Wir melden uns aus Honduras' Hauptstadt Tegucigalpa zu unserem ersten Blog-Eintrag über unsere dreiwöchige Delegationsreise durch das Land. Es ist die fünfte Reise ihrer Art, die das Honduras-Solidaritäts- und Menschenrechtsnetzwerk HondurasDelegation veranstaltet.
Es ist nicht einfacher geworden in Honduras, aber die Bevölkerung hat nicht aufgehört, sich zu engagieren. Eingeschränkte Pressefreiheit, Verfolgung und Bedrohung von Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen, Anwält*innen, LGTBI-Aktivist*innen und Umweltaktivist*innen gehören mittlerweile zum Alltag. Der Ausverkauf besonders indigener Territorien bedroht die Lebensgrundlage indigener Gemeinden, die verstärkt Repressionen durch staatliche und nicht-staatliche Akteuren ausgesetzt sind.
Uns geht es darum, die sozialen Bewegungen vor Ort zu besuchen, um ihnen unsere Solidarität zu zeigen und uns als Menschenrechtsbeobachter auf den neuesten Stand ihrer Arbeit bringen zu lassen. Oft genug riskieren sie mit ihrer Arbeit ihre körperliche Unversehrtheit und es bedeutet einen gewissen Schutz, um die internationale Aufmerksamkeit für ihre Tätigkeit zu wissen. Gleichzeitig möchten wir die wichtigen und mutigen Auseinandersetzungen, die die sozialen Bewegungen hier führen, bei uns in Europa bekannt machen und bereiten eine Reihe von Medienprodukten vor, so zum Beispiel einen Dokumentarfilm und eine Schwerpunktausgabe der Zeitschrift "ila" zu Honduras.
In diesem Blog werden wir ab heute im Abstand weniger Tage ganz frisch über unsere Recherchen berichten, es lohnt sich also hier immer wieder mal vorbeizuschaun.
Unsere ersten Besuchstermine: FIAN und die Europäische Union
Heute ging es los mit einem Besuch bei einem alten Weggefährten: Jesus Garza war nach dem Putsch 2009 unser erster Rundreisegast aus Honduras in Berlin und München und rief damals Aktivist*innen und Journalist*innen dazu auf, Honduras zu besuchen und über die Realität im Land zu berichten. Das haben wir uns zu Herzen genommen. Nun haben wir ihn wieder getroffen, er ist derzeit nationaler Koordinator von FIAN, einer weltweit tätigen Menschenrechtsorganisation, die sich mit dem Recht auf Ernährung und Landwirtschaft befasst.
Wir wollten von ihm wissen, welche Folgen das seit 2012 bestehende "Assoziierungsabkommen" zwischen der EU und Zentralamerika hat. Das sei schwer zu messen, sagt Garza, sicher sei aber, dass dieses Abkommen die neoliberale Wirtschaftspolitik, die das Land schon vorher geprägt habe, weiter verfestigt habe. Ergebnis sei eine Stärkung der europäischen Konzerne gegenüber den Interessen der Bevölkerung an Arbeitsrechten oder Umweltschutz.
Als nächstes besuchten wir Ketil Karlsen, den Botschafter der Europäischen Union in Tegucigalpa. Karlsen ist bekannt für sein Engagement für die Menschenrechte in Honduras und berichtet über die Einrichtung eines Runden Tisches, an dem die Botschafter einiger EU-Länder und der Schweiz und Angehörige der honduranischen Regierung sitzen und jeweils Vertreter*innen der sozialen Bewegungen oder Menschenrechtsverteidiger*innen einladen.
Im Gespräch mit dem Botschafter der EU, K. Karlsen |
Wir freuen uns aber darüber, dass unter den Vertretern der europäischen Politik jemand ist, der glaubhaft an der Verbesserung der Menschenrechtslage interessiert ist und hoffen darauf, dass Karlsen seinen Worten Taten folgen lässt, was im Fall des Mordes an der Indigenen-Führerin Berta Caceres schon geschehen ist.
Abends beim Essen denken wir angesichts unserer ersten beiden Treffen darüber nach, wie kongruent die Politik der EU in Honduras ist. Während ihre Wirtschaftspolitik soziale Konflikte erzeugt, kümmern sich die "Vertreter der europäischen Werte" (Botschafter Karlsen) um den Schutz der Menschenrechte derer, die unter den Investitionen europäischer Konzerne zu leiden haben, seien es Minen, Tourismus- oder Green Economy-Projekte.
All das werden wir uns in den kommenden drei Wochen aus der Nähe anschauen.
Hier geht's zu einer Beschreibung unseres Vorhabens incl. Spendenaufruf.