Freitag, 18. Juni 2021

Gerichtsprozess gegen David Castillo, mutmaßlicher Auftraggeber des Mordes an Berta Cáceres

 Tag 41 [17. Juni 2021]

Die wichtigsten Punkte des Prozesstages

Das Verteidigerteam von Castillo hat einen Verfahrensfehler begangen, indem sie ihre technischen Berater (consultor tecnicos) nicht angewiesen haben, ihre Schlussfolgerungen im korrekten, gesetzlich festgelegten Moment zu präsentieren. Am zweiten Tag stellt die Verteidigung Anträge, um darauf zu bestehen, dass das Gericht ihren Beratern erlaubt, ihre Schlussfolgerungen zu präsentieren - obwohl dies bedeuten würde, dass das Gericht alle Sachverständigen zurück ins Gericht rufen müsste. Damit fordert das Verteidigerteam im Grunde, dass die Richter klar etablierte rechtliche Verfahren verletzen, um, laut der Verteidigung, Castillos Recht auf Verteidigung zu gewährleisten. Das Gericht lehnte ihre Anträge ab.

Die Verteidigung präsentierte eine Analyse, die von Ruben Chapas geschrieben wurde, der jedoch nicht im Gerichtssaal erschien. Stattdessen wurde der Bericht von der Sekretärin verlesen. Er beschrieb, wie die Telekommunikationsexpertin der Staatsanwaltschaft, Brenda Barahona, Beweise manipulierte und veränderte, einschließlich des Herausreissens von Nachrichten aus dem Kontext und des Ignorierens von Nachrichten, die darauf hindeuteten, dass Berta Drohungen von anderen Ursprungs (z.B. Bergbauunternehmen) erhielt. Die Präsentation war kompliziert und verwendete unverständliche Worte, was es für Beobachter*innen schwierig machte, die Details der Analyse zu verstehen.

Zwei der Zeugen der Verteidigung, Edgardo Jerezano Sarmiento (ein Anwalt) und Fabiola Zelaya Hernandez, werden nicht wie ursprünglich geplant im Prozess aussagen. Nach Angaben der Verteidigung liegt dies daran, dass sie bedroht worden seien.

Mehr Details

(Kontroverse über die technischen Berater*innen der Verteidigung)

Die Verteidigung hat zwei technische Berater*in hinzugezogen, um ihnen [ der Verteidigung, d.Red.] bei der Befragung der von der Staatsanwaltschaft und den Nebenklägern präsentierten Experten zu helfen - Jose Antonio Cruz befragte den Telekommunikationsexperten der Staatsanwaltschaft, Brenda Barahona, am Tag 22, und der umstrittene honduranische Lehrer Edgardo Rodriguez befragte die Experten der Nebenkläger, Gladys Tzul und Harald Waxenecker, am Tag 29 und Tag 35

Die Rolle eines technischen Beraters (nach dem, was ich als Nicht-Expertin und Nicht-Juristin verstehe) besteht darin, dass die Berater den Anwält*innen dabei helfen, eine von der anderen Seite vorgelegte Expert*innenenaussage zu verstehen. Die technischen Berater*innen sind in der Lage, die Expert*innen direkt zu befragen und dann ihre Schlussfolgerungen am Ende der Anwesenheit des Expert*innen vor Gericht zu präsentieren. Der technische Berater ist nicht vereidigt und hat nicht das gleiche Gewicht - in Bezug auf die Expertise und die vom Gericht verliehene Autorität - wie die Expert*innen.

Am 40. Prozesstag bat die Verteidigung das Gericht, ihren technischen Berater*innen zu erlauben, ihre Schlussfolgerungen zu präsentieren. Es scheint, als hätte die Verteidigung vergessen oder nachlässig gehandelt, das Gericht und ihre technischen Berater*innen anzuweisen, ihre Schlussfolgerungen zum entsprechenden Zeitpunkt zu präsentieren, und haben so die Gelegenheit verpasst.

Um diesen Fehler rückgängig zu machen, beantragte die Verteidigung beim Gericht, den technischen Berater*innen zu erlauben, ihre Schlussfolgerungen am Ende der Verhandlung zu präsentieren. Die Nebenkläger und die Staatsanwaltschaft lehnten dies mit der Begründung ab, dass dies gegen die klaren Anweisungen einer vom Obersten Gerichtshof am 27. November 2014 veröffentlichten Rechtsnotiz bezüglich der Rolle und der Verfahren in Bezug auf technische Berater*innen, Expert*innen usw, verstoße.

Indem die Verteidigung nicht in der Lage war, die Schlussfolgerungen der technischen Berater*innen zu präsentieren, argumentierte sie, dass das Gericht Castillos Recht auf Verteidigung verletzen würde. Das Gericht lehnte den Antrag ab und teilte der Verteidigung mit, dass Castillos Anwälte selbst die Schlussfolgerungen der Berater*innen in ihren eigenen Schlussfolgerungen präsentieren könnten.

Am folgenden 42. Prozesstag stellte die Verteidigung erneut einen Antrag, dass das Gericht seine Entscheidung überdenken solle. Die Staatsanwälte und Nebenkläger lehnten den Antrag der Verteidigung erneut mit dem Argument ab, dass dies gegen die rechtlichen Verfahren verstoße und die Richter*innen zwingen würde, außerhalb ihrer rechtlichen Rolle zu handeln. Die Staatsanwält*innen argumentierten, die Verteidigung habe fahrlässig gehandelt und versucht, einen Fehler zu korrigieren, den sie selbst verursacht hätten.

Das Gericht lehnte den Antrag der Verteidigung erneut ab und hielt an seiner Entscheidung vom Vortag fest. 

Vortrag von Ruben Chapas zur angeblichen Manipulation von Beweisen durch die Telekommunikationsexpertin der Staatsanwaltschaft, Brenda Barahona

Ruben Chapas erschien nicht im Gericht. Am 4. Tag gab die Verteidigung an, dass Chapas nicht persönlich erscheinen könne, um seine Präsentation vorzustellen oder Fragen dazu zu beantworten. Begründet wurde seine Abwesenheit, dass Chapas bedroht worden sei. Die Nebenkläger baten das Gericht, dass die Verteidigung Beweise für die Drohungen vorlegen solle, und legten dar, dass der Bericht nicht zugelassen werden solle. Es wurde zugelassen, aber das Gericht wird zu einem späteren Zeitpunkt (während der Urteilsverkündung?) entscheiden, ob es bei seiner endgültigen Entscheidung berücksichtigt wird oder nicht.

Die Präsentation war schwer zu verstehen und es wurden verschiedene Folien gezeigt. Diese können Sie nachlesen, wenn Sie sich das Facebook-Live ansehen: https://www.facebook.com/PJdeHonduras/videos/488087062425683

[HINWEIS: Dies ist eine sehr grobe Zusammenfassung des Dokuments].

Die von der International Organization for Standardization (ISO) empfohlenen Praktiken wurden nicht in der richtigen Weise praktiziert.

Es gab keine angemessene digitale forensische Untersuchung, die die Integrität der Beweise geschützt und erhalten hat. Dies hätte den Inhalt des Beweismaterials verändern können, was die Beweisführung anderer Sachverständiger beeinträchtigt hätte, zu der gleichen Schlussfolgerung zu kommen wie die Sachverständige der Staatsanwaltschaft, Brenda Barahona.


Internationale Standards wurden nicht befolgt:

Es gab keine Bilder oder forensischen Kopien im Prozess der Erfassung der Beweise, was es unmöglich machte, den Zustand der ursprünglichen Informationen über die Geräte [die verwendeten Telefone? das ist nicht klar] festzustellen.

Die Analyse verwendet nicht die notwendigen Elemente, um einen angemessenen Schutz gegen Feuchtigkeit, Magnetismus, etc. zu gewährleisten, wie es die internationale Norm ISO 27037 fordert

Probleme mit der Verwaltung der Beweise in einer bestimmten Datei (Namen der Datei)

Um Informationen aus den Mobiltelefonen zu extrahieren, wurde die Version des Betriebssystems des Extraktionsprogramms geändert, was die Beweise verändert haben könnte.

Bezüglich der Verwendung von Telefongesprächen,

1. Die Nachrichten aus Whatsapp-Chats wurden nicht in der Reihenfolge oder in der Reihenfolge der ursprünglichen Zeitlinien präsentiert, was gegen internationale Normen verstößt.

2. Auf den Seiten 14 und 16 der Gerichtsakte wurden die Whatsapp-Chat-Nachrichten aus verschiedenen Whatsapp-Gruppengesprächen entnommen und in einer anderen Reihenfolge dargestellt. Dadurch wird eine neue Konversation gebildet und der Kontext verändert.

Es wurden Beispiele von Nachrichten aus den Whatsapp-Chatgruppen gegeben: Security PHAZ und PHAZ Coordination [Die Nachrichten wurden vor Gericht nicht vorgelesen und es war nicht möglich, sie auf dem Bildschirm zu lesen]

Die aus dem Whatsapp-Chat der Security PHAZ entnommenen Nachrichten beziehen sich nie auf illegale Handlungen.

In keiner der Nachrichten wurde die Planung der Ermordung von Berta Cáceres besprochen. Die Nachrichten von Douglas Bustillo wurden aus dem Zusammenhang gerissen.

Wenn man die Konversationen in der Reihenfolge liest, vor und nach dem Verbrechen, kann man David Castillos Beteiligung an dem Verbrechen oder die Planung des Verbrechens nicht nachweisen.

Ex. Es gibt keine Kommunikation zwischen David Castlilo, Henrry Hernandez und Mariano Diaz Chavez.

Gespräche zwischen Berta Cáceres und einer Nummer, die Yanik Sansonnens zugeordnet wird, besprechen Bergbauprojekte, in denen Berta auf "ernsthafte Bedrohungen" Bezug nimmt. Es gibt auch Gespräche zwischen Cáceres und einer anderen Nummer, die von Carlos Juarez Juarez benutzt wird, wo es Hinweise auf jemanden gibt, der verhaftet wurde.

Was die Freundschaft zwischen David Castillo und Berta Cáceres betrifft, so gibt es 144 Gespräche von Juli 2013 bis zum 18. Februar 2016. Ihre Gespräche sind offen und herzlich und zeigen, dass sie sich gegenseitig unterstützen.

Schlussfolgerungen: Die Berichte und die Untersuchung der Beweise (Nachrichten, Whatsapp, Textnachrichten, etc.) zeigen keine Beteiligung von David Castillo an kriminellen Elementen.

(HINWEIS: Nach dem mündlichen Diktat dieses Berichts erinnerten die Nebenkläger die Richter*innen an ihre Entscheidung, bei der Verurteilung zu bestimmen, ob dieser Bericht bei ihrer endgültigen Entscheidung berücksichtigt wird oder nicht).

Die Verteidigung zieht zwei Zeugen zurück

Die Verteidigung gibt bekannt, dass Edgardo Benjamin Jerezano Sarmiento vom Gericht vorgeladen wurde, aber er hat die Verteidigung informiert, dass er aufgrund von Drohungen nicht aussagen wird.

Das gleiche wurde für die Zeugin Fabiola Esmeralda Zelaya Hernández angekündigt.

Klärung der von Harald Waxenecker verwendeten Beweise auf Antrag der Verteidigung

Nach der Expertenaussage von Waxenecker beantragte die Verteidigung von Castillo, dass das Gericht die Beweise, die Waxenecker zur Durchführung seiner Analyse zur Verfügung gestellt wurden, überprüft. Damit soll die gerichtliche Kontrolle darüber sichergestellt werden, welche Dokumente und Elemente vom Gericht autorisiert wurden.

Das Gericht berichtet über die Liste der Beweise, die autorisiert worden waren, und informierte alle Parteien, dass sie Waxeneckers Bericht überprüfen würden, um sicherzustellen, dass alle enthaltenen Elemente tatsächlich vom Gericht autorisiert wurden. 

https://www.aquiabajo.com/blog/2021/6/17/day-forty-one-trial-against-david-castillo

(Übersetzung aus dem Englischen, ohne Gewähr)