Samstag, 19. Februar 2022

Honduras: Die bevorstehende Auslieferung des Ex-Präsidenten Hernández an die USA

Dass die USA ihren einst engen Verbündeten jetzt anklagen wollen, entspricht ihrer historischen Haltung, dass sie in der Region tun und lassen, was sie wollen

Dienstag, 15. Februar 2022

Honduras: USA wollen Auslieferung von Ex-Präsident wegen Drogenhandels

aus amerika21, v. 15.2.2022


JOH mit Hund im Hof seines Hauses in der honduranischen Hauptstadt

Quelle: Juan Orlando Hernandez

Tegucigalpa. Die USA haben formell um die Festnahme und Auslieferung des ehemaligen Präsidenten von Honduras, Juan Orlando Hernández (JOH), ersucht, der von 2014 bis zum 27. Januar 2022 im Amt war.

Das honduranische Außenministerium hatte gestern getwittert, es habe ein Schreiben der US-Botschaft erhalten, die "um die vorläufige Festnahme eines honduranischen Politikers zum Zwecke der Auslieferung an die Vereinigten Staaten von Amerika ersuche."

Das spanischsprachige Programm des US-Senders CNN enthüllte daraufhin Dokumente, die belegen, dass es sich bei dem "honduranischen Politiker" um Ex-Präsident Hernández handelt.

Vergangene Woche wurde bekannt, dass die USA ihrem langjährigen Verbündeten das Visum gesperrt und ihn auf die sogenannte Engel-Liste gesetzt hatten, die Politiker und Funktionäre aus Guatemala, Honduras und El Salvador aufführt, welche nach Auffassung der US-Regierung mutmaßlich korrupt und kriminell sind.

Daraufhin kursierten in Honduras vermehrt Spekulationen, dass JOH sich nach Nicaragua absetzen und Präsident Daniel Ortega ihm Schutz vor einer möglichen Auslieferung gewähren würde. JOH selbst hatte gestern auf Facebook Fotos von sich und seinen Hunden im Garten seines Hauses in Tegucigalpa
gepostet. Auch sein Anwalt betonte gestern abend, dass er sich dort aufhalte.

Das Haus des Ex-Präsidenten wurde in der Nacht von zahlreichen Polizisten und Soldaten umstellt. Ein Haftbefehl lag jedoch noch nicht vor, so dass es keine Handhabe gab, um seine Anwesenheit von Hernández festzustellen.

Der Oberste Gerichtshof des mittelamerikanischen Landes berief für heute um 16.30 deutsche Zeit eine dringliche Sitzung ein, um den Richter zu bestimmen, der über die Ausstellung des Haftbefehls entscheiden soll. Jurist:innen wie der Vorsitzende der Sonderstaatsanwaltschaft gegen Korruption, Luis Santos gehen davon aus, dass die Immunität, die Hernández als Abgeordneter des zentralamerikanischen Parlamentes (Parlacen) genießt, ihn nicht gegen eine Auslieferung schützt.

Der Southern District der New Yorker Staatsanwaltschaft arbeitet bereits seit längerem an einer Anklage gegen JOH und versuchte offensichtlich erst kürzlich die neue honduranische Regierung unter Xiomara Castro zu bewegen, Zeugen für einen Prozess gegen ihn an die USA auszuliefern.

JOH wird unter anderem vorgeworfen, dass er als Präsident des Kongresses und Präsidentschaftsbewerber eine Allianz mit dem inzwischen in den USA verurteilten, Drogenhändler Geovany Fuentes Ramírez einging, dem er im Gegenzug für die Finanzierung seiner Wahlkampagne Schutz versprach.

JOHs Bruder Tony, ehemals Kongressabgeordneter der Nationalen Partei, war 2019 in den USA wegen Drogenhandels im großen Stil verurteilt worden. Das Strafmaß wurde 2021 auf lebenslange Haft plus 30 Jahre festgesetzt. JOH wurde im dem Prozeß als "Mitverschwörer 4" bezeichnet.

Samstag, 12. Februar 2022

Honduras: Prominente Umweltschützer kommen endlich in Freiheit

Verfahren gegen Aktivisten für null und nichtig erklärt. Verbindung der Nebenklage zu Tochterfirma der Münchner Flughafengesellschaft

amerika21

Tocoa feiert das Urteil der Verfassungskammer
des Obersten Gerichtshofs zugunsten der Umweltaktivisten
Quelle: @NICARAGUAYMAS 

Tegucigalpa/Tocoa. Die Provinzstadt Tocoa feiert den unverhofften Beschluss der hondurianischen Justiz zugunsten der acht inhaftierten "Verteidiger der Flüsse Guapinol". Das Urteil der Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofs hat den Prozess gegen die Umweltschützer annulliert. Nebenklägerin war die Firma Inversiones Los Pinares. Sie gehört zur Holdinggesellschaft EMCO und ist laut dem Ökumenischen Büro München Geschäftspartner einer Tochterfirma der Münchner Flughafengesellschaft.

Die acht angeklagten Männer hatten sich gegen zwei Eisenerztagebaue von Los Pinares engagiert, deren Lizenzen und Genehmigungen unter dubiosen Umständen erteilt wurden. Sie zerstören das Wasserschutzgebiet im Nationalpark Carlos Escaleras und verseuchen das Trinkwasser von Tausenden Menschen. Die Umweltaktivisten waren seit 29 Monaten in Untersuchungshaft.

Das Urteil des Obersten Gerichtshofs kam überraschend, nachdem nur ein paar Stunden vorher das Strafgericht der Provinzstadt Tocoa sechs der Umweltaktivisten für schuldig erklärt und zwei freigesprochen hatte. Zwei Jahre lang hatten Anträge der Strafverteidiger:innen der Umweltschützer beim Obersten Gerichtshof wegen willkürlicher Verhaftung und der Verletzung elementarer Rechte der Beschuldigten in einer Schublade gelegen. Nun bekamen sie binnen Stunden plötzlich Recht. Gemeinsam mit dem UN-Hochkommisariat für Menschenrechte verlangen sie nun die sofortige Freilassung der sechs Gefangenen.

Die Staatsanwaltschaft hatte 36 Jahre Haft für alle Angeklagten beantragt. Offiziell beschuldigte sie die Umweltschützer der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Freiheitsberaubung und schweren Brandstiftung. Die letzten zwei Anschuldigungen hat die Ermittlungsbehörde anhand eines Vorfalls vom 7. September 2018 offenbar konstruiert.

An jenem Tag rückten Arbeiter des Unternehmens und Sicherheitskräfte gegen das Protest-Camp vor, das die lokalen Gemeinden errichtet hatten, nachdem sie juristisch gegen die Umweltschäden des Berbauprokejtes vorgegangen waren. Laut Angehörigen der Teilnehmer:innen des Protestcamps wurde ein 17-Jähriger von einem Sicherheitsmann des Unternehmens in den Rücken geschossen und schwer verletzt. Ein Auto und zwei Baucontainer brannten, der Vorgesetzte des Schützen musste vor Ort auf die Polizei warten.

Darauf folgte die Räumung des Camps und eine Serie von Anzeigen und Klagen gegen mehrere Camp-Aktivist:innen. Ihnen wurde schwere Brandstiftung und die angebliche Freiheitsraubung eines Sicherheitsmannes vorgeworfen. Die nun freigesprochenen Umweltschützer stellten sich damals freiwillig der Justiz, als sie hörten, dass Haftbefehle gegen sie ausgestellt wurden.

Die UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Verhaftungen erklärte ihre Inhaftierung im November 2020 für illegal und forderte den honduranischen Staat auf, die acht Männer sofort freizulassen und sie für das erlittene Unrecht zu entschädigen.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft beruhte einseitig auf widersprüchlichen Zeugenaussagen, so das Komitee zur Verteidigung der Gemeingüter im Bezirk Tocoa (CMDBCP). Die Zeugen hätten ausschließlich eigene Interessen als vermeintlich Hauptgeschädigte sowie Interessen der Firma Los Pinares als Nebenklägerin vertreten.

Die Leiterin des Hochkommissariats für Menschenrechte in Honduras sagte am 8. Februar, die Argumente der Staatsanwaltschaft seien unvereinbar mit internationalen Standards der Beweiswürdigung. Sie zeigten mangelnde Objektivität und stigmatisierten die Angeklagten. Dass das Gericht der Provinzstadt Tocoa im Sinne der Staatsanwaltschaft urteilte, bezeichnete Amnesty International als "empörend".

Verteidiger Edy Tabora betonte zunächst in einem Livestream vor dem Gerichtsgebäude: "Die Verurteilten sind unschuldig. Es wurde weder die Existenz der Delikte selbst noch irgendeine Art von Teilnahme der Verurteilten nachgewiesen. Das Urteil zeigt, dass die Justiz durch Unternehmen korrumpiert ist. Es ist ein politisches Urteil, das einzig auf den ökonomischen Interessen des Unternehmens Inversiones Los Pinares beruht."

Sofort nach dem Urteil vom 9. Februar hatten die sechs Umweltaktivisten, die sich als politische Gefangene sahen und von Amnesty International als Gewissensgefangene anerkannt wurden, beschlossen einen Antrag auf Amnestie zu stellen. Die seit 27. Januar amtierende Mitte-Links-Regierung von Xiomara Castro hatte vor wenigen Tagen ein Amnestie-Dekret verabschiedet und am 4. Februar im Amtsblatt veröffentlicht, das kriminalisierten Mitgliedern sozialer Bewegungen, die von ihrem legitimen Recht auf Protest Gebrauch machten, Amnestie gewährt. Dieser Antrag wurde mit dem unerwarteten Urteil der Verfassungskammer nun hinfällig.

Bewohner:innen aus den betroffenen Gemeinden, die über drei Wochen lang vor dem Gerichtsgebäude protestierten und permanenter Diffamierung und Bedrohung ausgesetzt waren, sagen, dass sie in ihrem Engagement nicht nachlassen werden, bis Inversiones Las Pinares seine irregulären Tagebaue im Wassereinzugsgebiet des Nationalparks Montaña de Botaderos Carlos Escaleros aufgibt. Das CMDBCP fordert zudem Ermittlungen gegen die Drahtzieher hinter der Kriminalisierung der Umweltschützer aus Guapinol und Sector San Pedro.

Samstag, 5. Februar 2022

Private Städte – exklusiv und antidemokratisch

Libertäre Unternehmen wollen den Staat aus der Stadt verbannen und einer ausgewählten Kundschaft rechtliche Privilegien bieten. Der Markt soll alles regeln – im Interesse des Profits.


aus: FR.de, vom 02.02.2022
von Andreas Kemper

Im westafrikanischen Staat São Tomé und Príncipe soll angeblich
bereits eine Fläche für eine Privatstadt gefunden worden sein.


Frankfurt – In der „Goldkammer Frankfurt“ glänzt sogar die Projektionsfläche für Vorträge. Darauf zu sehen sind Skizzen einer privaten Stadt. Sie soll etwa 200 Hektar groß werden, in einem afrikanischen Land liegen und ihre Tore nur für eine besondere Klientel öffnen. Die Zuhörerschaft beim Vortrag besteht hauptsächlich aus weißen Männern. Titus Gebel stellt das Projekt einer Privatstadt vor oder wie er es lieber nennt: einer Sonderentwicklungszone. Das Vorhaben schreite voran, mit einem Politiker der Regierungspartei des Landes, das Gebel nicht nennt, seien Gesetz und Vertrag zum „Staat im Staat“, wie es der ominöse Politiker genannt haben soll, bereits ausgehandelt. Bis zum Ende des Winters sollten formelle Vorarbeiten abgeschlossen sein, sagte Gebel.