Freitag, 20. April 2012

Urgent Action von AI: Journalistin bedroht

Der honduranischen Journalistin und Menschenrechtlerin Dina Meza ist in den vergangenen Wochen mehrmals sexuelle Gewalt angedroht worden.
Dina Meza schreibt auf dem Menschenrechts-Internetportal "Defensores en Linea" Beiträge über Menschenrechtsfragen. Sie ist darüber hinaus in der bekannten honduranischen Menschenrechtsorganisation "Comité de Familiares de los Detendios y Desaparecidos" (COFADEH) aktiv.


Am 14. April erhielt Dina Meza am Morgen und am Nachmittag auf ihrem Mobiltelefon insgesamt drei Anrufe derselben Nummer, bei denen niemand sprach. Beim vierten Anruf fragte eine männliche Stimme, was es Neues gäbe ("¿Qué hay de nuevo?") und legte auf. Dina Meza rief zurück und fragte den Mann, was er von ihr wolle. Der Anrufer sagte, er hieße Miguel und behauptete, er habe sich verwählt. Doch ehe er auflegte, sagte er zu Dina Meza, sie solle "auf ihre Muschi aufpassen" ("Cuídese la pipa!").
Eine Woche zuvor, am 6. April bemerkte Dina Meza bei einem Spaziergang mit ihren Kindern in ihrem Viertel zwei Männer, die Fotos von ihnen machten.
Bereits am 22. Februar, erhielt Dina Meza zwei Kurznachrichten, in denen sie mit sexueller Gewalt bedroht wurde. In der ersten wurde ihr Folter und eine Gruppenvergewaltigung angedroht ("Les vamos a quemar con cal la pipa hasta q griten y luego toda la quadrilla va gozar CAM" ). In der zweiten SMS drohte ihr der Absender mit dem Tod und erneut mit Vergewaltigung (""[…] van a terminar como los del aguan muertos no hay nada mas rico q cojer a unas zorras"). CAM steht für Comando Álvarez Martínez, einem Pseudonym, das bei Drohungen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen nach dem Staatsstreich von 2009 als Absender verwendet wurde.
Der Interamerikanische Menschenrechtsausschuss ordnete 2006 und 2009 Schutzmaßnahmen an, um die Sicherhiet von Dina Meza zu gewährleisten. Bisher sind die honduranischen Behörden den Anordnungen jedoch noch nicht nachgekommen.

EMPFOHLENE AKTIONEN
SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass eine unabhängige, umfassende und unparteiische Untersuchung der Drohungen gegen Dina Meza eingeleitet wird. Stellen Sie bitte sicher, dass die Ermittlungsergebnisse öffentlich bekannt gegeben und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.
  • Ich bitte Sie eindringlich, unverzüglich Schritte einzuleiten, um die Anordnungen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission in vollem Umfang zu erfüllen. Die Schutzmaßnahmen, die für Dina Meza ergriffen werden, müssen mit ihr abgesprochen werden und ihren Wünschen entsprechen.
  • Ich möchte Sie daran erinnern, dass MenschenrechtsverteidigerInnen gemäß der UN-Erklärung zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen, das Recht haben, ihre Arbeit ohne Einschränkungen oder Angst vor Vergeltungsmaßnahmen auszuführen.

APPELLE AN

GENERALSTAATSANWALT
Sr. Luis Alberto Rubí
Fiscal General de la República
Lomas del Guijarro
Avenida República Dominicana
Edificio Lomas Plaza II
Tegucigalpa
HONDURAS
(korrekte Anrede: Dear Attorney General)
Fax: (00 504) 2221 5667
INNENMINISTER
Sr. Pompeyo Bonilla
Secretaría de Estado en el Despacho de Seguridad
Plantel Casamata, subida al Picacho
Tegucigalpa, M.D.C.
HONDURAS
(korrekte Anrede: Estimado Sr. Ministro / Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 504) 2220 1756
KOPIEN AN
MENSCHENRECHTSORGANISATION
Comité de Familiares de los Detendios y Desaparecidos (COFADEH)
Barrio La Plazuela
Avenida Cervantes
Casa No. 1301
Tegucigalpa
HONDURAS
Fax: (00 504) 2220 5280 (Sagen Sie bitte: "Me da tono de fax, por favor")
BOTSCHAFT DER REPUBLIK HONDURAS
S.E. Herrn Efraín Anibal Díaz Arrivillaga
Cuxhavener Straße 14
10555 Berlin
Fax: (030) 3974 9712
E-Mail: informacion@embahonduras.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. Mai 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Dina Meza ist eine bekannte Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin. In ihrer Funktion als Mitglied der Menschenrechtsorganisation COFADEH hat sie sich mit dem Landkonflikt in der honduranischen Region Bajo Aguán beschäftigt. Die Region Bajo Agúan ist Schauplatz einer Serie von zum Teil gewaltsam ausgetragenen Auseinandersetzungen über Landrechte zwischen Kleinbauerngemeinden auf der einen und verschiedenen Unternehmen sowie privaten GrundbesitzerInnen auf der anderen Seite. Im März nahm Dina Meza in Washingtonan einer Tagung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission zur Menschenrechtssituation und den rechtlichen Rahmenbedingungen in Honduras teil.
Comando Álvarez Martínez (CAM) ist ein Pseudonym, das bei Drohungen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen nach dem Staatsstreich von 2009 als Absender verwendet wurde. Álvarez Martínez war zwischen 1982 und 1984 General der honduranischen Streitkräfte. In dieser Zeit wurden immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen verübt. Örtliche Menschenrechtsgruppen haben ihm damals wiederholt Verbindungen zu paramilitärischen Todeskommandos unterstellt.
2007 verlieh die britische Sektion von Amnesty International Dina Meza den "Special Award for Human Rights Journalism Under Threat", einen Sonderpreis für JournalistInnen, die ihrem Beruf trotz großer Gefahren nachgehen. Sie erhielt diesen Preis für ihre journalistische Arbeit für das Online-Magazin Revistazo, die sie trotz der Schikanen und Einschüchterungsversuche weiterführte, denen sie aufgrund von Nachforschungen zu Arbeitsrechtsverletzungen mehrerer privater Sicherheitsdienste ausgesetzt war.
2006 wurden Dina Meza und ihre KollegInnen bei Revistazo.com sowie MitarbeiterInnen der honduranischen Menschenrechtsorganisation "Asociación para una Sociedad más justa" (ASJ), die das Online-Magazin herausgibt, zum Ziel zahlreicher Schikanen und Einschüchterungsversuche, nachdem sie mehrere private Sicherheitsdienste auf Verstöße gegen das Arbeitsrecht überprüft hatten. Dionisio Díaz García, ein für die ASJ tätiger Rechtsanwalt, wurde im Dezember 2006 erschossen, als er sich auf dem Weg zum Obersten Gerichtshof von Honduras befand. Dort wollte er sich auf einen Fall vorbereiten, der von der ASJ in Zusammenhang mit der Überprüfung der Sicherheitsdienste vorgelegt worden war. Die Ermittlungen und Verhandlungen zu der Tötung von Dionisio Díaz García fanden zwischen 2007 und 2009 statt. 2009 wurden dann ein ehemaliger Wachmann der Firma SETECH und ein Polizist wegen der Tötung des Rechtsanwalts verurteilt.
In den Monaten vor seiner Ermordung waren Dionisio Díaz García und Dina Meza mehrfach von Personen in Fahrzeugen ohne Kennzeichen verfolgt worden. Die Kinder von Dina Meza wurden auf dem Weg von der Schule nach Hause verfolgt und persönliche, abfällige Kommentare über Dina Meza im Forum von Revistazo.com hinterlassen. 2006 startete Amnesty International eine Urgent Action zur "Asociación para una Sociedad más justa", bei der es auch um den Fall von Dina Meza ging, die zu dieser Zeit Mitglied der Menschenrechtsorganisation war (siehe UA-329/2006). 2007 folgten weitere Eilaktionen zur ASJ.
Der Fall von Dina Meza wurde zudem im englischsprachigen Bericht:Persecution and Resistance: the Experience of Human Rights Defenders in Guatemala and Honduras (AMR 02/001/2012) behandelt.
In Honduras tätige MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen befinden sich aufgrund ihrer Arbeit, bei der sie oftmals Menschenrechtsverletzungen aufdecken, in großer Gefahr: Sie werden bedroht, tätlich angegriffen oder sogar getötet. Im Januar 2012 erhielt die Journalistin Gilda Silvestrucci telefonisch Morddrohungen (siehe UA-078/2012). Im Februar wurden Wilfredo Paz und Juan Chinchilla, zwei Menschenrechtsverteidiger, die sich vor dem Hintergrund anhaltender Auseinandersetzungen über Landrechte für die Rechte von Kleinbauern in der Region Bajo Aguán auf Landbesitz einsetzen, per SMS mit dem Tod bedroht (siehe UA-066/2012). Im März sind bei der Journalistin Mavis Ethel Cruz telefonisch Morddrohungen eingegangen (UA-028/2012).


zur Urgent Action von Amnesty