Dienstag, 12. Februar 2019

Honduras - Humanitäre und politische Krise versus US-Geopolitik



von Thomas Raabe, veröffentlicht in Tierra y Libertad (01/2019)
Proteste  in Tegucigalpa im Dezember 2017 Foto: Luis Méndez
Für den 27. Januar 2019 war die Bevölkerung von Politiker*innen der Opposition und Vertreter*innen von[1] Menschenrechts-organisationen und sozialen Bewegungen aufgerufen, sich an landesweiten Protesten gegen das Regime unter Führung von Juan Orlando Hernández zu beteiligen. Vor einem Jahr hatte Hernández verfassungswidrig und nach nachweislich massivem Wahlbetrug seine zweite Amtszeit angetreten.

Seit dem Wahlbetrug protestiert die Bevölkerung. Auf Transparenten und in Sprechchören wird der Rücktritt Hernández´ gefordert. "Fuera JOH" (Verschwinde JOH), skandieren die Demonstrant*innen. Sie fordern die Freilassung der politischen Gefangenen und das Ende der „Drogendiktatur“. Nach jüngsten Erkenntnissen der New Yorker Staatsanwaltschaft gebe es Verbindungen hoher Funktionäre und Angehörige der Familie Hernández zur Drogenkriminalität. Der Bruder von Staatschef Hernández, Juan Antonio "Tony" Hernández wurde am 23. November 2018 im Flughafen von Miami, USA, festgenommen. Von Devis Leonel Rivera Maradiaga, dem in den USA inhaftierten Anführer des honduranischen Drogenkartells Los Cachiros, wird er beschuldigt, in den Drogenhandel involviert zu sein. Tony Hernández habe Tonnen von Kokain in die USA geschmuggelt.




Trotz der Wahlmanipulation und der Drogengeschäfte hoher Funktionäre und Familienangehöriger genießt Hernández Rückendeckung der USA. Das US-Southern Command (Southcom), zuständig für Militäroperationen in Lateinamerika, unterhält auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Soto Cano den Hauptsitz einer Task Force Bravo - einer Spezial-einheit der Southcom. In den letzten Jahren waren vier weitere US-Militärstützpunkte in Honduras errichtet worden. Erst am 22. Januar 2019 (einen Tag vor dem Putschversuch in Venezuela) traf sich Craig Faller, Chef des Southcom, mit Fredy Díaz Zelaya, aktueller Verteidigungsminister, um „Themen der Sicherheit und des Friedens“ in der Region zu besprechen.[2]
Proteste in San Pedro Sula Foto: Radio Progreso

Die Bilanz des letzten Jahres fällt schlecht aus: Militär und Polizei gingen gegen die Proteste unter Einsatz von Tränengas und scharfer Munition vor. Mehr als 33 Menschen wurden während der Proteste nach den Wahlen getötet.[3] Viele dieser Morde sind nachweislich durch die Militärpolizei verübt worden und bisher straffrei geblieben. Regionen, in denen die Bevölkerung gegen illegale Projekte wie Wasserkraftwerke und Bergbau protestiert, wurden militarisiert.

Abgeordnete und Funktionäre der Regierungspartei, der Nationalen Partei, sind in mehrere Korruptionsskandale involviert. Dabei sollen sie öffentliche Gelder in Millionenhöhe durch eigens geschaffene Nichtregierungsorganisationen in die eigene Taschen gewirtschaftet haben. Laut Untersuchung der Nicht-Regierungsorganisation Fosdeh hat sich die Zahl der Honduraner*innen, die in Armut und extremer Armut leben, zwischen 2010 - 2018 drastisch erhöht.[4]
 
Zu diesen Skandalen kommt das hohe Gewaltniveau in Honduras. Allein in den ersten 15 Tagen des Jahres 2019 wurden bereits acht Massaker verübt, in denen 27 Menschen getötet wurden.[5]

Ein weiteres Indiz für die Krise sind die tausenden Honduraner*innen, die sich in bisher vier Karawanen auf den Weg in die USA auf der Suche nach Sicherheit und Arbeit gemacht haben. Erst am 20. Januar verließ die vierte Gruppe mit rund 400 Personen die nördliche Stadt San Pedro Sula in Richtung Guatemala.[6]