Samstag, 4. März 2017

Wenn „Entwicklung“ tödlich ist



Solidarität mit den Kämpfen um Land und Selbstbestimmung in Lateinamerika

Wir gedenken am 3. März 2017 der vor einem Jahr ermordeten honduranischen Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres. Einige von uns haben sie persönlich gekannt, viele hat sie mit ihrem Mut, ihrer klaren Analyse und ihrem Beharren auf eine gerechtere Welt inspiriert. „Berta ist nicht gestorben – sie hat sich verfielfacht“

Wir wollen nicht Berta alleine gedenken, sondern all denjenigen – viel zu vielen – die ebenfalls im Kampf um die Menschenrechte, für das Rechte auf eine saubere Umwelt, den Kampf gegen Vertreibung in ganz Lateinamerika ermordet wurden. 217 Menschenrechtsverteidiger*innen starben der Organisation Frontline Defenders zufolge allein im Jahr 2016 eines gewaltsamen Todes, 85 in Kolumbien, 58 in Brasilien, 33 in Honduras, 26 in Mexiko, 12 in Guatemala und jeweils eine*r in El Salvador, Peru und Venezuela. Auch das laufende Jahr hat mit einer erschreckenden Zahl von Morden begonnen, nach Angaben der Interamerikanischen Menschenrechtskommission waren es bis Anfang Februar 2017 14. Es findet ein Krieg gegen die ärmsten Bevölkerungsschichten statt, ein Krieg, in dem nur die Opfer zu sehen sind und die Täter, gedeckt von Regierungen, Militär und Wirtschaftseliten selten ermittelt oder gar bestraft werden. Wir fordern daher im Mordfall Berta Cáceres, aber auch in vielen weiteren Fällen vollständige Aufklärung und die Bestrafung der Täter, einschließlich der Auftraggeber der Morde. Die überwiegende Straflosigkeit trägt dazu bei, dass die Morde an Menschenrechtsverteidiger*innen immer weiter gehen.


Am stärksten betroffen sind diejenigen, die sich für Landrechte, indigene Rechte und Umweltschutz einsetzen. Häufig geht es um den Erhalt der Lebensgrundlagen indigener und bäuerlicher Gemeinden wie sauberes Wasser und Land für den Anbau von Nahrungsmitteln. Doch um diese Naturgüter wird ein immer härterer Kampf – mit ungleichen Mitteln – ausgefochten. Die Privatisierung von Territorien, die Konzessionierung für den Bergbau oder für die Gewinnung von Strom aus Wasserkraft führen in ganz Lateinamerika zur Vertreibung derjenigen, die seit Jahrhunderten von ihrem Land leben.

Hinter dem blutigen Kampf um die Territorien stehen auch global agierende Unternehmen und Finanzinstitutionen. Kredite für Projekte, in deren Namen Vertreibung stattfindet, kommen auch von Entwicklungsbanken wie der International Finance Corporation der Weltbank, der Zentralamerikanischen Bank für Wirtschaftsintegration , der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), der niederländischen Entwicklungsbank FMO, der Europäischen Investitionsbank sowie zahlreichen weiteren Banken. Europäische Unternehmen sind am Bau von Staudämmen auf indigenen Territorien beteiligt wie etwa Siemens, Voith Hydro, Alstom, Iberdrola, ABB, Areva und andere, internationale Bergbauunternehmen wie BHP Billiton und Glencore sind mitverantwortlich für die Vergiftung der Umwelt und deutsche Energieunternehmen importieren Kohle aus Minen, die mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen.

Wir fordern:
- die Beendigung der Verfolgung und Kriminalisierung der Menschenrechtsverteidiger*innen
- Ende der Straflosigkeit, Gerechtigkeit und Aufklärung der Morde an den Menschenrechtsverteidiger*innen
- dass die Länder internationales Recht achten, wie den Artikel 169 der ILO, über die vorherige freie und informative Befragung der indigenen Gemeinschaften

Ein Jahr nach ihrer Aussaat: Berta lebt und COPINH kämpft weiter!

Berlin, 3. März 2017
Cadena de Derechos Humanos Honduras (CADEHO)
Honduras-Delegation (Alemania)
Kolumbienkampagne Berlin


Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit 
Unidos por la paz Alemania (Kolumbien)