Washington. Seit langem angedroht und nun Realität: Zehntausende Honduraner
verlieren ihren vorübergehenden Schutzstatus (Temporary Protected Status, TPS) in den USA. Laut der
Bekanntgabe
von US-Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen vom 4. Mai haben die
rund 57.000 Betroffenen nun 18 Monate Zeit das Land freiwillig zu
verlassen. Andernfalls droht ihnen danach die Abschiebung in ihr
Herkunftsland. Viele der Betroffenen leben bereits seit Jahren in den
USA und haben dort eine feste Arbeitsstelle und Familien.
Das TPS-Programm
erlaubte
Menschen in den USA zu leben und zu arbeiten, wenn sie aus von schweren
Krisen betroffenen Ländern kommen. Honduras fiel darunter, als 1998
Hurrikan Mitch das Land verwüstete und in seiner Entwicklung extrem
zurückwarf. Nielsen argumentiert nun, dass die aktuellen Voraussetzungen
in Honduras die Aufhebung des Schutzstatus' erlauben. Damit bezieht sie
sich auf die Folgen des Hurrikans, ignoriert jedoch die politische
Instabilität und steigende Kriminalität im Land.
Mit dem von den USA
geduldeten Putsch
gegen den demokratisch gewählten fortschrittlichen Präsidenten Manuel
Zelaya im Jahr 2009 begann eine politische Abwärtsspirale und stürzte
das Land in eine tiefe Krise. Gerade die Präsidentschaftswahlen im
vergangenen November offenbarten dies wieder deutlich: der alte und nun
wieder eingesetzte Präsident Juan Orlando Hernández konnte sein Amt wohl
nur durch Wahlbetrug halten. Anhaltende Proteste und massive Repression
sind die Folge. Dazu kommen Korruption auf Regierungsebene,
florierender Drogenhandel und damit verbunden die drastische Zunahme von
Bandenkriminalität. Verfolgung, Einschüchterungen und Morde an
Aktivisten sozialer Bewegungen, Menschenrechtsverteidigern und
Journalisten und eine weitgehende Straflosigkeit sind an der
Tagesordnung. Jüngstes Beispiel ist die Ermordung des
Menschenrechtsanwalts Carlos Hernández am 4. April.
Nach dem Global Peace Index 2017
zählt
Honduras mit zu den unsichersten Ländern der Welt und wurde 2016
innerhalb eines unabhängigen Rechtsstaatlichkeitsindexes neben El
Salvador als eine der tödlichsten Regionen außerhalb von
Konfliktgebieten
eingestuft, Auch das scheinen für die US-Regierung keine Gründe zur Aufrechterhaltung des TPS zu sein.
Die schwierige Lage schlägt sich auch im Anstieg der Asylanträge nieder. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen
versuchten allein im Jahr 2016 rund 19.500 Honduraner in den USA Asyl zu bekommen.
Die Regierung von Honduras
bedauerte
indes die Entscheidung Washingtons und kündigte eine diplomatische
Offensive an, um den Aufenthaltsstatus der betroffenen Honduraner zu
regulieren. Migrantenorganisationen wie das Centro Presente in Boston
halten
es jedoch für äußerst schwierig, Alternativen für die Regulierung des
Aufenthaltsstatus zu finden und sehen den Beschluss als Teil eines
Planes zur weiteren Kriminalisierung von Migranten in den USA. Parteien
der honduranischen Opposition forderten im Kongress Konsequenzen und
sprachen sich unter anderem im Gegenzug für die Schließung von
US-Militärbasen in Honduras aus.
In den USA leben mehr als 1,1 Millionen honduranische Migranten, die
jährlich mehr als 4,2 Milliarden US-Dollar an ihre Familien senden. Das
macht fast ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes von Honduras aus.
National wie auch international
war
das TPS anerkannt. Selbst unter dem ehemaligen republikanischen
Präsidenten George W. Bush wurden jährlich 100.000 Geflüchtete
aufgenommen, unter Barack Obama waren es 110.000. Entgegen aller
Proteste ist Präsident Donald Trump bestrebt, die Flüchtlingszahl auf
45.000 zu begrenzen. Damit werde die Anzahl der Zulassungen auf den
Stand der 1980er-Jahre zurückgehen, kritisierte Amnesty International.
Unbeirrt von jeglicher Kritik
kündigte Trump bereits den Schutzstatus für Menschen aus El Salvador, Haiti, Nepal, Nicaragua und Sudan auf. Zudem
versucht
er, das 2012 von Obama initiierte Deferred Action for Childhood
Arrivals-Programm aufzulösen, das bestimmte illegale Einwanderer, die
bereits als Minderjährige in die USA gekommen waren, für zwei Jahre vor
einer Abschiebung schützt und ihnen den Zugang zu einer Arbeitserlaubnis
ermöglicht. Dies konnte bisher von Gerichten erfolgreich verhindert
werden. Dagegen gelang ihm die Einstellung des Central American Minors
Programms, das von Gewalt und Bandenkriminalität bedrohten Jugendlichen
die Chance gab, zu legal in den USA lebenden Verwandten reisen zu
können.
Nach offiziellen Angaben sind etwa 425.000 Menschen aus Ländern
Lateinamerikas, Afrikas und Asiens vom Ende der Schutzprogramme
betroffen.