München/Wien, 6.02.2011
Die in einem Netzwerk aus 28 kooperierenden Organisationen und Medien agierende Delegation aus zehn deutschen und österreichischen JournalistInnen und Angehörigen verschiedener Menschenrechtsorganisationen hielt sich vom 6. bis zum 20. Dezember 2010 in Honduras auf.
Ziel des Projektes war es, Informationen zur aktuellen Menschenrechtslage aus erster Hand zu sammeln, die Forderungen der Demokratiebewegung zu erfassen und im Anschluss die gesammelten Erkenntnisse in Europa bekannt zu machen. Zu diesem Zweck besuchte die Delegation verschiedene honduranische Menschenrechtsorganisationen und RepräsentantInnen der Demokratiebewegung.
Des Weiteren trafen sich die DelegationsteilnehmerInnen mit nationalen und internationalen Institutionen, um die jeweiligen Standpunkte bezüglich der politischen Lage in Erfahrung zu bringen und sie mit den Ergebnissen der Delegation zu konfrontieren.
VERANSTALTER*INNEN:
Deutschland: Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V.
Förderverein Oscar-Romero-Haus e.V.
Österreich: IGLA Informationsgruppe Lateinamerika Österreich
KOOPERATIONSPARTNER*INNEN:
Deutschland: FIAN Internationales Sekretariat, Rosa Luxemburg Stiftung, MdB Heike Hänsel (Die Linke), CIR – Christliche Initiative Romero e.V., Queeres Bündnis Walter Tróchez, ila – Informationsstelle Lateinamerika e.V., Portal amerika21.de , ZAPAPRES e.V. Mexiko-Nachrichten-Import, Guatemala Komitee Berlin, Flüchtlingshilfe Mittelamerika, FDCL – Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile Lateinamerika, Lateinamerika Nachrichten, CAREA e.V., Elote e.V., EED - Evangelischer Entwicklungsdienst
Österreich: ÖBV – Vía Campesina Österreich, FIAN Österreich, GBW – Grüne Bildungswerkstatt Wien, ATTAC Österreich, Internationaler Versöhnungsbund Österreich, Frauensolidarität Österreich, Verein SÜDWIND-Entwicklungspolitik, Guatemala Solidarität Österreich, Basisgruppe Internationale Entwicklung, SoL – Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil
A) PROGRAMM DER DELEGATION
Montag | 6. Dezember 2010 | Tegucigalpa |
CHAAC (Honduranische Aktion zur
zivilgesellschaftlichen Aktion);
Comisión de Verdad (Alternative
Wahrheitskommission);
Los Necios (Politische Jugendgruppe) |
Dienstag | 7. Dezember 2010 | Tegucigalpa |
FNRP (Widerstandsfront)
KünstlerInnen im Widerstand |
Mittwoch | 8. Dezember 2010 | Reise nach Bajo Aguán | |
Donnerstag | 9. Dezember 2010 | Bajo Aguán, Colón |
Besichtigung von geräumter
Siedlung Panamá (MUCA)
und der Gemeinde
Guadalupe Carney (MCA)
(BäuerInnen-Organisationen)
|
Freitag | 10. Dezember 2010 | Bajo Aguán |
Besichtigung von Siedlungen
von MUCA und
MARCA (BäuerInnen-Organisationen) |
Samstag | 11. Dezember 2010 |
Trinidad,
Santa Barbara |
Teilnahme am politischem
Kunst-Festival
„Chimeneas“ |
Sonntag | 12. Dezember 2010 |
Macuelizo,
Santa Barbara |
Patronato Regional del
Occidente PRO
(rurale Basisorganisation)
|
Montag | 13. Dezember 2010 | Tegucigalpa |
Besuch des Schein-Gerichtsprozesses
im Gericht „La Granja“;
CPPEPH
(Komitee der politischen Häftlinge,
politisch Verfolgten und Exilierten);
LGBT-Bewegung
(Lesbian/Gay/Bi/Trans);
Vía Campesina |
Dienstag | 14. Dezember 2010 | Zacate Grande |
Gemeinde Coyolito,
Kommunales Radio
„La Voz de Zacate Grande“
|
Mittwoch | 15. Dezember 2010 | La Esperanza | COPINH (Indigene Organisation) |
Donnerstag | 16. Dezember 2010 | Tegucigalpa |
Deutsche Botschaft;
Europäische Delegation;
COFADEH
(Menschenrechts-Organisation);
Jugend im Widerstand;
Liberale im Widerstand |
Freitag | 17. Dezember 2010 | Tegucigalpa |
Offizielle Wahrheitskommission;
KünstlerInnen im Widerstand;
LGBT |
Samstag | 18. Dezember 2010 | Tegucigalpa | Evaluation |
Sonntag | 19. Dezember 2010 | Tegucigalpa | Evaluation; alternative Wahrheitskommission |
Montag | 20. Dezember 2010 | Tegucigalpa |
Pressekonferenz;
Deutsche Botschaft;
Internationale Kommission der FNRP |
B) ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE
Die Delegation konnte anhand von Gesprächen, Treffen und Interviews in Tegucigalpa und anderen Teilen des Landes ein allgemeines Klima der Verletzung von Menschenrechten, sowohl erster als auch zweiter und dritter Generation feststellen. In mehreren Fällen wurden die Delegations-teilnehmerInnen Zeugen von Verletzung bürgerlicher und politischer Rechte, wie dem Recht auf Leben, dem Recht auf Freiheit und körperliche Unversehrtheit sowie dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Delegation stellt angesichts der über 100 politischen Morde ohne Rechtsverfahren zur Aufklärung ein allgemeines Klima der Straflosigkeit fest.
Gleichzeitig und davon untrennbar sah sich die Gruppe mit zahlreichen Verletzungen ökonomischer, sozialer und kultureller Rechte konfrontiert. Die schwerwiegendsten Verletzungen der Menschenrechte zweiter Generation betrafen das Recht auf Nahrung, die in den honduranischen Landkonflikten und in der großen sozialen Ungleichheit im Lande sichtbar werden.
Bezüglich der dritten Menschenrechtsgeneration, die die Kollektivrechte umfasst, kann gesagt werden, dass einer Bevölkerungsmehrheit der Zugang zu einer sauberen Umwelt und die Möglichkeit zur freien Persönlichkeitsentfaltung verwehrt bleibt, während diese Rechte von einem kleinen, privilegierten Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden können.
Die Delegation stellte fest, dass sich die Menschenrechtslage seit dem Putsch im Juni 2009 verschlimmert hat. Auch das aktuelle Regime Pepe Lobo’s hat, fern seiner Versprechungen der Rückkehr zur Demokratie und Versöhnung nach der Krise, bisher nicht zu einer Verbesserung der Situation beigetragen. Stattdessen zeugen das Klima der Straflosigkeit, der politischen Morde und die verstärkten Privatisierungstendenzen, v.a. im Bereich der Sozialleistungen und Gemeingüter, von einer Verschärfung der Lage.
Im Folgenden werden die schwerwiegendsten Vorfälle und Menschenrechtsverletzungen zusammengefasst:
1) COPINH und die Privatisierung der Flüsse
In La Esperanza, Intibucá, widersetzt sich die Indigenen-Organisation COPINH (Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de Honduras) der Vergabe einer Serie von Konzessionen zur Nutzung der Flüsse, die einen Verstoß gegen die ILO-Konvention 169 darstellen.
Im betreffenden Artikel 6, Absatz 1 heißt es hierzu: „Bei der Durchführung der Bestimmungen dieses Übereinkommens haben die Regierungen a) die betreffenden Völker durch geeignete Verfahren und insbesondere durch ihre repräsentativen Einrichtungen zu konsultieren, wann immer gesetzgeberische oder administrative Maßnahmen, die sie unmittelbar berühren können, erwogen werden; [...]“.
Das Wassernutzungsgesetz (Ley General de Aguas) vom September 2009 beeinträchtigt die Lebensbedingungen in den ländlichen Gemeinden stark, indem es der Konzessionierung von landesweit 300 Flüssen den Weg ebnet. Für 47 dieser Gewässer bestehen bereits Konzessionsverträge.
Berta Cáceres von COPINH berichet, dass im Westen des Landes 20 offene Gemeindeversammlungen der indigenen Gemeinden stattgefunden haben, in denen die Konzessionierung der Flüsse in der Umgebung deutlich abgelehnt wurde, doch die Regierung Porfirio Lobos schenkte dem keine Beachtung und genehmigte die Konzessionierungen.
2) Landkonflikt in Bajo Aguán
Die Menschenrechte der zweiten Generation, namentlich das Recht auf Gesundheit, auf Bildung und auf Nahrung werden in der Zone „Bajo Aguán“ im nördlichen Bundesland Colón kontinuierlich verletzt. Die Missachtung dieser Rechte resultiert aus dem gewaltsamen Konflikt um Grundbesitz, der auch die Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit mit sich bringt.
Die wenigen Fortschritte, die mit der Agrarreform des Jahres 1972 erzielt wurden, gingen mit dem Gesetz zur Modernisierung des Agrarsektors von 1992 verloren und unter der aktuellen de-facto Regierung, die eine Konzentration des Landbesitzes in den Händen einiger Weniger vorantreibt, erlebt diese Situation eine zusätzliche Verschärfung.
Die Menschenrechtsorganisationen FIAN, CDM, COFADEH und CIPRODEH, mit denen die Delegation vom 8. bis zum 11. Dezember 2010 an einer Reise nach Aguán teilnahm, prangern eine Komplizenschaft zwischen Militärs, Polizei und privaten Sicherheitskräften der GroßgrundbesitzerInnen an. BewohnerInnen der Siedlung Paso Aguán in der Ortschaft Panamá, bei deren Räumung die Delegation am 9. Dezember 2010 zugegen war, berichteten von der Präsenz privater Sicherheitsleute des Grundbesitzers Miguel Facussé während der Räumungsaktion. Die Delegation nimmt die Militarisierung der Region, die Repression der bäuerlichen Bevölkerung und die Nichtachtung beinahe all ihrer Rechte mit großer Besorgnis zur Kenntnis.
Exemplarisch für die direkte Beteiligung staatlicher Organe an schwersten Menschenrechtsverletzungen steht die Entführung des Bauernführers und Journalisten Juan Chinchilla am 8. Januar 2011. Chinchilla wurde zwei Tage lang von Militärs, Polizisten und Paramilitärs gefangen gehalten und gefoltert, bevor er durch einen Zufall und nicht zuletzt dank internationaler Proteste entkommen konnte. Seine Aussage ist dokumentiert unter
3) Landkonflikt in Zacate Grande
In Coyolito, einer Gemeinde auf der Halbinsel Zacate Grande, wurde die Delegation Zeugin eines Landkonfliktes zwischen der lokalen Bevölkerung und der Bank HSBC. In diesem Zusammenhang sind unter anderem die folgenden Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in akuter Gefahr: Art. 17 (Eigentum), Art. 23 (Arbeit) und Art. 25 (Nahrung und Lebensraum).
Als die Delegation am Dienstag den 14. Dezember in Coyolito eintraf, war José Luiz Hernández, Arbeitgeber von 37 EinwohnerInnen der Gemeinde, ohne Vorlage eines Haftbefehls von der Polizei festgenommen und die Räumung seines Besitzes und seines Hauses angekündigt worden.
Mitglieder der Gemeinde solidarisierten sich mit ihm und seiner Familie und verteidigten den Eingang des Ortes auf friedliche Art und Weise, um das Eintreffen von Militär und Polizei zu verhindern.
Nach Informationen von COFADEH wurde diese Blockade am folgenden Morgen geräumt und 14 Personen festgenommen, darunter drei MitarbeiterInnen des kommunalen Jugendradios „La Voz de Zacate Grande“. Der Dorfbewohner Pedro Canales erklärte: „Das Dorf Coyolito existiert seit 100 Jahren und die EinwohnerInnen haben sich um Landtitel für ihren Grund und Boden bemüht. Sie wurden uns verwehrt. Auf einmal tauchen Repräsentanten der HSBC Bank mit Titeln auf.“
Hinter diesen Geschehnissen stehen, den ReporterInnen von „La Voz de Zacate Grande“ zu Folge, Interessen, die Grundstücke zu verkaufen um Wochenenddomizile zu errichten, wie es bereits in anderen Gemeinden auf der Halbinsel beobachtet werden kann. Im Zuge dessen werden die FischerInnen der Region an der Nutzung der Strände für ihre Arbeit gehindert – ein Umstand, der mit dem Menschenrecht auf Arbeit bricht.
4) Klima der Repression und Straflosigkeit
Die Delegation stellte ein allgemeines Klima der Repression und Straflosigkeit fest. Mit über 100 politischen Morden ohne jegliche Strafverfolgung oder Verurteilungen seit dem Staatsstreich wird die Verletzung des Rechts auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person aus Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte deutlich.
Die Delegation erfuhr in etlichen Fällen aus erster Hand von Einschüchterungen und Bedrohungen von MenschenrechtsaktivistInnen und Mitgliedern sozialer Bewegungen:
- Ein Beispiel hierfür ist die Comisión de Verdad. MitarbeiterInnen der alternativen Wahrheitskommission berichten von Autos ohne Nummernschilder und mit verdunkelten Scheiben, die mehrere Male vor dem Büro parkten, von Virusangriffen auf die Computer sowie von direkten Bedrohungen. Außerdem wurde berichtet, dass Personen sich viermal Zutritt zu der Wohnung einer Mitarbeiterin verschafft hatten, wobei hauptsächlich der Computer und das Mobiltelefon entwendet wurden.
- Ein weiteres Beispiel findet sich in Macuelizo, Santa Bárbara, wo das Führungsmitglied O. Mendoza der Organisation PRO (Patronato Regional del Occidente) und der lokalen FNRP schwerwiegende Bedrohungen und ein Klima der permanenten Angst beschreibt.
Die genannte Person sieht ihre Bewegung als Opfer einer „kolumbianischen Strategie“, bei der zunächst bekannte Kriminelle ermordet werden um später unter dem Vorwand, es handle sich weiterhin um Selbstjustiz in der Verbrechensbekämpfung, Personen aus dem Weg zu räumen, die in der Widerstandsbewegung aktiv sind. Hierbei wurde von acht Ermordeten in Macuelizo und Umgebung innerhalb des vergangenen Monats gesprochen.
- Die Widerstandsbewegung „Frente Nacional de Resistencia Popular“ (FRNP), in der mehr als 60 Organisationen und soziale Bewegungen versammelt sind und die sich vehement für eine Verbesserung der Menschenrechtslage und die Demokratisierung in Honduras einsetzt, sieht sich mit starker Repression konfrontiert. Etliche AktivistInnen wurden ermordet und es herrscht ein Klima der Einschüchterung und der massiven Bedrohung.
- Eine der Gruppierungen, die am meisten von der Gewalt nach dem Putsch betroffen sind, ist die LGBT (lesbian/gay/bi/trans)-Gemeinschaft. Seit dem 28 Juni 2009 wurden mehr als 43 Angehörige dieser Bewegung ermordet, was einer Verfünffachung der vorherigen Mordrate entspricht. Donny Reyes, Koordinator der Organisation Arcoíris (Regenbogen), kommentiert diesen Sachverhalt: „Welche Menschenrechte sollen wir verteidigen wenn man uns umbringt? Im Moment geht es einzig und allein um das Recht auf Leben. Wir werden für das Leben kämpfen, alles Weitere kommt danach. Aber solange das Recht auf Leben nicht garantiert ist, ist es schwierig, für die Rechte darüber hinaus zu kämpfen.“ Das bedeutet, dass gleichzeitig mit der Negation des Grundrechtes auf Leben auch das Recht auf Privatsphäre und die kulturellen Rechte auf Identität und Anerkennung von Vielfalt verletzt werden. Was diese Rechtsverletzungen betrifft, lebt die Gemeinschaft in einem Umfeld der Gleichgültigkeit und Straffreiheit.
5) Geplante „Charter City“
Im Januar 2011 begann die Regierung Lobo, mit massiver Unterstützung der nationalen und internationalen UnternehmerInnen-Lobby, das Projekt einer „Charter City“ oder „Ciudad Modelo“ in Angriff zu nehmen. Auf Vorschlag des US-amerikanischen Ökonom Paul Romer sollen solche, nach Weltmarktgesetzen funktionierenden Territorien an Küsten von „Entwicklungsländern“ ausländische Direktinvestitionen anziehen und unter Anleitung von Industriestaaten zur allgemeinen Entwicklung der Länder beitragen.
Die Delegation befürchtet, dass dieses Projekt anstatt sozialer Entwicklung und Verringerung von Armut die soziale Ungleichheit noch verstärken könnte. Außerdem würden für das bis jetzt geplante
Gebiet in den nördlichen Bundesländern Olancho, Colon und Gracias a Dios Naturschutzgebiete, sowie bevölkerte Regionen verwendet werden. Dies könnte weitere Landkonflikte und Umweltzerstörung nach sich ziehen. Schon jetzt sind Beschwerden von Garífuna-Gemeinden an der Küste zu hören, die mit dem Verkauf ihrer natürlichen Lebensräume konfrontiert sind.
6) Standpunkt der Europäischen Regierungen und Entwicklungszusammenarbeit
Die Delegation traf sich mit RepräsentantInnen der Europäischen Union und der deutschen Botschaft, um deren Standpunkte bezüglich der aktuellen Situation und der Regierung Porfírio Lobos in Erfahrung zu bringen.
Europa führt einen Diskurs der Unterstützung demokratischer Prozesse und Stärkung der Menschenrechte. Dieser Diskurs steht allerdings im starken Widerspruch zu der uneingeschränkten Anerkennung des Lobo-Regimes seit seinem Amtsantritt im Januar 2010.
Diese Regierung beruht auf illegitimen Wahlen, die unter repressiven Umständen durchgeführt wurden. Seit Regierungsantritt gab es keine sichtbaren Fortschritte im Bezug auf die Menschenrechte, im Gegenteil prangert die Delegation in diesem Bericht eine Mitschuld der de-facto-Regierung an den Menschenrechtsverletzungen an.
Die Widerstandsbewegung, die auf eine Demokratisierung des Landes durch eine verfassungsgebende Versammlung besteht, erkennt (ebenso wie viele südamerikanische Regierungen) die aktuelle honduranische Regierung nicht an und lehnt die Anerkennung durch die Europäische Union ab.
- Die Europäische Union hat die Entwicklungszusammenarbeit Anfang Januar 2010 wieder aufgenommen. Das kritischste Projekt in diesem Zusammenhang ist das „Programa de Apoyo al Sector de Seguridad“ (PASS), ein Programm zur Reformierung des Sicherheitsapparates. Hierbei soll mit 44 Mio Euro auf einen Zeitraum von 8 Jahren das Justizministerium, das Sicherheitsministerium sowie der Oberste Gerichtshof unterstützt werden. Das Programm ist im Februar 2010 angelaufen. Vanessa Valladares (EU-Beauftragte für Entwicklungszusammenarbeit und zivilen Dialog in Tegucigalpa) zufolge gibt es jedoch Unzufriedenheit bezüglich der Effizienz dieser Institutionen in der Umsetzung. Allerdings läuft das Programm, das „technische Ausstattung zur Verbesserung der polizeilichen Ermittlungsarbeit, wie Kameras und Laboratorien“ beinhaltet, weiter.
Die deutsch-österreichische Delegation lehnt das PASS-Programm ab, weil es den Sicherheitssektor unterstützt, der größten Teils für die gegenwärtige Repression und die anhaltende Straflosigkeit verantwortlich ist.
- Nach dem Amtsantritt Porfírio Lobos wurde außerdem das Assoziierungssabkommen zwischen der Europäischen Union und Zentralamerika unterzeichnet.
Die Delegation verurteilt diesen Freihandelsvertrag, mit dem die Anerkennung einer Regierung einhergeht, die von der Mehrheit der Bevölkerung als illegitim abgelehnt wird.
- Die Europäische Union und die deutsche Regierung gewähren der offiziellen Wahrheitskommission finanzielle Unterstützung – einem Organ, das von der Regierung Lobo zur Aufklärung der „politischen Geschehnisse um den 28. Juni 2009“ ins Leben gerufen wurde. Die Delegation traf sich mit RepräsentantInnen dieser Kommission. In Anbetracht der Tatsache, dass 1.) die Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen nur einen kleinen Teil ihrer Arbeit ausmachen, 2.) sich die Nachforschungsarbeit nur auf den Zeitraum bis zum Amtsantritt Lobos richtet und 3.) ein Großteil der Bevölkerung die Institution nicht anerkennt, weil sie aus ProtagonistInnen des Staatsstreiches besteht, zweifelt die Delegation die Glaubwürdigkeit der offiziellen Wahrheitskommission an.
Die Delegation traf sich auch mit der „Comisión de Verdad“, der von der honduranischen Menschenrechtsplattform gegründeten alternativen Wahrheitskommission. Für diese hat die Dokumentation der Menschenrechtsverletzung unter Berücksichtigung des politischen Kontextes oberste Priorität, außerdem schließt sie die Regierungszeit Lobos in die Ermittlungen ein.
Diese Institution, die von weiten Teilen der honduranischen Zivilbevölkerung akzeptiert wird, erfährt bis heute keinerlei finanzielle Unterstützung durch Deutschland oder Europa. Die Delegation kritisiert diese einseitige Finanzierung und fordert die Institutionen dazu auf, dem Beispiel der holländischen Entwicklungszusammenarbeit zu folgen, in der auch die alternative Wahrheitskommission gefördert wird.
- Die FDP-Stiftung Friedrich Naumann unterstützte öffentlich den Putsch in Honduras und übt auch weiterhin durch das regionale Büro, geleitet von Christian Lüth, starken Einfluss auf die Politik in Honduras aus.
Die Delegation kritisiert diese Haltung der deutschen Stiftung.
- Deutschland sicherte im Januar 2011 der Regierung Lobo Entwicklungshilfegelder in Höhe von € 47 Mio zu. Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), erklärte bei seiner Reise nach Honduras im Januar, dass Deutschland die Lobo-Administration unterstütze und sein Besuch als ein „internationales Signal“ für andere Länder zu werten sei. Beerfeltz war über viele Jahre im Weltvorstand der Liberalen Internationalen (LI) aktiv, die im Oktober 2009 den honduranischen Putschpräsidenten Roberto Micheletti zum Vizepräsidenten wählten.
Die Delegation verurteilt die unkritische finanzielle Unterstützung des aktuellen Regimes.
C) WEITERE SCHRITTE UND PROJEKTE DER DELEGATION
Im Anschluss an die Delegationsreise folgen einige Projekte:
- Mediale Verbreitung der Delegationsergebnisse: Radiobeiträge, Videoprojekte, Artikel in verschiedenen Kommunikationsmedien
- Erarbeitung einer ausführlichen Broschüre über die aktuelle politische Situation in Honduras, auf Deutsch und Spanisch
- Durchführung einer Wander-Fotoausstellung in verschiedenen Städten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz
- Lobby-Arbeit im deutschen, österreichischen und europäischen Parlament bezüglich der Zusammenarbeit mit der Regierung Lobo, vor allem um auf eine Aussetzung des PASS-Programms hinzuwirken
- Lobby-Arbeit in Deutschland, Österreich und Europa für den Schutz der Menschenrechte
- Individuelle Unterstützung und Projekte zur Begleitung und Beobachtung von Menschenrechten in Honduras