Samstag, 22. Juli 2017

Eskalation der Gewalt gegen Studentenbewegung in Honduras

Studierende der Nationalen Autonomen Universität Honduras protestieren mit einem Hungerstreik gegen ihre Kriminalisierung und Missstände an der Hochschulen Quelle: MEU 
von Anna Rösch, in amerika21
Tegucigalpa. Mit Eisenketten und -stangen bewaffnete Männer sind am Montagmorgen auf den Campus der Nationalen Autonomen Universität Honduras (UNAH) in Tegucigalpa eingedrungen, um die besetzte Fakultät für Chemie und Pharmazie zu räumen. Zusammen mit der Sicherheitsfirma Spartan Security begannen nach Angaben von Augenzeugen etwa 50 zum Teil Vermummte unvermittelt auf die anwesenden Studierenden einzuschlagen. Insgesamt 15 Menschen mussten ärztlich behandelt werden, sie wiesen teils schwere Kopfverletzungen und Blutergüsse auf.

Seit 24 Tagen befinden sich Mitglieder der "Universitären Studentenbewegung" (MEU) auf dem Campus und führen einen Hungerstreik gegen ihre Kriminalisierung und die anhaltenden Missstände an der UNAH durch. Im Mai und Juni dieses Jahres kam es wiederholt zu gewalttätigen Übergriffen von bewaffneten Einheiten und der Sicherheitsfirma ESPA. Die Universitätsleitung hat 26 Protestierende angezeigt, drei wurden wegen Rechtsbeugung bereits verurteilt.

Auf Videos in Sozialen Netzwerken von dem Überfall am Montag ist zu sehen, wie die Vermummten die Studierenden mit großer Brutalität angreifen, auf ihnen knien und sie fesseln. Diese setzten sich zur Wehr, es flogen Steine auf beiden Seiten. Laut Zeugenaussagen randalierten die Angreifer auch in den Gebäuden. Die offenbar gut trainierten paramilitärisch auftretenden Männer hätten Kampfsporttechniken gegen die Studierenden angewendet. Vor dem UNAH-Gelände sei auch eine Einheit der Spezialpolizei COBRA und der Präventivpolizei stationiert gewesen.

Dina Meza, eine Menschenrechtsaktivistin, die die hungerstreikenden Studierenden in der vorangegangenen Nacht begleitet hatte, erklärte, dass die Männer zusammen mit Spartan Security von der Universitätsleitung angeheuert seien. Die Aktion solle den Anschein innerstudentischer Auseinandersetzungen erwecken sund die Wiederaufnahme des Lehrbetriebs erzwingen. Tage vorher hatte die MEU bereits Infiltration und das Agieren von Schlägertrupps auf dem Gelände beklagt. Die Bewegung verlangt den Rücktritt der Rektorin Julieta Castellanos. Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben bereits Anzeige gegen sie erstattet.

Ein Schlägertrupp griff am Montag die Protestierenden auf dem
Das Büro des UN- Hochkommissariats für Menschenrechte in Honduras forderte die Aufklärung der Attacken sowie ein Ende der Eskalation und bot sich erneut als Vermittler eines Dialoges an. Präsident Juan Orlando Hernández macht derweil die Studierenden für die Gewalt verantwortlich. Einen Rücktritt lehnt Rektorin Castellanos bisher ab.

Am Mittwoch übergab die MEU einen Gesetzentwurf an die Parteien der politischen Opposition im Parlament, in dem unter anderem die verfassunggebende universitäre Versammlung und die Anerkennung aller universitären studentischen Fachschaften festgeschrieben ist.

Im Umfeld der anhaltenden Krise an der UNAH sind unlängst Roberto Gómez, Vater eines der angeklagten Studenten und Luis Joel Rivera, Soziologie-Student und aktives Mitglied der MEU, ermordet worden. Gegen 23 Studierende laufen Strafverfahren wegen Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung.

Die Proteste begannen bereits im Jahr 2013, als zunehmende Privatisierungen sichtbar und Studienbedingungen von Seiten der Universitätsleitung geändert wurden. In jenem Jahr kam es zu einer verfassungswidrigen Gesetzesreform der UNAH, die Castellanos eine weitere Amtszeit sicherte.

Freitag, 21. Juli 2017

Honduras: Die Interamerikanische Entwicklungsbank und ihre unüberlegte Unterstützung des neokolonialen Projektes der ZEDES



Sambo Creek, 18. Juli 2017

Kürzlich erschien auf dem Internetportal der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID) eine Information über das Projekt HO-L1191, auch bezeichnet als Unterstützung zur Schaffung von Arbeits- und wirtschaftlichen Entwicklungszonen (ZEDES). Es wird beschrieben, wie „diese Operation die honduranische Regierung bei der Konzepterstellung und der Vorbereitung der technischen Studien und Entwürfe zur Einführung der ZEDES unterstützen wird. Ziele der ZEDES sind (i) der Anstieg der Investitionen in intensive Beschäftigungsbereiche, (ii) die Schaffung formaler Arbeitsplätze sowie (iii) die Reduzierung von Arbeitslosigkeit und informaler Beschäftigung sind.

Die Initiative der ZEDE, auch als Modellstädte bekannt, entstand unter der Regierung von Porfirio Lobo. Zur Schaffung eines Gesetzes für Spezielle Entwicklungsregionen (RED) trieb er eine Reihe von Verfassungsreformen voran. Die Idee der RED stammt ursprünglich von dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Paul Romer. Er verbündete sich mit dem Präsidenten von Madagaskar, Marc Ravalomana, um im Namen der Modellstädte 1,3 Millionen Hektar Land an die Firma DAEWOO abzutreten, Tochtergesellschaft des koreanischen Unternehmens POSCO. Die Bevölkerung von Madagaskar reagierte auf die Konzession, indem sie den Präsidenten Ravalomana im Februar 2009 stürzte und die Übergabe des Inselgebietes beendete. Ein Jahr danach taucht Romer in Honduras auf, das sich in den Nachwehen des Staatsstreiches befindet. Hier berät er den damaligen Präsidenten Lobo und sein Kabinett in Bezug auf die Schaffung von honduranischen Modellstädten und schlägt dafür die Küste der Garifunas vor, genauer gesagt, die Bucht von Trujillo und dem Fluss Sico, die 24 Gemeinden umfasst.

Dienstag, 18. Juli 2017

Internationale Kommission kündigt Ermittlungen im Fall Agua Zarca in Honduras an

von Daniela Dreißig, in amerika21
Tegucigalpa. In einer Pressekonferenz hat die Unterstützermission gegen Korruption und Straflosigkeit in Honduras (MACCIH) am vergangenen Donnerstag angekündigt, dass sie zusammen mit der Sonderstaatsanwaltschaft für Ethnien die Unregelmäßigkeiten von staatlichen und unternehmerischen Strukturen im Fall des Wasserkraftwerkes Agua Zarca untersuchen würden. Sie werde gegen hohe Funktionäre des Staates und gegen die honduranische Firma Desarrollos Energéticos S.A. (Desa), die für den Bau von Agua Zarca verantwortlich ist, ermitteln. Es bestehe der Verdacht auf Betrug, Machtmissbrauch, Geldwäsche sowie der Bildung einer illegalen Vereinigung.
Der Sprecher der Unterstützermission gegen Korruption und Straflosigkeit in Honduras (MACCIH), Juan Jiménez (Bildmitte), kündigte Untersuchungen im Fall Agua Zarca an Quelle: Juan Manuel Herrera/OAS
Lizenz: CC by-nc-nd 2.0

Der Sprecher der Mission, Juan Jiménez, erklärte, dass Desa im Mai 2009 mit nur 25.000 Lempira (knapp 1.000 Euro) begann und das Gesellschaftskapital des Unternehmens im Februar 2014 bereits bei 381 Millionen Lempira, mehr als dem 15-fachen, angestiegen sei. Es sei wichtig zu ermitteln, ob dieses Kapital nicht mit Geldwäsche in Verbindung stehe. Wenige Monate nach der Firmengründung habe Desa den Zuschlag für den millionenschweren Energievertrag erworben. Auffällig sei, dass zwar ein gerichtliches Verfahren gegen den Ex-Vizeumweltminister Dario Cardona wegen der Erweiterung der Umweltlizenz laufe. Der damalige Umweltminister und aktuelle stellvertretende Generalstaatsanwalt, Rigoberto Cuellar, habe die ursprüngliche Umweltlizenz erteilt, ohne dass vorherige informative und freie Konsultationen mit der betroffenen indigenen Bevölkerung durchgeführt wurden, wie das Abkommen 169 der Internationalen Arbeitsorganisation vorschreibt. Jiménez zeigte sich überrascht, dass kein Verfahren auch gegen Cuellar eingeleitet wurde. Weiterhin sei die Erweiterung des Wasserkraftwerkes von 14,4 Megawatt auf 21,7 Megawatt nicht im Parlament abgestimmt worden.

Jiménez betonte, dass sie den Fall der im März 2016 ermordeten Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres nicht untersuchen würden. Bisher wurden acht Personen, die mutmaßlich direkt an der Organisation und Ausführung des Mordes beteiligt waren, festgenommen und gegen sie ein gerichtliches Verfahren eingeleitet.

Die MACCIH ist eine internationale Organisation, die unter Schirmherrschaft der Organisation Amerikanischer Staaten vor einem Jahr ihre Arbeit aufnahm. Auf die massiven Proteste der honduranischen Bevölkerung 2015 musste die Regierung von Präsident Juan Orlando Hernández reagieren und eine internationale Kommission zur Untersuchung der Korruption einberufen. Die offensichtliche Veruntreuung von mehr als 350 Millionen US-Dollar aus dem Sozialversicherungsinstitut durch Funktionäre verschiedener Institutionen als auch der Regierungspartei hatte damals zu anhaltenden Protesten geführt. Die Kommission hat bisher kaum sichtbare Resultate gebracht. Die Mehrzahl der administrativen und gesetzgeberischen Vorschläge der MACCIH wurde von den obersten honduranischen Stellen ignoriert oder abgelehnt. Die deutsche Bundesregierung dürfte an durchgreifenden Resultaten dieser Kommission großes Interesse haben, da sie seit ihrer Gründung mitfinanziert. Erst im vergangenen Monat hat sie die Überweisung von 300.000 Euro an die MACCIH veranlasst.

Donnerstag, 13. Juli 2017

Vorführung des Films „La Voz del Gualcarque“ mit anschließender Diskussion

Im April 2013 begann der Widerstand der indigenen Lenca Gemeinden gegen das geplante Wasserkraftwerk “Agua Zarca”. Seit dem Putsch 2009 in Honduras sind zahllose private Projekte zur Gewinnung von erneuerbarer Energie aus dem Boden gestampft worden. Sie gehen einher mit Kriminalisierung der Proteste, Repression, Bedrohung, bis hin zu Mord; staatliche Sicherheitskräfte und private Akteure arbeiten zusammen, um die Projekte durchzusetzen.

Der Dokumentarfilm begleitet ein Jahr lang die Gemeinden, die sich gegen den Bau des Staudamms auf ihrem Territorium in Rio Blanco wehren, und mit vielfältigen Protesten versuchen, sich Recht zu verschaffen.

Realisierung: Ocote-Films / Honduras 2015 / 47 Minuten / span mit dt. UT
 
Zeit: Mittwoch, den 19. Juli 2017, 19:00 Uhr
Ort: ACUDkino, Veteranenstraße 21, 10119 Berlin
Eintritt: Eintritt frei, Spenden erbeten
Veranstalter: pbi Regionalgruppe Berlin

Dienstag, 11. Juli 2017

Entwicklungsbanken ziehen sich aus Großprojekt in Honduras zurück

von Anna Rösch, in amerika21
Kreditinstitute aus Niederlanden und Finnland stoppen Finanzierung für Wasserkraftwerk Agua Zarca endgültig. Wie verhalten sich deutsche Geber?
 
Protest der Lenca-Gemeinden gegen die FMO in Rio Blanco im Jahr 2014
Amsterdam/Helsinki/ Tegucigalpa. Die niederländischen und finnischen bekanntgegeben. Die Verträge würden im Einvernehmen mit der honduranischen Betreibergesellschaft Desarollos Energéticos S.A. (Desa) aufgelöst.
Entwicklungsbanken FMO und Finnfund haben vergangenen Donnerstag ihren endgültigen Rückzug aus der seit Mitte März 2016 suspendierten Finanzierung des Wasserkraftwerks Agua Zarca in Honduras

Zwei ehemalige Mitarbeiter der Desa sind im Zusammenhang mit der Ermordung der Menschenrechtsaktivistin und Koordinatorin der indigenen Organisation COPINH, Berta Cáceres, angeklagt. Cáceres war im März 2016 von einem Killerkommando in ihrem Haus erschossen worden. Die Hauptverhandlung gegen vier von acht Hauptverdächtigen und den Mittelsmännern von Militärs und Desa soll demnächst eröffnet werden. Gegen zwei ehemalige honduranische Minister laufen zudem Verfahren im Zusammenhang mit der illegalen Genehmigung des Projektes Agua Zarca.

Die FMO betont in ihrer Mitteilung allerdings, dass der Ausstieg nicht mit der Desa oder der Legalität des Projektes zu tun habe, sondern nur der Minderung von "Spannungen" auf nationaler und internationaler Ebene dienen solle. Ein weiterer Geldgeber, die zentralamerikanische Bank für wirtschaftliche Integration (BCIE), hat ihren Vertrag mit der Desa bisher nicht aufgehoben. Laut FMO hätten die beiden Banken nun für einen Alleingang optiert, da eine Einigung über einen gemeinsamen Ausstieg innerhalb eines "vernünftigen Zeitraumes" nicht möglich gewesen sei. Die FMO setze sich für einen "Dialogprozess" in den betroffenen Gemeinden ein.

Transparent mit Bildnis von Berta Cáceres: "Wir fordern den sofortigen Stopp des 
COPINH allerdings lehnt diesen Dialog ab. Die Organisation wirft beiden Banken vor, Gewalt und Straflosigkeit zu fördern, indem sie die Verantwortung der Desa für die Morde und Menschenrechts-verletzungen bewusst verschleierten. COPINH und Vertreter der Gemeinden haben die FMO und ihren Gutachter vor Ort über die Ablehnung eines Dialoges und die Gründe dafür informiert, seien aber ignoriert worden.

Das deutsche Unternehmen Voith Hydro, ein Joint-Venture von Siemens, ist Vertragspartner von Desa und war unter anderem für die Lieferung der Turbinen verantwortlich. Lars Rosumek, Pressesprecher von Voith Hydro, äußerte sich gegenüber dem Solidaritätsnetzwerk "Hondurasdelegation": "Voith Hydro wird an dieses Projekt nicht liefern, daran hat sich nichts geändert." Dies sei die Konsequenz aus den Morden vor Ort. Dass ein Prozess wegen Mordverdachtes gegen zwei ehemalige Desa-Mitarbeiter laufe, sei dafür Grund genug, so Rosumek. Voith hatte im Mai 2016 einen Lieferstopp angekündigt, nachdem auch der COPINH-Aktivist Nelson Garcia ermordet wurde und die Proteste wegen der Ermordung von Cáceres international immer höhere Wellen schlugen.

Die Angriffe auf COPINH halten derweil an. Erst am 30. Juni wurden Bertha Zúniga Càceres, Tochter der ermordeten Umweltaktivistin, Sotero Chavarría und Asunción Martínez, Mitglieder der Koordination von COPINH, von vier Unbekannten mit Macheten angegriffen. Die drei entkamen der Attacke unverletzt. Zúniga Cáceres wurde im Mai dieses Jahres als neue Koordinatorin von COPINH gewählt.

Freitag, 7. Juli 2017

Pressemitteilung OXFAM - Wasserkraftwerk Agua Zarca

Oxfam: Rückzug aus Agua Zarca ist überfälliger Schritt - jetzt müssen Siemens und Voith nachziehen

Die Banken FMO und Finnfund ziehen ihre Beteiligung an dem umstrittenen Wasserkraftwerk zurück.