Lehrer protestieren. Regierung beteuert Demokratisierung und will Schüler und Eltern einbinden. Arme Regionen könnten vernachlässigt werden
Von Magdalena Heuwieser, amerika21.de
Tegucigalpa. Trotz massiver Proteste von Lehrern in den vergangenen Monaten ist in Honduras eine umfassende Bildungsreform verabschiedet worden. Sie bedeutet einen Schritt in Richtung Privatisierung. Das neue Bildungsgesetz (Ley Fundamental de Educación) wurde auf Anraten internationaler Institutionen wie dem IWF im Laufe des vergangenen Jahres ausgearbeitet. In diesem Jahr soll es schrittweise umgesetzt werden. Es ersetzt ein Gesetz aus dem Jahre 1966.
Die Reform führt obligatorische Universitätstitel der Lehrer ein und es ist geplant, sowohl die Zahl an Bildungseinrichtungen sowie der Lehrenden aufzustocken. Die Schule soll bis zum 17. Lebensjahr verpflichtend und kostenlos sein, auch Hochschulbildung wird erleichtert. Der umstrittene Teil der Reform dreht sich vor allem um die Dezentralisierung der Verwaltung.
Die Eröffnung neuer Einrichtungen, die Einstellung und Bezahlung von Lehrern sowie weitere Aufgaben sollen die Gemeinden und Verwaltungsbezirke regeln. Eltern, sogenannte Autoritätspersonen, Geistliche und lokale Körperschaften sowie wohl auch private Unternehmen können sich künftig an den lokalen Bildungskommittees (Comités Municipales de Desarrollo Educativo COMDE) beteiligen.
Während von Regierungsebene gute Absichten wie die Demokratisierung und stärkere Einbindung von Eltern und Schüler in den Bildungsapparat beteuert werden, bedeutet sie laut den Kritikern gleichzeitig einen wichtigen Schritt in Richtung Privatisierung der Bildung. Edwin Oliva, Leiter einer Lehrer-Gewerkschaft, kritisiert die Reform, welche Bildung zur Ware mache: "Bildung kann nicht nur als Dienstleistung gesehen werden, sie ist ein fundamentales Recht der Bevölkerung."
Zudem befürchten die Kritiker, dass Bildungseinrichtungen in ärmeren Regionen vernachlässigt werden, da diese insgesamt weniger Geld für öffentliche Ausgaben hätten. Durch die Dezentralisierung der Verwaltung soll zudem dem Streit mit den Lehrer-Gewerkschaften ein Ende gesetzt werden. Nach dem Putsch vom 28. Juni 2009 waren zur Finanzierung der Staatsausgaben hohe Geldbeträge aus dem Rentenfonds der Lehrer entwendet worden, in welchen diese jahrzehntelang eingezahlt hatten. Die Regierung will mit dem Gesetz offenbar eine Rückzahlung der Gelder umgehen.
Ein Mittelschuldirektor sagt gegenüber amerika21.de: "Mittels eines Dekrets haben sie nun einfach beschlossen, die Schulden von 79.000.000 Lempiras (über drei Millionen Euros), die 50.000 Lehrer innerhalb von 50 Jahren gespart haben, nicht zurückzuzahlen." Ihm wurde zusammen mit 300 anderen Lehrern nach dem Putsch als Strafe für die Proteste für mehrere Monate die Ausübung seines Berufes und die Bezahlung verweigert.
Ein nicht unbedeutendes Ziel der Reform ist, die Lehrer-Gewerkschaften (Magisterios) zu schwächen. Diese stellten nach dem Putsch innerhalb der Widerstandsbewegung eine wichtige Kraft dar und haben weiterhin großes Mobilisierungspotential. Die Betroffenen kritisieren, sie wären kaum in die Ausarbeitung der Reform eingebunden gewesen. Das Gesetz enthält mehrfache Einschränkungen des bisherigen Spielraums der Lehrer und ihrer Gewerkschaften. Wer streikt, kann künftig seinen Arbeitsplatz verlieren.