Im Landkreis Arizona soll durch das Unternehmen INGELSA ein illegales Wasserkraftwerk errichtet werden. Die betroffene Bevölkerung hat sich mehrheitlich gegen dieses Projekt ausgesprochen.
Unter diesem link finden Sie den
Originaltext des Briefes - Sie können den Brief an die Interamerikanische
Entwicklungsbank (BID) unterstützen und unterzeichnen!
Übersetzung: HondurasDelegation
Wasser ist ein Recht. Keine Ware. Jilamito widersteht. Foto: MADJ |
San Pedro Sula, Cortés, Juli 2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Interamerikanischen Entwicklungsbank/ IDB
der Internationalen Entwicklungsfinanzierungs-Corporation/DFC,
und der Monkey Forest Consulting
wir grüßen Sie seitens der „Breiten Bewegung für Würde und Gerechtigkeit“ (MADJ), einer sozialen und politischen Organisation in Honduras, in der sich verschiedene ländliche, städtische und indigene Gemeinden organisieren. Männer und Frauen, die sich für Würde und Gerechtigkeit, den Kampf gegen Korruption und Straflosigkeit, die Verteidigung von natürlichen Gemeingütern, Menschenrechte und die Rechte der indigenen Völker einsetzen.
Seit unserer Gründung im Jahr 2008 arbeiten wir unermüdlich gegen Straflosigkeit und das illegale Handeln staatlicher Institutionen, das aktuell durch die kriminelle Dynamik der Rohstoffunternehmen, die sich der Plünderung unserer natürlichen Reichtümer verschrieben haben noch verstärkt.
Im Landkreis Arizona, Atlántida, stellten sich im Zusammenhang mit dem Wasserkraftprojekt Jilamito mehrere sogenannte Berater*innen, einschließlich der Beraterin Rebecca Reiber von der Firma Monkey Forest Consulting vor, um sich mit dem Bürgermeister und der Landkreisverwaltung zu treffen. Das Wasserkraftprojekt Jilamito (PHJ) befindet sich im Besitz der kommerziellen Gesellschaft Inversiones de Generación Electricas Sociedad Anónima de Capital Variable (INGELSA).
Diese Berater*innen haben sich ausschließlich mit ausgewählten Personen getroffen, die mit dem Wasserkraftprojekt in Verbindung stehen und vermieden eine Versammlung mit den Bewohner*innen und den organisierten sozialen Sektoren der 16 Gemeinden der Einflusszone des Projekts. Ihre Erfahrungen bezüglich der schweren sozio-ökologischen Auswirkungen, die das PHJ für sie gebracht hat, wurden weder angehört noch dokumentiert. Ebenso wenig wie ihre Entscheidung, das Wasser des Jilamito-Flusses ausschließlich für den menschlichen Verbrauch zu nutzen und jegliche Art von kommerzieller Nutzung, einschließlich der Nutzung von Wasserkraft, abzulehnen.
Das Wasserkraftprojekt am Jilamito-Fluss gehört zu einer Gruppe von Projekten, die 2009 an dem durch das Nationale Energieunternehmen (ENEE) geförderte internationale Ausschreibungsverfahren teilnahmen und von der Auswahlkommission für technisch und wirtschaftlich unrentabel erklärt wurde. Dies betraf auch andere Projekten wie das der Sociedad Mercantil Mesoamericana S.A. (SEMSA) in der Gemeinde von Mezapa, das von der gleichen Unternehmergruppe entwickelt wurde. Nach Ablehnung beider Projekte wurden in betrügerischer Weise dennoch Verträge mit dem Staat abgeschlossen und versucht gegen die Interessen der öffentlichen Verwaltung vorzugehen.
Diese Verträge sind der Beginn eines von korrupten Praktiken geprägtes Verfahren zwischen dem Unternehmen INGELSA und honduranischen Staatsbeamten, eine Praktik, die sich bis heute fortsetzt. Dies schließt auch die Umweltlizenz ein, die 2013 erteilt wurde, ohne die Gemeinden über die negativen Auswirkungen des Projektes auf ihr Recht auf Wasser und eine gesunde Umwelt zu informieren und sie aktiv zu beteiligen.
Diese korrupten Praktiken wurden erneut 2015 deutlich, als wir, die in der „Breiten Bewegung für Würde und Gerechtigkeit“ (MADJ) organisierten Gemeinden, den Autoritäten des Landkreises Arizona gegenüber unsere Ablehnung des PHJ klar machten und die Einberufung einer offenen Diskussions- und Abstimmungsversammlung [cabildo abierto] forderten. Sowohl vor als auch nach der Einberufung der Versammlung vom 20. November 2015 fanden offensichtlich mehrere korrupte Aktivitäten statt, um das Ergebnis zu Gunsten des Unternehmens zu manipulieren. Aufgrund dieser Vorgehensweise haben wir Anzeigen gegen den damaligen Bürgermeister, Adolfo Alfonso Paguada Saybe, erhoben.
Auf dieser Versammlung haben wir von der Landkreisverwaltung gefordert, dem Unternehmen INGELSA KEINE ERLAUBNIS für den Bau des Wasserkraftprojektes PHJ zu erteilen und den Landkreis Arizona zu einem wasserproduzierendem Gebiet zu erklären, frei von Bergbau- und Wasserkraftprojekten, die ausschließlich dem menschlichen Gebrauch dient. Diese Entscheidung wurde am 24. März 2019 durch eine neu einberufene offene Gemeindeversammlung ratifiziert. Im Februar diesen Jahres wurde auf kommunaler Ebene eine Bürgerkommission (Mecanismo Comunitario) zur Umsetzung der gemeinschaftlichen Erklärungen eingerichtet, mit der wir unsere Entscheidung verdeutlicht haben, weder unseren Fluss noch unser Territorium für den Bau und den Betrieb von Bergbauprojekten an Unternehmen abzutreten.
Vor diesem Hintergrund fragen wir Sie: Was müssen Sie noch wissen, um unsere seit 2015 getroffene und im vergangenen Jahr vom höchsten Entscheidungsgremium für das Leben unserer Gemeinden ratifizierte Entscheidung ZU RESPEKTIEREN? Wo finden sich die beschriebenen Missionen und Visionen Ihrer jeweiligen Institutionen wieder, die eindringlich von umweltfreundlicher nachhaltiger Entwicklung, von sozialer Verantwortung, Einhaltung internationaler Standards, der Unterstützung von Projekten ohne Schaden für die Gemeinden sprechen? Sie stellen trotz unserer Entscheidung weiterhin Ihr Geld zur Verfügung, vermitteln, entsenden Berater*innen und Vereinbarungen mit Gruppen treffen, die nicht legitimiert sind, um unsere Interessen zu vertreten?
Erwähnenswert ist der Bericht der Arbeitsgruppe „Wirtschaft und Menschenrechte“, der im Mai dieses Jahres auf der 44. Sitzung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen veröffentlicht wurde. Dort heißt es, dass „der systematische Mangel an Transparenz und maßgeblicher Beteiligung der betroffenen Gemeinden an Entscheidungen über Entwicklungsprojekte, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen, sowie in den Bereichen Energie und Agroindustrie, eine der Hauptursachen für die meisten sozialen Konflikte ist.“ Darüber hinaus mahnte die Arbeitsgruppe, dass „Straffreiheit und Korruption das Vertrauen in die öffentlichen Behörden und ihre Fähigkeit, die betroffenen Gemeinden vor geschäftsbedingten Menschenrechtsverletzungen zu schützen, untergraben haben".
Ihnen ist bekannt, dass INGELSA nicht über die Genehmigungen für den Bau ihres Projekts verfügt. Das hat sowohl mit unserer Entscheidung den Fluss und die Lebensräume dauerhaft zu verteidigen, als auch der geschaffenen Bürgerkommission zu tun, die über die Erfüllung und Einhaltung unserer Erklärung wacht. Dazu kommt die Errichtung unseres Protestcamps zur Verteidigung des Flusses Jilamito am 15. Mai 2017.
Sie sollten wissen dass, wir seit 3 Jahren das Protestcamp aufrechterhalten, die ist auch Ihrem Gegenüber bekannt, das Unternehmen INGELSA, das Sie unterstützen und in das Sie investieren. Ihnen sollte auch bekannt sein, dass dieses Unternehmen infolge unserer legitimen Ausübung des Rechts auf die Verteidigung des Wassers, gegen fünf führende Gemeindevertreter einen Kriminalisierungsprozess anstrengt. Unter ihnen der derzeitige Bürgermeister von Arizona, mit dem sie sich nun treffen wollen, um ihm mitzuteilen, dass sich INGELSA für das Projekt harmonische und friedliche Beziehungen wünscht. Von welcher Art von Dialog sprechen sie, wenn sie Gewalt als Instrument zur Sicherung ihrer Investitionen und Interessen einsetzen?
Der Bürgermeister, mit dem sie nun einen Dialog führen und damit die Gemeinden übergehen wollen, ist derselbe, gegen den Mitarbeiter von INGELSA 2017 einen Mord geplant hatten, weil er die gemeinschaftliche Erklärung unterstützte, dass der Fluss Jilamito Wasser nur für den menschlichen Verbrauch sei. Mit einer öffentlichen Anzeige gegen dieses Komplotts, das durch den ersten Ingenieure des Wasserkraftprojektes, Hegel Ernesto Velázquez Mendoza und dem Arbeiter Carlos Omar Escalante Monge geplant wurde, antwortete INGELSA mit einer sofortigen Klage, um die Anzeige sofort zu diskreditieren. Escalante Monge floh aus dem Land. Am 29. Juli 2019 wurde der Bürgermeister Arnoldo Chacón von der ungerechtfertigten Verleumdungsklage freigesprochen, da man davon ausgeht, dass seine öffentliche Anzeige zum Komplott zu seiner Ermordung auf wahren Fakten beruhte.
SEMSA damals, und heute INGELSA, stehen für uns für dasselbe, sie sind Synonym und Praxis von Korruption, Straffreiheit, Illegalität, Gewalt und Tod. Wir sind nicht an ihrem Kapital, ihrem vermeintlichen Nutzen, ihrer vermeintlichen Entwicklung interessiert. Wir entwickeln unsere Gemeinden selbst durch das angelaufene kommunale Trinkwasserprojekt aus dem Jilamito-Fluss für den menschlichen Verbrauch selbst. Damit verwirklichen wir das Recht auf Wasser und freuen uns nicht die Taschen krimineller Unternehmen zu füllen.
Ihr Verhalten als Finanziers und Vermittler für den Bau dieses Projekts ist kein Akt von Naivität. Diese Unternehmen sind bereit sind alles zu tun, um ihr Kapital zu schützen. Ihr Geld ist mit unschuldigem Blut befleckt und ist Teil der Fäulnis und Manipulation der Justiz unseres Landes. Sie (die hnd. Unternehmen) sind direkt verantwortlich für die Verfolgung, Einschüchterung, Angriffe und Morde an sozialen und Gemeindeführern und alles, was ein Hindernis für ihre Ansprüche darstellt, wie sie es bei COPINH und Berta Cáceres getan haben.
Ein Akt der Mindestverantwortung ihrerseits würde darin bestehen, zu ihren vermeintlichen Prinzipien als Instanzen, zu ihren Visionen und Missionen zurückzukehren, nach Kohärenz zu suchen und den Anspruch aufzugeben, das Gesicht dieser kriminellen Unternehmen zu beschönigen, die dem Leben, der Würde und der Gerechtigkeit widersprechen. Aus all diesen Gründen ersuchen wir Sie ausdrücklich darum:
1. Unsere souveräne und legitime Entscheidung der Bevölkerung von Arizona zu respektieren, die in der öffentlichen Gemeindeversammlung getroffen wurde.
2. Respektieren Sie unsere Menschenrechte als Gemeinden von Arizona, die Rechte auf Gesundheit, auf eine gesunde Umwelt, auf Wasser, auf persönliche Integrität und auf Würde und kollektive Rechte.
3. Respektieren Sie die Entschlossenheit der Bevölkerung und der lokalen Regierung von Arizona, das Wasser des Jilamito-Flusses für ein Projekt bereitzustellen, das die Mehrheit der Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen wird.
4. Verzichten Sie auf die Finanzierung des Jilamito-Wasserkraftprojekts, das die Firma INGELSA mit Gewalt durchsetzen will.
5. Betrachten Sie unsere Bereitschaft zum Dialog, um alle Zweifel hinsichtlich der Haltung auszuräumen, die darin besteht, die Nutzung des Wassers aus dem Jilamito-Fluss nicht für kommerzielle Zwecke, sondern ausschließlich für den menschlichen Gebrauch zuzulassen.
Wenn unsere Argumente Sie nicht überzeugen und Sie beschließen, INGELSA weiterhin zu unterstützen, erhalten Sie unsere feste, legitime und nachdrückliche Entscheidung in unseren Territorien, in den Gerichten und in allen Räumen, mit Formen des friedlichen Widerstandes, uns zu verteidigen. Wir werden verantwortungsbewusst gegen ihre Institutionen und ihre Führungskräfte vorgehen, denn auch wir haben gelernt, an dem Ort und in der Weise, wie es die Umstände und der Kampf von uns verlangen, Gerechtigkeit zu fordern und zu tun.
In unmittelbarer Zukunft sollten Sie wissen, dass es in Arizona, Atlántida eine organisierte Bevölkerung gibt, die bereit ist, Souveränität und Selbstbestimmung bei der Verwaltung unserer gemeinsamen, öffentlichen und natürlichen Güter auszuüben. Wir stellen klar, dass wir ihr Geld, ihre Vermittlung, ihre Investitionen oder ihre Entwicklung, die Teil des Umweltkollapses ist, der die Welt in einem prekären Zustand hält, nicht brauchen. Hier gibt es Würde und Entschlossenheit. Wir werden weiterhin ohne Unterlass Widerstand leisten und unsere Entscheidung durchsetzen.
¡WEG MIT INGELSA!
¡ARIZONA IST FREIES TERRITORIUM VON EXTRAKTIVISTISCHEN PROJEKTEN!
Koordination
Movimiento Amplio por la Dignidad y la Justicia (MADJ)