Hernández muss mit lebenslanger Haftstrafe rechnen. Zeugenaussagen sorgen für Aufsehen. Wahlkampf 2013 wurde bereits mit Drogengeldern finanziert
Er muss nun, ähnlich wie sein bereits verurteilter Bruder Juan Antonio "Tony" Hernández, mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen. Das Strafmaß soll, so Richter Kevin Castel, am 26. Juni verkündet werden.
In der Verhandlung kam zur Sprache, wie Hernández sein Amt nutzte, um verschiedenen Drogenkartellen, darunter dem Sinaloa-Kartell von "El Chapo" Guzman, Schutz zu gewährleisten. Dafür nahm er Millionen von US-Dollar Bestechungsgelder an, ließ Widersacher:innen von einem Elite-Polizeikommando beseitigen und verwandelte den nach dem Putsch 2009 ohnehin angeschlagenen Rechtsstaat Honduras in einen korrupten "Narco-Staat".
Neben zahlreichen Dokumenten, darunter die 2018 konfiszierten sogenannten Narco-Notizbücher, Chat-Protokolle der Bande M13, Fotos und Videos, sorgten vor allem Zeugenaussagen gegen Hernández im New Yorker Prozess für Aufsehen.
Alexander Ardón Soriano, "El Chande", ehemals lokaler Drogenzar sowie Bürgermeister der Gemeinde El Paraíso im westlichen Honduras und Mitglied von Hernández' Nationaler Partei, beschrieb, wie er Hernández schon als Präsidentschaftskandidat Drogengelder zukommen ließ. Ardón, der in seinem eigenem Prozess gestanden hatte, 56 Morde in Auftrag gegeben zu haben, erklärte, er sei die Brücke zwischen "El Chapo" Guzmán und Hernández gewesen, so Staatsanwalt Jacob Gutwillig in seinem Schlussplädoyer.
Fabio Lobo, Sohn von Hernández’ Amtsvorgänger Porfirio Lobo, sagte aus, den Wahlkampf von Hernández 2013 mit fast einer halben Million Dollar finanziert zu haben, im Gegenzug für den Schutz seiner Drogenhändler-Kollegen.
Aber auch ein Zeuge, der selbst nicht in den Kokainhandel und weitere Verbrechen involviert war, beschrieb detailliert, wie Hernández in den Räumen eines Unternehmens, das Drogengelder wusch, Kontakte mit Drogenhändlern machte und sich besonders dafür interessierte, Kokain in Honduras produzieren zu lassen und über den Hafen Puerto Cortés zu exportieren.
Zugunsten von Hernández sagten drei hohe honduranische Militärs aus, trugen aber Prozessbeobachter:innen zufolge kaum etwas zur Aufklärung bei.
Hernández selbst stritt alle Vorwürfe ab. Es handle sich um Lügen von Leuten, die sich für seinen Kampf gegen den Drogenhandel in Honduras rächen wollten.
Die US-Historikerin Dana Frank erklärte, sie habe Beamte des State Department und drei verschiedene Botschafter befragt, und es sei klar, dass diese dem Gericht sehr ablehnend gegenüber standen. Ein verbreitetes Narrativ sei, "dass das honduranische Volk nicht in der Lage ist, sich selbst zu regieren, und dann kommen plötzlich die USA und setzen heldenhaft die Rechtsstaatlichkeit durch. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Es sind die USA, die geholfen haben, das Strafrechtssystem in Honduras zu zerstören", so Frank. Weder Barack Obama noch Donald Trump noch Joe Biden hätten gewollt, dass JOH ausgeliefert und ihm der Prozess gemacht werde.
Die amtierende Präsidentin von Honduras, Xiomara Castro, reagierte mit einer schriftlichen Mitteilung auf das Urteil. "Das Versagen der honduranischen Justiz und ihre Komplizenschaft mit dem organisierten Verbrechen wurden aufgedeckt und ihre Straflosigkeit in vollem Umfang demonstriert, so wie wir es seit vielen Jahren öffentlich angeprangert haben, sowohl im Widerstand als auch vor der internationalen Gemeinschaft, die sich weitgehend von uns abgewandt und die Narco-Diktatur unterstützt hat", heißt es darin. Man werde nicht akzeptieren, dass die zahlreichen Morde und die extreme Korruption im privaten und öffentlichen Sektor weiter ungestraft blieben.
Die honduranische Investigativ-Journalistin Thelma Mejia sprach von Hernández als der Spitze eines Eisbergs und fragte: "Was wird die Staatsanwaltschaft mit den neuen Enthüllungen machen? Das wird jetzt der Lackmustest sein, um zu wissen, ob unsere Justiz robust ist, ob sie in der Lage ist, Recht zu sprechen, ohne sich an die US-Gerichte wenden zu müssen."
Das nordamerikanische Honduras Solidarity Network (HSN) startete zum Prozess eine Kampagne, die auf die Rolle der USA im honduranischen Drogenkrieg hinweist und zugleich sichtbar macht, wie Unternehmen aus den USA, Kanada und Europa von den korrumpierten Strukturen des "Narco-Staates" profitierten.
HSN-Koordinatorin Karen Spring zitiert zudem Miriam Miranda, die Leiterin der honduranischen Garifuna-Organisation OFRANEH: "Das internationale Kapital schämte sich nicht, in einen Präsidenten zu investieren und ihn zu unterstützen, der in den Drogenhandel verwickelt ist. Ausländische Unternehmen haben den Drogenstaat gestützt und die institutionellen Schwächen ausgenutzt, die eine großartige Gelegenheit bieten, zu investieren, keine Steuern zu zahlen und alle Privilegien zu genießen, die sie wollen."