Alison Acker ist eine „wütende Großmutter“ aus
dem kanadischen Victoria. Als sie noch jünger war, hat sie 1988 ein Büchlein
mit dem Titel „Honduras – das Entstehen einer Bananenrepublik“ veröffentlicht.
Es ist auch nach fast 30 Jahren lesenswert, führt es uns doch von Kolumbus bis
in die Neuzeit der zivilen Regierungen, die 1982 begann. Versteckt in dieser
nicht enden wollenden Abfolge von Präsidenten von der Nationalen Partei
(Partido Nacional de Honduras, PNH) oder der Liberalen Partei (Partido Liberal
de Honduras, PLH), gab es in den 1970er Jahren einen liberalen Reformer und
einen „fortschrittlichen“ General. Sie stehen im Mittelpunkt dieses Beitrages,
eingerahmt von Ausschnitten aus der Vorgeschichte und der Zeit danach.
„Honduras
hätte eine bescheidene zentralamerikanische Erfolgsgeschichte werden können. Es
hatte die richtige Lage für den Handel. Es hatte Ressourcen und verglichen mit
seinen Nachbarn war es bis zu einem gewissen Grad demokratisch und ruhig.
Stattdessen wurde es eine Nation von Bettlern, ein Fass ohne Boden für
ausländische Hilfe, ein Land, das zu vermieten war.“ Mit diesen Worten beginnt
Alison Acker ihre Geschichte. (1)
Der
Dramatiker Eugene O’Neill ging 1910 auf Goldsuche nach Honduras. Er bekam
Malaria. Einer Biographie zufolge soll er nach seiner Rückkehr in die
Vereinigten Staaten gesagt haben: „Nachdem ich überall in diesem Land war,
glaube ich fest daran, dass Gott, nachdem er Honduras erschaffen hatte, eine
Vorstellung von der Hölle bekam.“ Um diese Zeit hatte Minor Cooper Keith
bereits die Bananen entdeckt. „Er konzentrierte sein Kapital und seine Märkte,
und gründete mit zusätzlichen Mitteln von der Morgan-Bank die United Fruit
Company (UFCO)“, aus der 1970 die United Brands Company und 1984 Chiquita
Brands International wurde. Einen ersten honduranischen Präsidenten kürte UFCO
bereits 1903, Manuel Bonilla von der PNH, der eine von seinem liberalen
Vorgänger erlassene Bananensteuer wieder abschaffte. Ramón Amaya Amador, der
selbst in den Plantagen der United Fruit gearbeitet hatte, beschreibt in seinem
Roman ‚Prisión Verde‘ (Grünes Gefängnis, 1950), wie die Fruchtkonzerne an das
Land für ihre Plantagen kamen: „Schau mal, sagte der Rechtsanwalt, wenn Du Dein
Land an die Gesellschaft verkaufst, hast Du nicht nur einen persönlichen
Gewinn, sondern Du dienst damit auch unserem Vaterland.“ Neben Minor Keith
kamen noch andere Geschäftsleute mit Rockefeller-Potential aus dem Norden -
zwei davon mit „Migrationshintergrund“. Die Vaccaro-Brüder hatten
sizilianische Vorfahren, operierten ebenfalls in ganz Mittelamerika wurden als
Standard Fruit Company bekannt. Castle & Cooke stiegen ein, kreierten die
Marke DOLE, die 1973 führend auf dem US-Markt wurde und 1978 auf den
europäischen Markt kam. Samuel Zemurray, ein jüdisch-russischer Einwanderer,
begann als Teenager in New Orleans, wo Standard Fruit Bananen aus Mittelamerika
anlandete, mit einem eigenen Bananen-Geschäft. Im Jahr 1911 kaufte er in
Honduras eine Eisenbahnkonzession unweit des Hafens von Tela. Eisenbahnen und
Häfen waren unentbehrlich im Bananenhandel, mit entsprechenden Konzessionen der
Liberalen oder Nationalen Präsidenten bekamen die Keith, Vaccaros und Zemurrays
das Land dazu.
Foto: HondurasDelegation |
Sam „der
Bananenmann“ Zemurray verstand es wie kein anderer, aus Honduras eine
Bananenrepublik zu machen. „Sam Zemurray war ein Boss neuen Stils. Mit dem
Einsatz von Bewässerung erzielte seine Cuyamel Company größere und bessere
Bananen. Aber er brauchte seine eigenen Konzessionen, ein Problem, das er auf
seine dreiste Art löste: einen Staatsstreich gegen den Liberalen Präsidenten
Miguel Dávila.“ Zemurray kaufte sich Ex-Präsident Bonilla, stattete ihn mit
einem alten Kanonenboot und einem Haufen Söldner aus und ließ ihn Dávila
stürzen. Kurz vor dem Börsenkrach verkaufte er 1929 sein kleines Imperium, das
er 1911 mit fünf Millionen US-Dollar angefangen hatte, für 29 Millionen an die
UFCO. Im Jahr 1933 kam er zurück. Er tauchte im Verwaltungsrat der UFCO auf,
deren Großaktionär er durch den Verkauf geworden war, und verließ die
Versammlung als neuer Präsident des Konzerns, der in Mittelamerika
allgegenwärtig werden sollte. In Honduras stand der Langzeitdiktator Tiburcio Carías
Andino (von 1932 bis 1948) auf seiner Gehaltsliste. Er begann als Koch bei
einer Liberalen Guerilla, wurde später Nationalist, stellte Milizen auf, und
hatte die Faustregel „einkreisen, vernichten und beerdigen“. Zemurray
unterstützte Somozas Nicaragua im Grenzstreit mit Honduras. Und als in
Guatemala die Regierung von Jacobo Árbenz 1954 eine Agrarreform einleitete,
ließ die CIA über UFCO-Plantagen in Honduras Söldner in Guatemala
einmarschieren, um den Präsidenten zu stürzen.
Drei der
unzähligen Präsidenten von Honduras haben wir bis hierher kennengelernt.
Zwischen der Unabhängigkeit von Honduras als Republik im Jahr 1824 und 1933,
als die Diktatur Carías begann, hatte das Land 117 Präsidenten, darunter
Francisco Morazán, den Visionär der Vereinigten Provinzen Zentralamerikas. Die
beiden Parteien, die bis heute Honduras prägen (die blauen Konservativen, die
Nationale Partei, und die roten Liberalen) haben gleichermaßen eine Tradition
von Vetternwirtschaft. Beide haben sich immer wieder gespalten und sind stramm
antikommunistisch, weshalb man mit dem Kommunismus-Vorwurf einen sich
fortschrittliche gebärdenden Präsidenten wie den Viehbaron Mel Zelaya leicht zu
Fall bringen kann. Die PNH vertritt traditionell die Großgrundbesitzer und
Campesinos, eine Mischung aus Tagelöhnern und Subsistenzbauern. ProtestanInnen
und DemokratInnen mochten sie nicht. Die Liberalen hatten etwas gegen die
katholische Kirche und vertreten den klassischen Wirtschaftsliberalismus.
Nachdem Carías der „guten Nachbarschafts“-Politik der Vereinigten Staaten zu
peinlich wurde, ließen sie ihn vom Militär entfernen. Es begann die Zeit der
Militärdiktaturen, in der die Streitkräfte zu einer eigenständigen politischen
Kraft wurden.
„Ironischerweise
war ein Militärherrscher manchmal aufgeklärter als ein ziviler Präsident, und
ein Präsident, von dem sich niemand etwas versprach, wurde der fähigste. So
ließ Manuel Gálvez, den Carías noch handverlesen hatte, 1949 politische
Gefangene frei, lud Exilierte ein zurückzukommen, beendete die offene Repression
gegen die Arbeiterbewegung und begann mit Infrastrukturmaßnahmen für eine
moderne Wirtschaft.“ Im letzten Amtsjahr von Gálvez, zur Zeit der
US-Intervention gegen Árbenz in Guatemala, kam es zum großen Bananenstreik. Es
begann damit, dass die UFCO sich weigerte, am Ostersonntag Überstundenzuschläge
zu bezahlen. Der Streik erfasste schnell die Häfen von Puerto Cortés und Tela
und die Plantagen im Landesinneren. Am 5. Mai 1954 wurde bei der UFCO und bei
Standard Fruit gestreikt. Am 13. Mai schlossen sich die Arbeiterinnen des
Bergbauunternehmens Rosario Mining, der nationalen Bierbrauerei und von British
American Tobacco an. Zusammen mit ihren UnterstützerInnen sollen 50 000
Menschen in Bewegung geraten sein. Aber bereits am 19. Mai brachen die ArbeiterInnen
bei Standard Fruit ab, nachdem vier Mitglieder des zentralen Streikkomitees
verhaftet worden waren. Am 6. Juli beschloss ein gelbes Komitee mit United das
Streikende.
Dole und der Hafen in Bahia de Trujillo, Foto: HondurasDelegation |
In der
Parteipolitik waren 1957 mit der Wahl Ramón Villeda Morales die Liberalen an
der Reihe. Er hatte an der Nationaluniversität Medizin studiert und dort eine
Zeitung und einen Verband der Studierenden gegründet. Mit einem Stipendium
machte er von 1937 bis 1939 ein Facharztstudium an der Humboldt-Universität in
Berlin. Seine Praxis in Tegucigalpa wurde später stadtbekannt, und so konnte es
nicht ausbleiben, dass er zum Präsidenten der Ärztekammer gewählt wurde. Aus
der Liberalen Partei, in der er 1948 aktiv wurde, machte Villeda eine der
fortschrittlichsten Parteien Mittelamerikas. Er gründete die Tageszeitung „El
Pueblo“ (Das Volk) und gab seiner Partei ein Grundsatzprogramm. Seine Reden
beendete er mit der Aufforderung „Allzeit nach vorne, kein Schritt zurück!“ Als
er zum Kandidaten der PLH gewählt wurde, sollen ihm im August 1957 in San Pedro
Sula, der zweitgrößten Stadt des Landes, laut der Tageszeitung „La Tribuna“ 100
000 Menschen zugejubelt haben. Ebenso bei Amtsantritt im Dezember. Unter
Villedas Regierung wurde 1961 das Agrarreforminstitut INA gegründet, im Jahr
darauf das Agrarreformgesetz verabschiedet, mit dem die Agrarstruktur
grundlegend zugunsten bäuerlicher Betriebe verändert werden sollten. „Nach der
kubanischen Revolution drängte die Kennedy-Regierung auf Reformen, insbesondere
eine Agrarreform, um weitere Revolutionen zu verhindern. Villeda Morales fand
sein eigenes Konzept einer Reform, passgenau zu Kennedys Allianz für den
Fortschritt, denn das Recht auf Eigentum sollte respektiert und der Kommunismus
bekämpft werden. Aber die Bananenkonzerne und die Großgrundbesitzer hatten kein
Verständnis für vorsichtige Reformen. Bei einem geheimen Treffen mit
hochrangigen Offizieren, Managern der UFCO und dem US-Botschafter soll es darum
gegangen sein, Villeda Morales davon abzuhalten, denselben Weg wie Árbenz in
Guatemala einzuschlagen. Der Präsident beruhigte die Konzerne mit
Landkonzessionen, während er gleichzeitig den Campesinos Land gab. Sie hielten
es für ihr gutes Recht, Land zu besetzen, weil viele von den Bananenmultis
vertrieben oder entlassen worden waren.“ Ein Jahr nach Beginn der Agrarreform
stürzte Oberst Oswaldo López Arellano am 3. Oktober 1963 den wiedergewählten
Präsidenten Ramón Villeda Morales.
Oberst
López Arellano war Karriere-Offizier. Nach dem Putsch gegen Villeda regierte er
de facto, bis er sich 1965 mit gefälschten Wahlen zum verfassungsmäßigen
Präsidenten machen ließ, um anschließend bis Juni 1971 sechs Jahre
durchzuregieren. „Seine populistische Militärregierung machte Reformen, ohne
mit der Rechten in offene Konfrontation zu treten. Mit seinen Agrarreformen
reagierte López Arrelano auf die anschwellende Campesino-Bewegung, erlaubte es
aber gleichzeitig den Großgrundbesitzern, ihre Güter innerhalb der Familie
aufzuteilen, so dass sie einer Enteignung entgingen. Die Großgrundbesitzer
formierten sich 1966 zur FENAGH, dem Verband der Viehbarone und Farmer, der
anfing gegen salvadorianische Siedler zu hetzen“, bis es zum 100-Stunden-Krieg
von 1969 kam: „Das INA fand es einfacher, salvadorianische Siedler zu
vertreiben, als brachliegendes Land der Großgrundbesitzer zu enteignen. Im
April 1969 stellte die Regierung den Salvadorianern ein Ultimatum von 30 Tagen,
woraufhin 11 000 von ihnen das Land verließen.“
Im Juli
bot ein Qualifikationsspiel zwischen Honduras und El Salvador der Diktatur des
Oberst Fidel Sánchez Hernández in El Salvador den nichtigen Anlass, den in der
Luft liegenden Krieg gegen das Nachbarland loszubrechen. Die Folgen waren
katastrophal: 4 000 bis 6 000 zivile Tote, 60 000 bis 130 000
SalvadorianerInnen wurden aus Honduras vertrieben, der Gemeinsame
Mittelamerikanische Markt brach zusammen, in beiden Ländern wurde die
politische Rolle der Streitkräfte gestärkt. In Honduras „gelang es López
Arellano nicht, den hartleibigen Teil des Militärs zu besänftigen. Im
Zusammenhang mit einem Bestechungsversuch der United Brands, der als 'Bananagate' in die Geschichte der
Bananenrepublik einging, wurde López Arellano Korruption vorgeworfen und er
musste zurücktreten. Gewonnen haben am Ende wieder die Bananenkonzerne, denn
der neue Präsident, General Juan Alberto Melgar Castro von der Nationalpartei,
stoppte 1975 die Forderung nach einer Bananen-Exportsteuer von einem US-Dollar
für jeden Karton von ca. 23 kg.“ Im selben Jahr taucht General Melgar Castros
Namen in einem anderen Zusammenhang auf. „Die Campesinos waren bemerkenswert diszipliniert
geworden. Vor einer Landbesetzung erkundeten sie den legal Status des
Grundstückes und avisierten das INA.“ Die Großgrundbesitzer waren nicht so
geduldig. Bei einem Angriff der FENAGH wurden 14 AktivistInnen der Nationalen
Campesino-Union UNC, darunter zwei Priester und zwei Zeuginnen des Verbrechens,
auf dem Landgut Los Horcones des reichen Holzhändlers José Manuel Zelaya im
Departement Olancho, dem wilden Osten von Honduras, ermordet. Sein ältester
Sohn, José Manuel ‚Mel‘ Zelaya Rosales, war zur Zeit des Massakers 23 Jahre
alt. Ein halbes Jahr später heiratete er Xiomara Castro, die Tochter des
Präsidenten. Die beteiligten Armeeoffiziere wurden zu zehn Jahren Gefängnis
verurteilt, Vater Zelaya nach vier Jahren von Melgar Castro begnadigt. Der ließ
für kurze Zeit die Landverteilung beschleunigen. Knapp 25 000 Hektar von
Großgrundbesitzern und über 11 000 der UFCO wurden enteignet, dann fiel die
Agrarreform wieder ins Schneckentempo zurück.
In El
Salvador und Guatemala herrschte Krieg und in Nicaragua regierten die
SandinistInnen. Die Reagan-Regierung fand es an der Zeit, Honduras umzubauen.
Sie machte sich daran, formale Wahlen als einzige Voraussetzung für Demokratie
zu verkaufen. So wurde der Liberale Roberto Suazo Córdova im Januar 1982 Präsident.
Eine gute Wahl: In seiner gesamten Amtszeit wurden um die 16 000 Hektar an
Landlose verteilt, während es Oberst López Arellano auf über 700 000 Hektar
gebracht hatte. Eine aus honduranisch-militärischer Sicht ebenfalls gute Wahl
traf der Generalstab, als er 1982 Oberst Gustavo Álvarez Martínez zu seinem
Chef machte: „Im Jahr 1977 rief Standard
Fruit das 4. Infanteriebataillon aus La Ceiba, um die Büros der
Isletas-Genossenschaft zu stürmen. Las Isletas war von 900 GenossInnen auf Land
gegründet worden, das von Standard
enteignet worden war.“ Als sie nicht mehr über Standard verkaufen wollten,
arrangierte der Konzern eine außerordentliche Vollversammlung, um eine neue
Leitung wählen zu lassen, und schickte besagte Infanteristen unter dem Kommando
von Oberst Álvarez, der auf Standards
Gehaltsliste stand. Er ließ die gesamte Führung für zwei Jahre ins Gefängnis
stecken. Die neue Führung machte einen langfristigen Exportvertrag mit Standard zu Preisen, die weit unter dem
Angebot der Union Bananen exportierender Länder (UPEB) lagen. Im Jahr 1981 war
die Kooperative am Ende und das INA übernahm das Land. Im Jahr 1979 war Álvarez
bereits Chef der dem Verteidigungsministerium unterstellten Öffentlichen
Sicherheitskräfte (FUSEP) und 1980 dann Chef der Geheimpolizei DNI geworden –
die Morde, das Verschwindenlassen und die Folter begannen. „Álvarez war davon
überzeugt, einen heiligen Krieg zu führen. Er stellte fest: ‚Es gibt nur zwei
Arten von Politiker – Kommunisten und andere. Alles, was ihr macht, um die
marxistischen Regime zu zerstören, ist moralisch.´“ Álvarez´ Freundschaft mit
dem Liberalen Kandidaten Suazo Córdova erwies sich zu beiderseitigem Nutzen.
Suazo machte Oberst Álvarez zum Generalstabschef, zum Brigadegeneral und nach
gewonnen Wahlen zum Verteidigungsminister. Zwei Monate, bevor er seine neuen
Ämter übernahm, kam der Mann, der in Wirklichkeit die Geschicke von Honduras zu
lenken hatte, an: US-Botschafter John Dimitri Negroponte. Für die nächsten
beiden Jahre übernahmen Negroponte und Álvarez die Geschäfte in Honduras, das
alsbald über 30 Millionen US-Dollar Militärhilfe bekam. Massive US-Manöver
begannen, und die Landkarte von Honduras wurde neu gezeichnet, indem die
US-Nationalgarde Straßen und Landepisten für die US-Intervention baute.
Im Mai
1983 landeten US-Truppen in Puerto Castillo, um das regionale Trainingszentrum
CREM für die salvadorianischen Kameraden zu bauen. Das Fass lief über, als
Álvarez das Oberkommando der Streitkräfte von 45 auf 21 Mitglieder verringerte.
Die Kleinigkeit von einer Million US-Dollar für Waffenkäufe, die in der Kasse
fehlten, war auch noch im Spiel. Negroponte hörte als erster von den
Putsch-Plänen und hatte keine Einwände. Am 31.März 1984 wurde Álvarez in San
Pedro gefangen genommen und mit einem bereitstehenden Jet nach Costa Rica
gebracht.“ (Offenbar beliebt als Ablageplatz für unliebsam gewordene
Persönlichkeiten. A.d.Ü.) Vor seiner Abschiebung hatte Álvarez aber noch
genügend Zeit, um AktivistInnen der Gewerkschafts-, Bauern- und
Menschenrechtsbewegungen und Linke verhaften und für „Subversive“ das
militärische Todesschwadron „Bataillon 3-16“ aufbauen zu lassen.
Álvarez'
Nachfolger, Luftwaffengeneral Walter López Reyes, sagte 1978 im Ruhestand dem
Nachrichtensender CBS: „Es war für uns zu gefährlich, der Sache auf den Grund
zu gehen, denn wer herausgefunden hätte, wer all diese Leute umbrachte, hätte
selbst ermordet werden können.“ Der explizit rechte Unternehmerverein
„Vereinigung für den Fortschritt in Honduras“ (APROH), dessen Präsident General
Álvarez ebenfalls gewesen war, empfahl angesichts der galoppierenden
Wirtschaftskrise, in die Honduras geraten war, aus Honduras ein zweites Taiwan
oder Hongkong zu machen. Acker kommt gegen Schluss ihrer Geschichte zu dem
Fazit: „Die Kriegssituation machte die Investoren nervös. Sie befürchteten,
dass aus Honduras kein Hongkong wird, sondern eher ein neues Vietnam.“ Und: „Im
Mai 1987 besetzten an die 100 000 Bauern und Bäuerinnen annähernd 15 000 Hektar
Land im Nordwesten von Honduras – die vielleicht größte Welle von Landbesetzungen
in der Geschichte des Landes. Das INA war gezwungen, die Landforderungen zu
bearbeiten, aber die Sicherheitspolizei der FUSEP verhafteten nach dem von
General Álvarez vorangetriebenen Antiterrorismus-Gesetz 450 der BesetzerInnen.
Mindestens drei Bauern starben in den Auseinandersetzungen mit der Polizei und
den Killern der FENAGH.“ Ex-General Gustavo Álvarez Martínez war zu diesem
Zeitpunkt als Sektenprediger in Miami. 1988 kehrte er nach Honduras zurück, wo
ihn im Januar 1989 ein Kommando der „Volksbewegung für die Befreiung
Cinchoneros“, eine von der honduranischen Kommunistischen Partei abgespaltene
Guerilla, erschoss.
Da sich
die honduranischen Streitkräfte unter der Ägide Washingtons konsequent zum
Staat im Staat entwickelten, in dem einem zivilen Präsidenten oder wahlweise
einem ebensolchen Parlamentspräsidenten das letzte Wort gelassen wird (wie
zuletzt geschehen beim Sturz von Mel Zelaya), ist die Wahrscheinlichkeit, dass
aus ihren Reihen ein neuer López Arellano kommt, gering. Der reformistische Anlauf
eines Villeda Morales ist hingegen noch zweimal in der späteren Geschichte
wiederholt worden: einmal von einem studentenbewegten Juristen, der unter
anderem Mitglied des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag war, Carlos
Roberto Reina Indiáquez (Liberaler Präsident von 1994 bis 1998). Und einmal von
dem Viehbaron José Manuel „Mel“ Zelaya Rosales, der 1976 sein Ingenieurstudium
abbrach, weil er die Familien-Ranch übernehmen musste, als sein Vater wegen des
Massakers von Los Horcones ins Gefängnis kam. Sohn Mel wurde bekanntlich 2006
Präsident der Republik. Ende 2017 stehen in Honduras wieder Präsidentschafts-,
Parlaments- und Gemeinderatswahlen an. Der derzeitige Präsident Juan Orlando
Hernández, aber auch Mel liebäugeln bereits mit einer zweiten Amtszeit.
Angesichts dieses Amtszeit-Fetischismus hat Ende 2016 eine Gaby auf Facebook
gewarnt: „Streitkräfte, das Volk vertraut auf Sie, die darauf warten, den
Präsidenten aus seinem Palast zu holen, wenn er die Verfassung der Republik
verletzt. Machen Sie dasselbe, was Sie mit dem Herrn Manuel Zelaya gemacht
haben.“ Das kann ja heiter werden.
1) Im
Folgenden stammen alle Zitate aus ihrem Buch.
Alison Acker, Honduras: The making of a Banana
Republic, Toronto, 1988