Montag, 29. Juni 2020

Covid-19: Keine Hafterleichterungen für Aktivisten in Honduras

Seit neun Monaten sind acht Aktivisten ohne Prozess in Haft. Bundestagsabgeordnete fordern Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards

von npla, FDCL, poonal, in: amerika21, vom 29.06.2020

Tegucigalpa. Die Regierung von Honduras nutzt nach Auffassung von Menschenrechtsgruppen den Ausnahmezustand, um die Rechte von Aktivisten auszuhebeln.

Aufgrund der Corona-Pandemie hat die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet weltweit dazu aufgefordert, besonders gefährdete Inhaftierte und solche mit geringen Haftstrafen vorzeitig zu entlassen. Die honduranischen Behörden haben schon damit begonnen. Doch wer tatsächlich vorzeitig aus dem Gefängnis darf, ist fraglich. Denn Umweltaktivisten sitzen in Honduras weiter ohne rechtliche Begründung in U-Haft – und gerade ihre Gegner könnten von den Hafterleichterungen profitieren. 
"Sie sind keine Verbrecher, sie sind Verteidiger der Umwelt": Kundgebung für die Freilassung der acht Umwelaktivisten.
Einzelne Gruppen sind durch das Corona-Virus besonderen Risiken ausgesetzt, darunter auch Gefangene. Aufgrund von Platzmangel können sie in vielen Ländern nicht den nötigen Sicherheitsabstand einhalten, außerdem müssen sie häufig unter äußerst prekären hygienischen Bedingungen leben. Bereits im März hatte sich deshalb Bachelet mit einem dringenden Appell an die Staatschefs dieser Welt gewandt: "Die Regierungen müssen Wege finden, um besonders gefährdete Häftlinge zu entlassen, zum Beispiel wenn sie krank oder besonders alt sind." Auch Inhaftierte mit geringen Haftstrafen und politische Gefangene sollten nach Möglichkeit entlassen werden.

Der Appell ist in Honduras zumindest zum Teil auf offene Ohren gestoßen. Doch während Inhaftierte wie Teodoro Bonilla, der wegen Korruption verurteilte frühere Vizepräsident des Nationalen Rats der honduranischen Richterschaft, freigelassen wurden, sitzen Umweltaktivisten, die den Guapinol-Fluss im Norden des Landes verteidigen, noch immer in Untersuchungshaft.

Denn die honduranischen Behörden sehen die acht Männer als Kriminelle, die die wirtschaftliche Entwicklung des Landes behindern. Ihnen wird schwere Brandstiftung sowie Entführung des Mitarbeiters eines Sicherheitsunternehmens vorgeworfen. Sie selbst weisen die Anschuldigungen zurück. Für ihre Unterstützer sind sie Aktivisten, die kriminalisiert werden, weil sie grundsätzliche Rechte wie das Recht auf Wasser und eine intakte Umwelt verteidigen. Seit Jahren protestieren sie gegen den Bau einer Eisenoxid-Mine nahe der Gemeinde Guapinol, wo es schon während der Vorarbeiten zur Verschmutzung der lokalen Flüsse gekommen sei. Nachdem sie im August vergangenen Jahres freiwillig den Kontakt zu den Justizbehörden gesucht hatten, um die gegen sie erhobenen Vorwürfe aus der Welt zu räumen, wurden sie überraschend in Haft gebracht.

Dabei sei es zu zahlreichen Unregelmäßigkeiten gekommen, so Edy Tábora, der Anwalt der Aktivisten: "Zum einen wurde der Fall von einem Gericht für organisierte Kriminalität verhandelt, das für solche Straftaten gar nicht zuständig ist. Zum anderen hätte die Richterin schon in der ersten Anhörung erklären müssen, warum sie die Beschuldigten in Untersuchungshaft nimmt, doch das hat sie nicht getan."

Alle Bemühungen des Anwalts, sie aus der Haft freizubekommen, blieben bislang ohne Erfolg. Dabei sei es gerade jetzt in der Corona-Krise besonders wichtig, dass die Behörden schnell handelten und die acht Aktivisten aus der Untersuchungshaft entließen, so Tábora. Schließlich seien deren Haftbedingungen äußerst prekär. "Die Inhaftierten sind auf die Hilfe ihrer Familien angewiesen, wenn es um die Versorgung mit Essen, Medikamenten und Wasser geht", erklärte der Anwalt. Doch aufgrund des Coronavirus sind Gefängnisbesuche schon seit Wochen nicht mehr möglich.

In einem Brief haben sich nun auch drei Bundestagsabgeordnete von der Linkspartei und den Grünen an das Menschenrechtssekretariat der honduranischen Regierung sowie den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs und die Mitglieder des Berufungsgerichts gewandt. Darin kritisieren sie, die Untersuchungshaft sei eine willkürliche Maßnahme, die weder internationalen Menschenrechtsstandards noch dem Recht auf einen fairen Prozess entspreche. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Gesundheitskrise aufgrund von Covid-19 sind die Aktivisten im Strafvollzug besonderen Risiken ausgesetzt. Daher ist es dringlichst geboten, die Unterbringung in Untersuchungshaft durch alternative Maßnahmen zu ersetzen", heißt es in dem Schreiben.

Die Lage von Menschenrechtsaktivisten ist in Honduras besonders kritisch: Nach Angaben der internationalen Nichtregierungsorganisation Global Witness wurden allein zwischen 2010 und 2017 mehr als 120 ermordet. Die Prominenteste von ihnen war Berta Cáceres, die Gründerin und Koordinatorin der Indigenen-Organisation COPINH. Die international bekannte Umweltaktivistin hatte unter anderem gegen die Errichtung des Wasserkraftwerks Agua Zarca gekämpft, das die Lebensgrundlagen des indigenen Lenca-Volkes bedroht. Wegen ihres Engagements wurde sie im März 2016 ermordet. Erst Ende vergangenen Jahres wurden deshalb sieben Männer zu langen Haftstrafen verurteilt.

In einer aktuellen Stellungnahme übt COPINH scharfe Kritik an möglichen Plänen der Behörden, zwei der wegen des Mordes an Cáceres verurteilte Männer aufgrund der Corona-Krise freizulassen. Die Organisation will erfahren haben, dass die Anwälte der beiden Männer deren Freilassung „aus gesundheitlichen Gründen“ gefordert hätten. Inwieweit die Behörden diesen Forderungen nachkommen, ist nicht klar.

Doch die Erfahrung der vergangenen Wochen zeigt, dass die Regierung im Windschatten der Corona-Krise zahlreiche Dekrete verabschiedet, die die Sicherheit von Aktivisten zusätzlich gefährdet. So wurde beispielsweise das Recht auf Unverletzlichkeit des eigenen Wohnraums während der Krise ausgesetzt – staatliche Sicherheitskräfte können nun auch ohne richterlichen Beschluss in Privatwohnungen eindringen.

Sonntag, 28. Juni 2020

11 Jahre Widerstand in Honduras

in Solidarität mit den sozialen Bewegungen in Honduras!




Am 28. Juni 2009 wurde der damalige Präsident Zelaya gestürzt und außer Landes gebracht. Für Honduras markiert dieses Datum eine Zäsur und für ganz Lateinamerika leitete es einen Rechtsschwenk ein.

In dem solidarischen Radiobeitrag des Kollektivs Cadeho und der Hondurasdelegation wird die deutsche Politik bezüglich des Putsches und Honduras beleuchtet.

Demo gegen den Putsch in Honduras, Foto: Cadeho

Samstag, 27. Juni 2020

Un compás, que acompaña - Ein Rhythmus, der dich begleitet

Online-Konzert von Karla Lara (Gesang) und José Antonio Velásquez (Piano)

Die honduranische Musikerin und Aktivistin Karla Lara und ihr kongenialer Pianist José Antonio Velásquez (Piano) kreieren im Studio in Tegucigalpa einen Rhythmus, einen Takt und Kompass, der uns in Zeiten von COVID19 rund um die Welt begleitet: Erstklassiger, poetischer Trova-Sound - Karla Lara-typisch kombiniert mit einem hochpolitischen Diskurs, der klar sagt, was Sache ist, in Zeiten der neokolonialen Hyperausbeutung, von Rassismus und Patriarchat. Mit Beiträgen der autonomen feministischen Organisation CDM, von COPINH (Rat der zivilgesellschaftlichen und indigenen Organisationen von Honduras) und OFRANEH (Geschwisterliche Schwarze Organisation in Honduras).






Samstag, 27. Juni und Samstag, 4.Juli 2020, jeweils 19 Uhr auf youtube:
https://www.youtube.com/channel/UCE5IaIYtXPHqdW0e5q5m9Dw?view_as=subscriber

HondurasDelegation und Ökubüro München unterstützen das Konzert und Karla Laras rebellischen Aufruf, Alternativen zum herrschenden System zu konstruieren. Leider geht es nicht ganz ohne Geld und das ist in Honduras in der Corona-Krise für Künstler*innen knapper denn je.

Deshalb bitten wir alle, die Karlas und José Antonios Arbeit schätzen und das Konzert hören, um einen finanziellen Beitrag, den wir weiterleiten (wie immer steuerlich absetzbar):

SPENDENKONTO:
Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V.
Stadtsparkasse München
IBAN: DE65 7015 0000 0056 1762 58
Zweck: Spende Compás Kara Lara

online spenden




Montag, 22. Juni 2020

Veranstaltungshinweis: The Human Rights Crisis of Covid-19 + Prisons in Honduras

organisiert von: UUSC: Unitarian Universalist Service Committee

<https://www.facebook.com/uusc4all/>

Freitag, 26. Juni 2020 von 14:30 bis 16:00

(Texto en español más abajo)
Foto: Wasser-Aktivist*innen Guapinol
 Join us for a discussion on the human rights challenges of the COVID-19 pandemic in Honduras, the humanitarian crisis in the country’s prison system, and an update on the current situation of the unjustly detained Guapinol water activists. Our panel will include Jennifer Ávila, award winning journalist and director of Contra Corriente; Yolanda González, researcher at ERIC SJ/Radio Progreso; and Juan López, Guapinol activist and member of FSAR and Comité Municipal en Defensa de los Bienes Públicos y Comunes de Tocoa. UUSC members will have the opportunity to ask questions during the discussion moderated by Amelia Frank-Vitale from the University of Michigan Ann Arbor and facilitated by UUSC researcher Leonardo Valenzuela Pérez.

This event will be offered in Spanish, simultaneous English interpretation will be provided. Register at bit.ly/uusc20honduras.
***
Acompáñenos en nuestro evento sobre los desafíos que la pandemia del COVID-19 ha planteado en términos de derechos humanos para Honduras, la crisis humanitaria en el sistema penitenciario del país y una actualización sobre la situación actual de los activistas de Guapinol detenidos injustamente en la cárcel de Olancho. Nuestro panel incluirá a Jennifer Ávila, Directora de Contra Corriente; Yolanda González, Investigadora de ERIC SJ / Radio Progreso; y Juan López, activista de Guapinol y miembro de FSAR y del Comité Municipal en Defensa de los Bienes Públicos y Comunes de Tocoa. Las y los participantes tendrán la oportunidad de hacer preguntas durante la discusión moderada por Amelia Frank-Vitale de la Universidad de Michigan Ann Arbor y facilitada por el investigador de UUSC Leonardo Valenzuela Pérez.

Este evento será transmitido en español, ofreceremos traducción simultánea al inglés. Regístrese en bit.ly/uusc20honduras.

Widerstand in COVID19-Zeiten: Online-Gespräch und Musik mit Karla Lara aus Honduras

Stattpark Olga und Ökubüro München laden herzlich ein zum Digitalen Platzcafé

*am Donnerstag, 25. Juni, 21 - 22:30 Uhr*

Honduras ist eines der gefährlichsten Länder weltweit für Umweltaktivist*innen, die Feminizid-Rate ist eine der höchsten in der gesamten Region.

Hinter einer demokratischen Fassade herrscht, gestützt von der US-Regierung, ein nationaler Sicherheitsrat. Staat, Wirtschaft und organisiertes Verbrechen sind eng miteinander verwoben. Inmitten dieses Szenarios und jetzt auch noch unter den besonders repressiven Bedingungen der COVID19-, Dengue- und Hungerkrise kämpfen die sozialen Bewegungen weiter.


Karla Lara mit Miriam Miranda und Garifuna-Musikerinnen am 8.März 2020. Foto: Giorgio Trucchi
Die Musikerin Karla Lara ist Teil dieser Kämpfe: „Wir singen all die Leben, die Träume und Aktionen, die jetzt schon beweisen, dass wir anders leben wollen. Wir konstruieren eine parallele Macht zur herrschenden Politik. Wir denken uns als originäre Gemeinschaften neu, wir erkennen, dass wir Wurzeln haben, eine Geschichte, die brutal abgeschnitten wurde und die wir jetzt anfangen, neu zu verstehen. Da liegt unsere Macht. Und wir sind dabei, sie aufzubauen.“
Karla Lara singt und berichtet uns live über die aktuelle Situation und die Strategien organisierter kleinbäuerlicher und afroindigener Gemeinden, der COVID-19-Krise zu trotzen und dabei autonome, solidarische Strukturen aufzubauen.

 
Sprache: Spanisch mit deutscher Übersetzung
Zutritt zum Digitalen Platzcafé am 25. Juni direkt via http://olga089.blogsport.de/
Dort gibt es auch die entsprechenden Instruktionen zu Browsern und weiteren technischen Details. Bitte vorher kurz durchlesen und beachten.

Samstag, 13. Juni 2020

Zwischen kollabiertem Gesundheitssystem und "intelligenter Wiederöffnung" der Wirtschaft

Lockdown traf viele Honduraner hart. Zahl der Covid-19-Neuinfektion weiterhin stark ansteigend

Dienstag, 9. Juni 2020

Online-Seminar der HondurasDelegation


Vallecito – Ort des Kampfes und der Hoffnung

Miriam Miranda (OFRANEH) berichtet über die aktuellen Kämpfe der afro-indigenen Garífuna

Dienstag, 16. Juni 2020, 19 – 20:30 Uhr 

Miriam Miranda, Koordinatorin OFRANEH
Die afro-indigenen Garífuna in Honduras sind seit 1978 organisiert. Ihre Organisation OFRANEH unterstützt die Gemeinden unermüdlich im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen, Landraub, Rassismus und Korruption. Denn das Gebiet, das die Garífuna bewohnen, ist von Staat und Unternehmen heiß begehrt. Die Atlantikküste von Honduras ist attraktiv für Tourismusprojekte, Sonderentwicklungszonen (sogenannte Modellstädte) und für die Agrarindustrie.

Miriam Miranda ist Koordinatorin von OFRANEH und setzt sich mit ihrer Organisation seit 30 Jahren für die Rechte der Garífuna ein. Und sie arbeitet gemeinsam mit ihren Mitstreiter*innen an der Verwirklichung einer Vision vieler Garífuna: Inmitten von Ölpalmplantagen bauen sie die autonome und selbst verwaltete Gemeinde Vallecito auf und pflanzen dort Kokospalmen. „Die Arbeit in Vallecito ist eine konkrete Strategie, unser Territorium zu verteidigen und zum Erhalt der Kultur der Garífuna beizutragen“, sagt Miriam Miranda.