Verfasst von Nina Lakhan, veröffentlicht am 21.06.2016 TheGuardian y ElDiario
Eine vom US Spezialkräften trainierte Einheit war mit
dem Mord an der Umweltaktivistin, die im März umgebracht wurde, beauftragt, so
ein ehemaliger Soldat, der nun um sein Leben fürchtet
Berta Cáceres, Mitbegründerin von COPINH © Goldman Environmental Prize |
Berta Cáceres, die ermordete Umweltaktivistin, erschien auf einer
Todesliste, die an eine von US-Spezialkräften trainierte Einheit des honduranischen
Militärs verteilt wurde; Monate vor ihrem Tod, behauptet ein ehemaliger Soldat.
Nach Oberfeldwebel Rodrigo Cruz, 20, wurden Listen mit Namen und Fotos Dutzender von Aktivist*innen sozialer und Umweltbewegungen, an zwei Eliteeinheiten gegeben mit dem Befehl jeden von der Liste zu eliminieren.
Der Kommandant von Cruz` Einheit, ein 24 -Jähriger Leutnant desertierte anstatt die Befehle auszuführen. Cruz – der aus Angst vor Vergeltung darum bat, unter einem Pseudonym genannt zu werden – folgte und floh ins Nachbarland. Mehrere andere Mitglieder der Einheit sind verschwunden und es ist zu befürchten, dass sie tot sind.
„Wenn ich nach Hause gehen würde, würde man mich töten. 10 meiner früheren Kollegen sind vermisst. Ich bin zu 100% sicher, dass Berta Cáceres vom Militär umgebracht wurde.“, sagte Cruz dem The Guardian.
Cáceres, eine führende indigene Lenca-Aktivistin, die 2015 den renommierten Goldman Umweltpreis für ihren Kampf gegen das Staudammprojekt Agua Zarca bekam, wurde im März in ihrem Haus erschossen. Vor ihrer Ermordung hat sie 33 Todesdrohungen angezeigt, die mit ihrer Arbeit im Zusammenhang standen und sie wies internationale Menschenrechtsbeobachter*innen darauf hin, dass ihr Name auf einer Todesliste stand.
Laut Cruz
erschien der Name von Cáceres auf einer Liste, die einer Militärpolizeieinheit
der FUSINA (Nationale Streitkraft für Interinstitutionelle Sicherheit)
übergeben wurde. FUSINA erhielt im letzten Sommer Trainings von 300
US-Marinesoldaten und FBI Agenten.
5 Männer
wurden wegen des Mordes an Cáceres verhaftet, einschließlich des Majors Mariano
Díaz Chávez, Angehöriger der honduranischen Armee. Díaz hatte zuvor an einer
gemeinsamen US-amerikanisch-honduranischen Militäroperation im Irak
teilgenommen. Laut lokalen Medien war er Graduierter des Tesón-Kurses für
Spezialoperationen, bei dem teilweise US-Spezialeinheiten unterrichten. Zum
Zeitpunkt der Verhaftung war Díaz Polizeidozent, wurde aber dann unehrenhaft
entlassen.
Annie Bird, Direktorin
der Organisation “Rights and Ecology”, die Menschenrechtsverletzungen in
Honduras dokumentiert, sagte: “Die Aussagen von Cruz legen nahe, dass
Todesschwadronen die politische Opposition zum Ziel haben. Allerdings ist das
Justizsystem so defekt und indirekt von in Korruption verwickelten Personen kontrolliert,
so dass niemand in Honduras glaubwürdig ermitteln kann.“
„The
Guardian” interviewte Cruz mehrere Male per Telefon und Videoanrufe und sprach mit
verschiedenen Personen – Akademiker*innen, lokale Führungspersönlichkeiten und
Aktivist*innen – die Cruz interviewt haben und seine Identität und seinen
Militärhintergrund bestätigt haben.
Trainiert, um zu töten
Cruz trat im
Dezember 2014 in die Armee ein und wurde nach 3-monatiger Grundausbildung ins
7. Bataillon der Militärpolizei versetzt. Diese wurde 2013 geschaffen, um die
zivile Polizei, die in Korruption- und Missbrauchsvorwürfen verstrickt war, zu
ersetzen.
Er beendete
zwei aufreibende Spezialtrainingslager, einschließlich des Tesón – Kurses, wo
er von ausländischen Militärberatern – Amerikanern, Kolumbianern und Dozenten,
dessen Sprache Cruz nicht identifizieren konnte - unterwiesen wurde. Im letzten
Jahr wurde der Tesón-Kurs heiß diskutiert, nachdem Filmmaterial aufgetaucht
ist, dass einen Auszubildenden zeigte, der gezwungen wurde, einen Hundekopf zu
essen.
Während
seines Trainings war Cruz zweimal wegen Dehydrierung im Krankenhaus, dennoch
beendete er den Kurs im Oktober letzten Jahres. Cruz und weitere 15 Männer aus
seinem Bataillon wurden für den Dienst in der Task-Force „Xatruch“ ausgewählt –
eine der beiden Streitkräfte, die für spezielle Anti-Drogen und
Anti-Gang-Operationen eingesetzt werden.
Die
Task-Force “Xatruch” operiert an der karibischen Küste, die zu einer wichtigen
Route der Drogenkartelle für Kokain aus Südamerika in die USA geworden ist. Die
zweite Task-Force, FUSINA, ist im ganzen Land aktiv.
Mitte
Dezember versammelte der Kommandant von Cruz seine Untergebenen an einem Dienstagabend
nach einem Fußballspiel und zeigte ihnen verschiedene Papiere mit Namen, Fotos,
Adressen und Telefonnummern der Zielpersonen. Eine dieser Listen war für ihre
Einheit bestimmt, die zweite für FUSINA.
“Der
Leutnant sagte, dass er nicht gewillt war den Befehlen Folge zu leisten, da die
Ziele anständige Personen wären, die für ihre Gemeinden kämpfen würden. Er
sagte, dass der Befehl von den Chefs des Personals kam und er vom Xatruch-Chef
unter Druck gesetzt sei, die Befehle auszuführen.“, sagte Cruz.
Einige Tage
später, verließ der Leutnant die Militärbasis und wurde nicht mehr gesehen.
Die Todesliste
Es war nicht
das erste Mal, dass Cruz die Liste sah. Einige Wochen zuvor waren seinem
Kommandanten in Punta Piedra, einer Gemeinde an der karibischen Küste, ähnliche
Papiere aus der Westentasche in den Jeep gefallen, den Cruz fuhr.
“Ich hatte
sie nur für 20 oder 30 Sekunden in der Hand, erkannte aber einige Gesichter von
Bauernführern aus der Region Bajo Aguán. Ich sagte nichts,“ so Cruz.
Die Region
Bajo Aguán – wo „Xatruch“ stationiert ist – ist Schauplatz einer Reihe von
gewaltvollen Landkonflikten zwischen mächtigen Palmölmagnaten und lokalen
Farmern. Mehr als 100 Menschen, vorrangig Bauernaktivisten, wurden ermordet,
viele von ihnen durch die Hände von staatlichen und privaten
Sicherheitskräften.
Unter den
von Cruz auf der Liste gesehenen Namen war auch der von Juan Galindo. Galindo
war ein Aktivist, der nach Drohungen die Region verlassen hatte und im November
2014 umgebracht wurde, als er aus dem Exil zurückkehrte, um seine kranke Mutter
zu besuchen.
Cruz
erkannte auch Johnny Rivas und Vitalino Àlvarez, bekannte Mitglieder der
Vereinten Bauernbewegung (MUCA). Beide Männer gehörten zu den 123 Aktivisten
aus der Bajo Aguán – Region, für die die Interamerikanische
Menschenrechtskommission (IACHR) 2014 dringend Schutzmaßnahmen forderte.
Álvarez, 52,
der seit 2010 vier Attentate überlebte, sagte: „Es gibt eine
systematische Strategie, die kämpferischsten sozialen Führungspersönlichkeiten
zu eliminieren. Seit dem Berta ermordet wurde, gibt es Gerüchte, dass ich nun
ganz oben auf der Liste stehe.“
Menschenrechtsgruppen
haben die US-amerikanische Unterstützung für die honduranischen Sicherheitskräfte
angesichts der anwachsenden Beweise, dass Polizei und Militär in systematischem
Missbrauch involviert sind, verurteilt. Im April haben Aktivisten den Kongress
drauf hingewiesen, dass Todesschwadronen oppositionelle Personen zum Ziel
hätten, so wie sie es im „Schmutzigen Krieg“ in den 80er Jahren getan haben.
Laut den
Zahlen des Verteidigungsministeriums unterstützt die USA Honduras seit 2010 mit
einer geschätzten Summe von 200 Mio. $ für Polizei und Militär als Teil der
Bemühungen organisiertes Verbrechen und nicht dokumentierte Migration zu
bekämpfen. Zusätzlich bekommt Honduras einen Teil der im letzten Jahr vom
Kongress bewilligten 750 Mio. $ für die „Alliance for Prosperity“ für das von
Gewalt betroffene nördliche Dreieck Zentralamerikas.
Beide
Hilfspakete schließen Bedingungen für Menschenrechte ein, dennoch gab es keine
Restriktionen, obwohl der Menschenrechtsbericht des US State Departments
aussagt, dass „ungesetzliche und willkürliche Tötungen und andere kriminelle
Aktivitäten von Angehörigen der Sicherheitskräfte“ eines der schwerwiegendsten
Probleme des Landes seien.
Weder das
honduranische Verteidigungsministerium noch das US State Department haben auf
die wiederholten Anfragen nach Stellungnahmen durch “The Guardian” geantwortet.
Ermordungen und Folter
Nachdem
Cruz` Leutnant Mitte Dezember desertierte, wurden andere Angehörige seiner
Einheit getrennt versetzt. Cruz arbeitete für ca. 10 Tage mit dem Kommandanten
der Task – Force „Xatruch“.
Während
dieser kurzen Zeit, so Cruz, wurde er mitten in der Nacht aufgeweckt, um
schwarze Plastiksäcke zum Fluss Tocoa in der Region Bajo Aguán zu
transportieren, wo Kollegen die Säcke mit menschlichen Resten von einer Brücke
aus leerten.
Er beschreibt
auch, dass er eine “Folterkammer” nahe einer Militärbasis in der Stadt Bonito
Oriental gesehen hat. „Ich habe niemanden darin gesehen, aber es war noch
frisches Blut da, ein Hammer, Nägel, Ketten und Zangen waren dort.“
Kurz danach
wurden Cruz und seine Kollegen lange beurlaubt. Nun, da Cruz immer mehr um
seine Sicherheit fürchtete, floh er ohne Papiere über die Grenze, da seine
Passdokumente noch beim Militär sind. Er versteckt sich und seine Familie
berichtete, dass Angehörige der Militärpolizei ihre Nachbarn über seinen
Verbleib befragt haben.
Lauren
Carasik, Direktorin der International Human Rights Clinic an der Western New England
Universität, sagte, dass die USA aufhören sollte, blind gegenüber der
Gesetzlosigkeit zu sein.
„Dieser störende
Beweis rauchender Gewehre bestärkt die Rufe, dass die USA ihre Militärhilfe für
Honduras zurückziehen müssen, wo es seit dem Putsch 2009 ein Blutbad gibt.“
Die Gewalt
in Honduras ist nach dem vom Militär gestützten Putsch im Juli 2009, bei dem
der Präsident Manual Zelaya gewaltsam entmachtet wurde, dramatisch angestiegen.
Umweltaktivist*innen
tragen die Hauptlast der Repression, nachdem die neue rechte Regierung Hunderte
von Konzessionen für Megaprojekte, wie Bergbau oder Staudämme in ökologisch
sensiblen Gebieten vergeben hat. Mindestens 109 Aktivist*innen wurde zwischen 2010
und 2015 ermordet. Dadurch ist Honduras eines der gefährlichsten Länder
weltweit für Umweltaktivist*innen.
Eine
zunehmende Zahl von US-amerikanischen Politikern hat ihre Bedenken zu dieser
Situation ausgedrückt.
Im August
2015 haben 21 Kongressabgeordnete an John Kerry, Außenminister der USA,
geschrieben und ihre Bedenken über die Hilfe der USA für FUSINA ausgedrückt, da
FUSINA wiederholt Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen wird.
Letzte Woche
wurde der Gesetzentwurf zu Menschenrechten Berta Cáceres (Berta Cáceres Human
Rights Act in Honduras) von Hank Johnson dem Kongress vorgelegt, dies würde die
Hilfe der USA suspendieren, bis Menschenrechtsverletzungen durch
Sicherheitskräfte beendet sind.
“Wir stellen
Honduras Millionen von Dollar als Hilfe für die Sicherheitskräfte zur
Verfügung, aber die gleichen Kräfte sind es, die Umwelt-, Arbeits- und
Menschenrechtsaktivist*innen wie Cáceres angreifen und umbringen, ohne dass es
irgendeine wirksame Antwort seitens der Behörden gäbe.“, sagte Johnson.
Bertita
Zúñiga, Cáceres‘ Tochter, sagte, dass die Aussage von Cruz die Forderung der
Familie nach einer unabhängigen internationalen Ermittlung nach den
intellektuellen Mördern bestärke.
„Dies zeigt
uns, dass Todesschwadronen innerhalb der Streitkräfte operieren, welche dazu
benutzt werden, oppositionelle Personen loszuwerden. Es zeigt uns, dass
Menschenrechtsverletzungen staatliche Politik in Honduras sind.“
Übersetzung: Rita Trautmann