erneut auf die Umsetzung der Urteile des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte zugunsten der Gemeinden Triunfo de la Cruz und Punta Piedra aus dem Jahr 2015.

Laut diesem Gerichtsurteil müssen den Gemeinden ihre angestammten Territorien zurückgegeben werden, die von gemeindefremden Personen illegal angeeignet wurden. Das Urteil verpflichtet den Staat auch, Leben und körperliche Integrität der Führungspersonen aus Triunfo de la Cruz und Punta Piedra zu schützen.

Doch anstatt dass den Garífuna Gerechtigkeit zuteil werde, würden sie weiter juristisch verfolgt, erklärte Miriam Miranda. In Trujillo wurden in den letzten Monaten drei Garífunaaktivist:innen willkürlich festgenommen und nur gegen Meldeauflagen wieder freigelassen. Gegen 29 weitere Personen, die die Landrechte der afroindigenen Gemeinschaft verteidigen, liegen Haftbefehle vor.

"Die Regierung muss davon absehen, die nationale Strafgesetzgebung als Instrument der Einschüchterung gegen Personen einzusetzen, die die Menschenrechte verteidigen", forderte kürzlich Mary Lawlor, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Situation von Menschenrechtsverteidiger:innen, bezugnehmend auf die Kriminalisierung von Garífuna in Honduras.

"Lebendig wurden sie uns genommen, lebendig wollen wir sie wieder haben"

 

Donnerstag, 8. Juli 2021

Ein kriminelles Netz der Eliten

Interview mit Joseph Berra zum Prozess gegen David Castillo, einen der mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes an Berta Cáceres

Daniela Dreißig erschienen in ILA Juli/August 2021(447)
Bewohner*innen aus der Region Río Blanco Foto: COPINH

Im April 2021 begann in Tegucigalpa (Honduras) der Prozess gegen David Castillo, ehemaliger Geschäftsführer des honduranischen Energieunternehmens Desarrollos Energéticos (DESA). Die indigene Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres hatte sich gemeinsam mit den Gemeinden von Río Blanco gegen den Bau des DESA-Wasserkraftwerkes Agua Zarca gewehrt. Am 2. März 2016 wurde sie in ihrem Haus erschossen. Sieben Auftragsmörder und Mittäter des Mordes an Berta Cáceres und des versuchten Mordes an dem Umweltaktivisten Gustavo Castro wurden 2018 schuldig gesprochen und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Der bisherige Verlauf des Verfahrens gegen Castillo bringt wichtige Hinweise zur Verfolgung von Berta Cáceres durch DESA-Angestellte und dem Agieren des DESA-Aufsichtsrates unter Führung der mächtigen Bankiersfamilie Atala Zablah. Gegen DESA-Finanzchef Daniel Atala Midence, der als Zeuge vor Gericht aussagen sollte, wird inzwischen auch offiziell ermittelt. Zum aktuellen Prozess sprach Daniela Dreißig Mitte Juni mit Joseph Berra, Mitglied der internationalen Beobachtermission zum Mordfall Berta Cáceres und Direktor des Projektes  „Menschenrechte in den Amerikas“ an der Universität von Kalifornien, Los Angeles.

Mittwoch, 7. Juli 2021

Gericht verurteilt DESA-Geschäftsführer als Drahtzieher im Mordfall Berta Cáceres

Von amerika21 

Tegucigalpa. Der Geschäftsführer des Wasserkraftunternehmens DESA ist als ein Drahtzieher der Ermordung der indigenen Menschenrechts- und Umweltaktivistin Berta Cáceres schuldig gesprochen worden.

Über fünf Jahre nach dem Mord an Cáceres ist Roberto David Castillo für seine Mittäterschaft verurteilt worden. Nach 49 Prozesstagen verkündete der Gerichtshof in Tegucigalpa am 5. Juli sein Urteil gegen den Geschäftsführer des Unternehmens Desarollos Energeticos SA (DESA) und ehemaligen Offizier des militärischen Geheimdienstes.

Dienstag, 6. Juli 2021

URTEIL: David Castillo wird des Mordes an Berta Cáceres FÜR SCHULDIG befunden

URTEIL

Quelle: COPINH

Roberto David Castillo Mejía wird von den drei Richter*innen des 1. Gerichtssaals des Nationalen Strafgerichtshofs für den Mord an Berta Cáceres für SCHULDIG befunden. Das Gericht entschied, dass Castillo Mitverursacher des Mordes ist (wie ursprünglich von den Anwälten der Familie Cáceres behauptet), indem er das Team von Auftragskillern und Mittelsmännern koordinierte, und dies vor allem durch den pensionierten Militärleutnant Douglas Bustillo, der sich mit dem aktiven Militärmajor Mariano Diaz Chavez und dem Auftragskiller Henrry Hernández sowie anderen DESA-Führungskräften abstimmte - um Bertas Leben zu nehmen und ihren und COPINHs Widerstand gegen den Agua Zarca-Staudamm zu beenden. 

Donnerstag, 1. Juli 2021

Eine bahnbrechende Entscheidung für Vicky

 Interamerikanischer Gerichtshof verurteilt Honduras wegen Mordes an Trans*frau

Quelle: Red Lésbica Cattrachas

Von Giorgio Trucchi | Rel UITA

Am heutigen Montag (28.Juni 2021 d.Red.) fällte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (IACHR) ein historisches Urteil zum Mord an Vicky Hernández, einer 26-jährigen Trans*frau und Aktivistin des Colectivo Unidad Color Rosa, die in den frühen Morgenstunden des 28. Juni 2009, während eines blutigen Staatsstreichs in Honduras, von Mitgliedern der Sicherheitskräfte getötet wurde.