Dienstag, 29. Dezember 2020

Indigener Gewerkschafter in Honduras von Mordkommando erschossen

 Von amerika21

Der Gewerkschafter und Umweltaktivisten Félix Vásquez wurde in
El Ocotal. Vier Männer haben am Abend des 26. Dezember den honduranischen Gewerkschafter und Umweltaktivisten Félix Vásquez in seinem Haus in dem Dorf El Ocotal (Gemeinde Santiago de Puringla, Departement La Paz) vor den Augen seiner Familienangehörigen exekutiert.

Vásquez, der bei den Vorwahlen im März 2021 für die Gruppierung "Somos Más" der linksliberalen Partei "Libre" kandidieren wollte, war nach Aussage von Angehörigen und Mitstreiter:innen in den vergangenen Monaten mehrfach bedroht worden. Die Männer, die zunächst die Küchentür von Vásquez Behausung eingetreten hatten, waren dem Vernehmen nach mit Sturmhauben, tarnfarbenen Hosen, schwarzen Hemden und teils auch mit Militärstiefeln bekleidet. Sie trugen Macheten sowie 9mm-Pistolen bei sich. Sie bedrohten die Anwesenden, nahmen ihnen die Handys ab und erschossen Vásquez.

Der 70-jährige war Vorsitzender der Landarbeitergewerkschaft (UTC) im überwiegend von indigenen Lenca bewohnten Departament La Paz im Südwesten des Landes. Er setzte sich seit Jahren für den Schutz der dortigen indigenen Territorien und den Erhalt der Bergwälder und Flüsse ein, die von illegalem Holzeinschlag und Wasserkraft-Projekten betroffen sind. Der Bezirk Santiago de Puringla hatte 2019 in einer Versammlung von über 2.000 Vertreter:innen indigener Gemeinden, erklärt "frei von Bergbau und Wasserkraftwerken" sein zu wollen.

Wenige Tage vor seiner Ermordung nahm Vásquez an Protesten für die Freilassung der inhaftierten Lenca-Aktivisten Victor Vásquez und José Santos Vigil teil. Die beiden gehören zu einer Bauerngruppe aus der Gemeinde Nueva Esperanza, die sich in Konflikt mit Großgrundbesitzer:innen der Region befindet, die Ländereien der indigenen Lenca für sich beanspruchen. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt sie eines Deliktes aus dem neuen Strafgesetzbuch, das 2020 in Kraft trat und eigentlich dem Kampf gegen organisiertes Verbrechen dienen sollte: Sie würden der lokalen Bevölkerung "Angst einjagen und versuchen, sie zu vertreiben".

Vásquez arbeitete auch für das von der Europäischen Union kofinanzierte Antikorruptions-Programm HonduACTion des britisch-irischen Hilfswerks Christian Aid. Dieses spricht in einer Pressemitteilung zu dem Mord vom Kontext "einer staatlichen Politik der Zerschlagung sozialer Organisationen" in Honduras.

Die honduranische Koalition gegen die Straflosigkeit (CCI) macht den Staat mitverantwortlich für den Mord, da die Autoritäten auf seine Hinweise, dass er bedroht werde, nicht reagierten und ihn nicht schützten. Gemeinsam mit der Coordinadora Ambiental Indígena Lenca y Campesina aus La Paz verlangte die CCI bei einer Pressekonferenz am 28. Dezember die Aufklärung des Verbrechens und die Bestrafung möglicher Auftraggeber:innen.

Ein Gewerkschaftskollege von Vásquez berichtete, dass am Abend des 26. Dezember mutmaßlich auch ein Mordanschlag auf ihn geplant gewesen sei. Die schwerbewaffneten Attentäter im Stil einer Todesschwadron hätten ihn aber nicht angetroffen.

Wendy Cruz von Via Campesina forderte mehr internationale Aufmerksamkeit für die Vorgänge in Honduras. Viele Menschen fühlten sich bei dem Muster des tödlichen Attentats auf Vásquez an den Mord an der Lenca-Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres aus dem benachbarten Departament Intibucá erinnert, die in der Nacht vom 2. auf den 3. März 2016 in ihrem Wohnhaus in La Esperanza-Intibucá erschossen wurde.