Von Jutta Blume amerika21
Hernández hatte 2017 erneut zu den Präsidentschaftswahlen kandidiert, obwohl die honduranische Verfassung die Wiederwahl in dieses Amt nicht erlaubt. Deutliche Zeichen von Wahlbetrug hatten in der Folge zu Massenprotesten mit Straßenblockaden geführt. Die Regierung rief im Dezember 2017 für zehn Tage den Ausnahmezustand aus. Militär und Militärpolizei gingen zum Teil mit scharfer Munition gegen die Protestierenden vor. 23 Menschen wurden damals getötet und rund 60 verletzt. Die meisten wurden dabei Opfer von Gewalt der staatlichen Sicherheitskräfte.
Wie das Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen in Honduras (OACNUDH) in einem jüngst veröffentlichten Bericht darlegte, sind diese Straftaten bis heute nicht geahndet worden. "Zwei Jahre nach den Ereignissen wird in den meisten Fällen von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, bei denen eine Untersuchung eingeleitet wurde, inklusive extralegaler Hinrichtungen, Folter und gewaltsames Verschwindenlassen, noch immer ermittelt und es wurden weder die Täter zur Verantwortung gezogen noch haben die Opfer Gerechtigkeit erfahren", heißt es in der Zusammenfassung. Mit zu verantworten habe diese Situation die Staatsanwaltschaft, die in vielen Fällen untätig geblieben sei, aber auch die Streitkräfte und die Militärpolizei, die die Ermittlungen behinderten.
Das Hochkommissariat fordert nicht nur die Aufklärung und Wiedergutmachung dieser Verbrechen, sondern zudem die rechtliche Überprüfung des Einsatzes der Streitkräfte im Inneren. Auch nach dem Ausnahmezustand, beispielsweise im Juni 2019, hätten Militärs auf unbewaffnete Demonstrierende geschossen. Das Parlament sei gefordert, die Unabhängigkeit der Justiz rechtlich abzusichern und den Nationalen Sicherheitsrat zu reformieren, um die Gewaltenteilung im Staat zu garantieren. Der Sicherheitsrat untersteht der direkten Kontrolle des Präsidenten und vereint die drei staatlichen Gewalten. "Eine der Charakteristiken des Regimes von Juan Orlando Hernández ist die absolute Kontrolle der Institutionen. Er hat die Posten in den wichtigsten Institutionen mit seinen Gefolgsleuten besetzt. Daher kann er gegen das Recht verstoßen, um sich selbst an der Macht zu halten", erklärt der honduranische Menschenrechtsexperte Joaquín Mejía Rivera gegenüber amerika21.
Statt die Empfehlungen des Hochkommissariats umzusetzen, verlegt die honduranische Regierung sich darauf, missliebige Institutionen wie etwa die Internationale Unterstützungsmission gegen Korruption und Straflosigkeit in Honduras (MACCIH) aus dem Land zu werfen. Zahlreiche hochrangige Politikerinnen und Politiker stehen unter Korruptionsverdacht. Präsident Hernández wird spätestens seit dem Gerichtsverfahren gegen seinen Bruder Juan Antonio "Tony" Hernández im Oktober in New York verdächtigt, "Mitverschwörer" im Drogengeschäft gewesen zu sein. Juan Antonio Hernández ist schuldig gesprochen worden, das Strafmaß soll am 24. Februar verkündet werden.
Menschenrechtsorganisationen befürchten derweil, dass die Regierung versuchen wird, die Kontrolle durch internationale Institutionen weiter einzuschränken. Dabei befände sich das Büro des OACNUDH, dessen Eröffnung 2015 beschlossen worden war, selbst im Fokus. "Das Büro des Hochkommissariats unter der Leitung von María Soledad Pazo hat eine wichtige Rolle für die Zivilgesellschaft gespielt, die von den Menschenrechtsorga-nisationen sehr positiv bewertet wird. Daher hat die Regierung, ähnlich wie bei der MACCIH, in Genf eine Kampagne gegen María Soledad Pazo und ihr Team gestartet, mit dem Ziel, dass sie ausgetauscht wird", erklärt Rivera. Die Kampagne solle bewirken, dass der Posten durch eine politisch opportune Person neu besetzt oder das Büro in Honduras geschlossen werde, wodurch die Gefährdung der honduranischen Bevölkerung weiter steigen würde, befürchtet der Menschenrechtsexperte.