Montag, 26. Oktober 2015

„Korruption, illegale Machenschaften und schwere Menschenrechtsverletzungen"

Pressemitteilung zum Staatsbesuch des
honduranischen Präsidenten Juan Orlando Hernández:

München/Berlin/Hamburg. Der honduranische Präsident Juan Orlando
Hernández ist am heutigen Montag, 26. Oktober und am Dienstag, 27. Oktober
2015 zu Gast in der Bundesrepublik. Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt
ihn am 27. Oktober mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt. In
Hamburg wird Hernández u.a. zu einem Business Forum „Germany and
Honduras: Trade and Investment Opportunities" erwartet. In Berlin ist
offenbar auch ein Besuch in der Technikakademie der Siemens AG geplant.

Aus diesem Anlass möchten wir Medien, Politik und Wirtschaft darauf
hinweisen, dass zahlreiche nationale und internationale
Investitionsprojekte in Honduras mit Gewalt und erheblichen
Menschenrechtsverletzungen durchgesetzt werden. Besonders betroffen sind u.
a. Gebiete mit indigener Bevölkerung, in denen der „free, prior and
informed consent" der Gemeinden eingeholt werden muss. Honduras hat die
entsprechende ILO-Konvention 169 unterzeichnet und ratifiziert, hält sie
aber nicht ein.



Ein eklatantes Beispiel ist das Bauvorhaben des Wasserkraftwerks Agua Zarca
auf indigenem Lenca-Gebiet. Die Bevölkerung wehrt sich seit Jahren gegen
dieses Projekt, das ihr Land zerstört und den lebensnotwendigen Zugang zum
Fluss Gualcarque versperrt. Die Firma Voith Hydro (ein joint-venture mit
Siemens) will dafür die Turbinen und weitere Ausrüstung liefern. Die
lokale Bevölkerung und Menschenrechtsverteidiger_innen der Organisation
COPINH (Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de
Honduras) werden konstant bedroht. Zahlreiche Menschenrechtsverletzungen,
Morde eingeschlossen, wurden in diesem Konflikt ausführlich dokumentiert
und vom deutsch-österreichischen Netzwerk HondurasDelegation der Firma
Siemens vorlegt. Gegen die Verantwortlichen für eine Vielzahl von
Verstößen bei der Genehmigung des Kraftwerkes, u.a. den ehemaligen
Vizeumweltminister, wurde mittlerweile Anklage erhoben. Bisher hat Siemens
diese Berichte zwar zur Kenntnis genommen, ist aber seiner
Unternehmensverantwortung offensichtlich in keiner Weise nachgekommen.

Seit einem Monat spitzt sich mit der Fortsetzung der Bauarbeiten die
Situation vor Ort erneut zu: Augenzeugen berichten, dass Polizei,
Sondereinsatztruppen des Militärs und reguläre wie irreguläre
Sicherheitskräfte des Unternehmens DESA erneut die Kraftwerksgegner_innen
bedrohen. Am 15. und 22.10.2015 wurden Staudammgegner_innen mit schweren
Felsbrocken attackiert, nachts fallen immer wieder Schüsse. Eine
Todesliste mit den Namen von über 20 Staudammgegner_innen wurde COPINH
zugespielt. Lokale Führungspersonen und Mitarbeiter_innen der Organisation
werden telefonisch und persönlich bedroht, als erste verschwindengelassen
oder ermordet zu werden, wenn sie nicht aufhören, die Staudammgegner_innen
zu unterstützen. COPINH fordert dringend internationalen Schutz für die
bedrohten Gemeinden und die eigenen Mitglieder.

Das ist nur eines der vielen Beispiele, wo es in Honduras zu systematischen
Menschenrechtsverletzungen kommt - mit der zumindest stillschweigenden
Duldung auch deutscher Unternehmen und der Mittäterschaft der staatlichen
honduranischen Sicherheitskräfte.

Im diesjährigen Universal-Periodic-Review-Verfahren vor dem
UN-Menschenrechtsrat in Genf bekam Honduras 152 Empfehlungen von anderen
Staaten, um die Menschenrechtslage im Land zu verbessern. In dem
zentralamerikanischen Land kann also keine Rede sein von
Rechtsstaatlichkeit und Respektierung der Menschenrechte.

Zehntausende empörter Staatsbürger_innen protestieren seit Monaten wegen
millionenschwerer Korruptionsfälle, in die auch höchste Regierungskreise
verwickelt sind. Weil sie in den letzten Jahren aus guten Gründen
jegliches Vertrauen in die staatlichen Institutionen und insbesondere in
die Justiz verloren haben, fordern sie die Einsetzung einer internationalen
Kommission gegen die allgegenwärtige Korruption und Straflosigkeit (CICIH),
die von der Regierung Juan Orlando Hernández rigoros abgelehnt wird.

Deutsche Unternehmen, die überlegen, mit Honduras vermeintlich gute
Geschäfte zu machen, sollten auch erwägen, welches Risiko sie damit
eingehen, vor den Augen einer aufmerksamen Öffentlichkeit zu Komplizen von
Korruption, illegalen Machenschaften und schweren
Menschenrechtsverletzungen zu werden.

HondurasDelegation Deutschland-Österreich
CADEHO, Cadena de Derechos Humanos Honduras, Berlin
zapapres e.V., Hamburg
Honduras-Koordination, Hamburg
Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V. , München

Kontakt:
Andrea Lammers
Öku-Büro, München
elsal@oeku-buero.de
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