von OFRANEH, Übersetzung Poonal
(Quito, 22. Juli 2015, alai).-
Der Besuch des honduranischen Staatspräsidenten Juan Orlando Hernández
(JOH) in Südkorea und anderen asiatischen Staaten im Juli war
überschattet von den schweren Korruptionsvorwürfen gegen die jetzige und
gegen frühere honduranische Regierungen. Ein besonders wichtiger
Tagesordnungspunkt während des Aufenthalts von JOH in Südkorea ist,
neben seinem Werben für ein Freihandelsabkommen zwischen Korea und
Mittelamerika, der Erhalt der Machbarkeitsstudie für die „Modellstadt“
(ZEDE) an der Südküste des Landes zu erhalten, einschließlich eines
Tiefseehafens in Amapala.
Südkoreanischer Stahlgigant POSCO sollte Machbarkeitsstudie liefern
Zu den ersten Treffen von JOH in Südkorea gehörte denn auch eine
Zusammenkunft mit der Firma Daewoo, einem Tochterunternehmen des
weltweit sechstgrößten Stahlerzeugers POSCO (Pohang Iron and Steel
Company). POSCO hatte den Auftrag für die Erstellung der Machbarkeitsstudie für ZEDE erhalten.
POSCO wird derzeit von einer Reihe von Korruptionsvorwürfen
erschüttert, die es in seinen Tochterunternehmen gegeben haben soll. Das
ging so weit, dass Anfang Juli die Hauptgeschäftsstellen in Pohan
durchsucht und im vergangenen April mehrere Führungskräfte inhaftiert
worden waren.
Das in Südkorea eröffnete Verfahren wegen der allgegenwärtigen
Korruption bei POSCO hat eine Reihe von Manager*innen des Unternehmens,
das bis zum Jahr 2014 von dem noch immer in Haft sitzenden Chung
Joon-yangaño geleitet wurde, die Knie weich werden lassen.
Organisation der Entwicklungszusammenarbeit KOIKA mit im Boot
POSCO PLANTEC, eine der Tochterfirmen dieses multinationalen
Konzerns, hatte im vergangenen Jahr erklärt, im März dieses Jahres die
Machbarkeitsstudie der Modellstadt im Süden von Honduras übergeben zu
wollen. Am Ende seiner Rundreise durch Südkorea erhielt JOH
Medienberichten zufolge die „Machbarkeitsstudie des Logistikzentrums von
Valle“ (Estudio de factibilidad del Centro Logístico de Valle) und die
Unterstützung der Organisation für Entwicklungszusammenarbeit KOIKA für
die Machbarkeitsstudien in den Sonderentwicklungsgebieten (ZEDE) in
Honduras.
Die weit verbreitete Armut und die sich verschlimmernde Gewalt sowie
die vorhandene Korruption in Honduras scheinen für das Unternehmen
POSCO, das angesichts der Lawine von Vorwürfen gegen die Firma selbst in
einer Glaubwürdigkeitskrise steckt, kein Hindernis zu sein.
POSCO und sein Tochterunternehmen Daewoo gerieten im Jahr 2009 in die
Kritik, weil sie versucht hatten, sich ein riesiges Gebiet auf der
Insel Madagaskar anzueignen, als es dem Wirtschaftswissenschaftler und
Initiator der „Modellstädte“, Paul Romer gelungen war, den damaligen
Premierminister dieser Insel, Marc Ravalomanana, davon zu überzeugen,
ihm kostenlos 1,3 Millionen Hektar Land für die Aussaat von Mais und
Ölpalmen zu überlassen.
Fragwürdige Partner
Nach dem Staatsstreich vom März 2009 verlegte Paul Romer sein
Interesse von Madagaskar nach Honduras – einem Staat, der nach dem
Putsch vom 28. Juni 2009 in einem politischen Gemetzel
zugrunde ging, das bis heute anhält, auch wenn die Medienmaschinerie
angeworfen wurde, um das zu kaschieren. POSCO ist in eine Reihe von
Menschenrechtsverletzungen im indischen Bundesstaat Odisha verwickelt,
wo das Unternehmen vorhatte, ein metallurgisches Werk zu bauen. Durch
das Bauvorhaben waren 22.000 Menschen von Vertreibung bedroht. Die
Behörden ließen auf Anweisung von POSCO mehr als 150.000 Bäume fällen.
POSCO trat von seinem Vorhaben scheinbar zurück.
Die Korruptionsvorwürfe gegen die Führungsebene bei POSCO stellen die
Redlichkeit des Unternehmens in Frage. Das Image des Unternehmens wird
in Honduras durch KOIKA verbreitet, der südkoreanischen Organisation für
Entwicklungszusammenarbeit, die darum bemüht war, die
Machbarkeitsstudie für die ZEDE voranzubringen.
Die Modellstädte – jener Name, unter dem man die jetzt ZEDE genannten
Projekte früher kannte, haben einen enormen Widerstand in Honduras
hervorgerufen, bis hin zu einem Putsch der Legislative gegenüber der
Justiz, nachdem letztere die Modellstädte im September 2012 für illegal
erklärt hatte.
Augenwischerei: ZEDE, Modellstädte und LEAP
Die Abkürzung ZEDE wurde von der ecuadorianischen Regierung
„entliehen“, die bereits seit längerer Zeit dieses Kürzel für
Freihandelszonen verwendet. Doch die ZEDE in Honduras unterscheiden sich
von jenen in Ecuador hinsichtlich ihrer Souveränität. Diese wurde durch
die „nationalistischen“ Regierungen untergraben, die das gewalttätige
Honduras nach dem Putsch verwaltet haben.
Sowohl die allgegenwärtige Korruption als auch der Zusammenbruch des
Justizsystems wie auch die Vorwürfe gegen die Manager von POSCO geben
uns einen ersten Eindruck davon, was wir von den ZEDE zu erwarten haben.
Es scheint, als könnten das mögliche Steuerparadies, das sich die
Förderer und Initiator*innen von LEAP-Zonen erhoffen, also Gebiete mit
eigenen rechtlichen, wirtschaftlichen, administrativen und politischen
Regularien (1) sowie die wenigen Akademiker*innen, die die Modellstädte
der Korruption mit bewerben, auf die Unterstützung der südkoreanischen
Entwicklungshilfe zählen.
Sambo Creek, 22. Juli 2015
(1) Anm. d. Ü.: Aus dem Engl. „Legal, Economic, Administrative, Political jurisdictions“; dies ist ein weiterer Begriff für die vormals als „Modellstädte“ bezeichneten Konzepte.
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