San Rafael. Am 29. Oktober haben etwa 1.000 Bewohner:innen des Landkreises Arizona im nördlichen Department Atlántida von Honduras in einer öffentlichen Gemeindeversammlung gegen die Ausbeutung ihrer natürlichen Ressourcen gestimmt. Sie sagen "Nein" zum Bau des Wasserkraftwerkes Jilamito durch die Betreiberfirma Inversiones de Generación Eléctricas S.A. (IngelSA). Gleichzeitig sprechen sie sich gegen die Errichtung von Privatstädten (ZEDE) und gegen Bergbau aus.
Martín Fernández, Koordinator der honduranischen Umweltbewegung Movimiento Amplio de Dignidad y Justicia (MADJ) erklärte gegenüber amerika21, dass das nationale Energieunternehmen den Vertrag mit IngelSA nicht verlängern wird. Schon zum dritten Mal hat das Unternehmen eine Verlängerung der Verträge beantragt, da es durch die Sperrung der Zufahrtsstraße für Baufahrzeuge das Kraftwerk weder fertigstellen noch in Betrieb nehmen kann. Bereits im Jahr 2017 hatte die Bevölkerung ein Protestcamp errichtet.
"Das Gesetz über öffentliche Beschaffung sieht vor, dass ein vom Staat unterzeichneter Vertrag gekündigt werden kann, wenn er nicht innerhalb von sechs Monaten begonnen wird", so Victor Fernández, ebenfalls Koordinator der MADJ. Das im Mai 2022 durch das Parlament verabschiedete Energiegesetz sieht Fristen von einem und zwei Jahren vor. "Die Haltung der Regierung, die Kontrolle über den Energiesektor als strategisches Element der Gesellschaft zurückzuerobern, ist mehr als willkommen." Die Regierung sollte in diesem Bereich eine Allianz mit den Menschen und Organisationen, die ihre Gemeinden verteidigen, eingehen, so Fernández weiter.
IngelSA versucht jedoch nicht nur über rechtlich-administrative Wege ihr Projekt durchzusetzen. Seit vier Jahren versucht das Unternehmen die Opposition zu brechen, indem es gegen fünf Kraftwerksgegner:innen juristisch vorgeht. Einer der Betroffenen ist der Bürgermeister Arnoldo Chacón, der von Anbeginn auf der Seite seiner Gemeinden steht. Chacón unterstrich nach der Abstimmung: "Wir sehen eine Bevölkerung, die sich nach Gerechtigkeit sehnt, die durch die transnationalen Unternehmen ihre Flüsse und Familien zerstört sieht. Die Unternehmen sprechen von Entwicklung, jedoch ist dies eine Lüge, denn sie schöpfen nur unsere Ressourcen ab und lassen unseren Gemeinden nichts."
Das Jilamito-Projekt ist höchst umstritten, da IngelSA Korruption vorgeworfen wird und in dessen Zusammenhang zwei Kraftwerksgegner ermordet wurden. Die betroffenen Gemeinden wurden nicht über den Bau und dessen negative Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung von circa 30.000 Menschen und deren Umwelt informiert. Laut MADJ war das Wasserkraftwerk von einer honduranischen Auswahlkommission für technisch und wirtschaftlich unrentabel erklärt und abgelehnt worden. Dennoch kam es zur Unterzeichnung von Verträgen mit dem Staat und zur Erteilung einer Umweltlizenz. Die MADJ legte bereits 2010 Rechtsmittel gegen die illegale Konzession und Privatisierung des Flusses Jilamito ein (amerika21 berichtete).
Seit dem Putsch im Jahr 2009 haben die Regierungen der Nationalen Partei Honduras als "Open for Business" erklärt, was Korruption enormen Ausmaßes, Verletzung nationaler und internationaler Rechte, Gewalt und die Konzessionierung von Flüssen, Wäldern und Böden nach sich zog und als Ausverkauf des Landes kritisiert worden ist.
Die Regierung von Xiomara Castro (Libre-Partei) steht vor der Aufgabe, in dem bankrotten Land mit einer Armutsrate von 75 Prozent, hoher Anfälligkeit gegen die Auswirkungen des Klimawandels und einer nach wie vor in die USA abwandernden Bevölkerung, eine Wirtschaftspolitik zu verfolgen, die soziale und ökologische Aspekte einschließt.