Geppert GmbH
Ing.
Mag. Guntram Geppert
Geppertstraße 6
A-6060 Hall in Tirol
Geppertstraße 6
A-6060 Hall in Tirol
München/Wien, 21. Juni 2018
OFFENER BRIEF
Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden
beim Bau des Wasserkraftwerks „Los Planes“ in Honduras
Sehr geehrter
Herr Ing. Mag. Geppert!
Laut
Informationen auf Ihrer Homepage liefert „Geppert Hydropower“ Pelton-Turbinen
an das Wasserkraftwerk „Los Planes“ in Honduras (Tela, Atlántida) an.
Da dieses
Projekt in Verbindung mit schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen steht,
appellieren wir an Ihr ethisches Bewusstsein und fordern Sie eindringlich auf
- die Lieferung der Turbinen sofort zu stoppen
- eine sorgfältige Risikoanalyse vorzunehmen und
- in der Folge die laufenden Verträge mit dem honduranischen Unternehmen „Hidroeléctrica Centrales El Progreso“ (Hidrocep) zu kündigen.
Als
Turbinenlieferant für „Los Planes“ trägt Geppert Hydropower essentiell zur
Realisierung eines Wasserkraftwerks bei, dessen Genehmigung unrechtmäßig ist
und dessen Bau nachweislich bereits enorme Umweltschäden verursacht hat. Die
Trinkwasserversorgung von ca. 20.000 Menschen am Unterlauf des Rio Mezapa war
und ist erheblich beeinträchtigt.
Die in den UN-Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte
verankerte menschenrechtliche Sorgfaltspflicht bildet den Maßstab für
unternehmerisches Handeln national und international. Hieraus leitet sich die
Verantwortung von Geppert
Hydropower ab, in Bezug auf Ihre gesamte Geschäftstätigkeit auf
die Einhaltung der Menschenrechte zu achten – auch bei Geschäftspartnern.
Hierzu gehört, menschenrechtliche Risikoanalysen und Folgenabschätzungen
vorzunehmen, Risiken entgegenzutreten und, falls dies nicht möglich ist, schwerwiegende
Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit Ihrer Geschäftstätigkeit zu verhindern:
Verträge nicht einzugehen oder zu beenden.
Dies gilt umso
mehr für Lieferungen in ein Land wie Honduras, das international bekannt ist
für Korruption, mangelnde Rechtsstaatlichkeit und schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen
– gerade im Bereich der gewaltsamen Durchsetzung von Energieprojekten.
Bekanntestes Beispiel, von dem Sie sicher Kenntnis haben, ist die Ermordung der
honduranischen Menschenrechtsverteidigerin und Umweltaktivistin Berta Cáceres
wegen ihres Widerstandes gegen das Wasserkraftwerk „AguaZarca“ im März 2016.
Siehe dazu den Bericht der unabhängigen
internationalen Experten-Kommission GAIPE.
Zum Hintergrund
Der Bau des
Wasserkraftwerks „Los Planes“ begann im Jahr 2016, initiiert durch das
Unternehmen Hidroeléctrica Centrales El Progreso (Hidrocep). Am 12. Mai 2016 reichte das “Netzwerk der
Gemeinden zum Schutz der natürlichen Ressourcen der Kordilleren Nombre de Dios”
eine Klage gegen das Projekt ein. Auf diese hat die honduranische Justiz bisher
nicht reagiert. Trotz der mehrheitlichen Ablehnung bei einer öffentlichen
Gemeindeversammlung erteilte der damalige Bürgermeister Mario Fuentes
widerrechtlich eine Baugenehmigung.
Die Organisation „Breite
Bewegung für Gerechtigkeit und Würde“ (Movimiento Amplio por la Dignidad y la
Justicia – MADJ) zeigte 2016 mehrere Vorfälle bei den Behörden an, darunter
Überwachung, Drohungen und Drangsalierung, insbesondere gegen den Anwalt Martín
Fernández Guzmán, Koordinator der Organisation. MADJ vertritt Gemeinden im
Land- und Umweltrechtsbereich.
Umweltschäden
und Verletzung des Rechtes auf sauberes Trinkwasser
Die
von „Los Planes“ betroffenen Gemeinden stellten fest, dass mit Beginn der
Bauarbeiten 2016 Hunderte von Bäumen gefällt wurden und die künstlichen
Stabilisierungsmaßnahmen der Baufirma nicht in der Lage sind, die dadurch
entstehende Erosion an den steilen Berghängen aufzuhalten (siehe links).
Mit
den Bauarbeiten begann auch die Verschlammung des Trinkwassers der flussabwärts gelegenen
Gemeinden. Das Trinkwasser von ca. 20.000 Personen wurde unbrauchbar.
Laboruntersuchungen ergaben, dass es mit giftigem Schlamm, Müll und Bakterien
kontaminiert ist.
Im
Februar 2018 verpflichtete die Interamerikanische Menschenrechtskommission
(CIDH) den honduranischen Staat, der seinen Aufgaben nicht nachgekommen war,
auf Grund der Gesundheitsgefahren zu speziellen Schutzmaßnahmen für fünf durch
das Wasserkraftwerk Los Planes betroffene Gemeinden. Nach Auskunft des MADJ hat
sich die Wasserqualität bis dato jedoch nicht wesentlich verbessert.
Mordanschlag auf Umweltstaatsanwalt
Im
Januar 2017 war Staatsanwalt Randy Mejía von der lokalen Umweltbehörde vor Ort
gewesen und hatte einen Bericht über die Schäden erstellt. Die Behörde ordnete
daraufhin einen Baustopp an. Noch am gleichen Abend wurde ein Attentat auf
Mejía verübt. Er überlebte und verließ mit seiner Familie das Land.
Aufgrund der
gravierenden Situation errichteten die Gemeinden des Sektors Pajuiles im März
2017 ein Blockadecamp an der Zufahrtsstraße zur Baustelle. Dort wurden und
werden ausschließlich Versorgungs- und Baufahrzeuge des Unternehmens blockiert.
Nichteinhalten
von Abkommen aus einem Dialog mit der Betreiberfirma
Im August 2017
konnten mit Unterstützung des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte ein
Dialog und ein Abkommen zwischen den betroffenen Gemeinden, den staatlichen
Stellen und dem Unternehmen Hidrocep erreicht werden. Die Gemeinden mussten
jedoch feststellen, dass sich die Verantwortlichen von Hidrocep nicht an den
darin vereinbarten Baustopp halten. Stattdessen dauern Drohungen gegen
Kraftwerksgegner und -gegnerinnen sowie gewaltsame Übergriffe auf das neu
errichtete Protestcamp an.
Michel Forst, Sonderberichterstatter der
Vereinten Nationen für die Situation von Menschenrechtsverteidigern, besuchte
das Camp Pajuiles im Mai 2018.
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Exzessive
Gewaltanwendung und Körperverletzung
Etwa 20 Männer
griffen am 4. August Martín Fernández, Anwalt des MADJ und
Oskar Martínez, Umweltaktivist des Blockadecamps, an und verletzten beide teils
schwer. Nicht die namentlichen bekannten Täter, sondern 17
Menschenrechtsverteidiger*innen aus dem Blockadecamp in Pajuiles wurden mit
Gerichtsprozessen überzogen:
Bei einer
rechtswidrigen und gewaltsamen Räumung des Camps am 10. August 2017 durch
Militärpolizei und Sondereinsatzkommandos des honduranischen Militärs wurden
auch unbeteiligte Anwohner durch in die Nachbarschaft geworfene
Tränengaskartuschen in Mitleidenschaft gezogen und eine hochschwangere Frau zu
Unrecht bis zum nächsten Morgen in Polizeigewahrsam genommen.
Am 3. Mai 2018 kam es erneut zu einer Militarisierung und
Gewaltanwendung gegen die Umweltaktivist_innen in Pajuiles. Der Eigentümer der
Betreiberfirma Hidrocep, Jason Hawit, begleitete Maschinen und Material zur
Baustelle. Dabei wurde er vom honduranischen Militär und Polizei eskortiert.
Auch dieses Mal wurde durch die Polizei Tränengas gegen die friedlich
Protestierenden, die sich im Camp aufhielten, eingesetzt.
Verletzung
des Rechtes auf Leben – außergerichtliche Hinrichtung eines Kraftwerksgegners
Im Januar 2018
wurde einer der Aktivisten des Protestcamps in Pajuiles, Geovanny Diaz Carcamo,
im Morgengrauen von Männern in Polizeiuniformen aus seinem Haus gezerrt und an
der nahegelegenen Staatsstraße mit mehreren Schüssen exekutiert. Diaz hatte
auch an politischen Protesten nach den Wahlen zu Jahresbeginn teilgenommen. Die
Art seiner Hinrichtung lässt jedoch auf eine gezielte, selektive Liquidierung
eines Umweltaktivisten schließen.
Gefahr für
Leib und Leben der Anwälte des MADJ – Staat kommt seinen Schutzpflichten nicht
nach
Honduras ist
eines der gefährlichsten Länder für Menschenrechtsverteidiger_innen,
insbesondere für solche, die sich für Land- und Umweltrechte einsetzen. Dem
Anwalt Martín Fernández von der Organisation MADJ wurden in diesem Zusammenhang
bereits 2013 durch die Interamerikanische Menschenrechtskommission spezielle
Schutzmaßnahmen zuerkannt, die von der honduranischen Regierung jedoch nicht
umgesetzt werden. Die permanente Bedrohung seines Lebens und seiner physischen
Integrität war in jüngster Zeit Anlass zur Besorgnis auch bei ausländischen
Diplomaten, die dies im Gespräch mit der honduranischen Regierung zum Ausdruck
brachten.
Wir, die unterzeichnenden
Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen appellieren daher dringend an Sie,
die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten Ihres Unternehmens ernst zu nehmen
und Konsequenzen aus der unhaltbaren Situation in Bezug auf „Los Planes“ zu
ziehen.
Eine Kopie
dieses offenen Briefes wird auch an Dr. Gerhard Doujak, Leiter der Abteilung
I.7 (Menschenrechte, Humanitäres Völkerrecht, Volksgruppenangelegenheiten) im
Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten sowie als
Presseinformation weitergeleitet.
Für Rückfragen
steht Ihnen Andrea Lammers vom deutsch-österreichischen Netzwerk
HondurasDelegation gerne zur Verfügung: elsal@oeku-buero.de 0049 – 89 – 448 59 45
Wir bitten Sie,
uns über die von Ihnen eingeleiteten Schritte zu informieren und verbleiben mit
freundlichen Grüßen,
HondurasDelegation Deutschland – Österreich
Informationsgruppe Lateinamerika (IGLA), Wien
Ökumenisches Büro für Frieden und
Gerechtigkeit e.V., München
Petra Bayr, Nationalratsabgeordnete der SPÖ
Ulrich Brand, Univ.-Prof.
Dr., Universität Wien
Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin des Europaparlaments a.D., Leiterin der
Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin des Europaparlaments a.D., Leiterin der
EU-Wahlbeobachtungsmission
2013 und Follow-Up-Mission nach Honduras 2015
Monika Vana, Mitglied des Europaparlaments
attac Österreich
Finance & Trade Watch, Wien
Frauen*solidarität Österreich
GegenStrömung – CounterCurrent
Gesellschaft für bedrohte Völker Österreich
GLOBAL 2000 - Friends of the Earth Austria
Guatemala Solidarität Österreich
Netzwerk Soziale Verantwortung, Wien
Österreichisches Lateinamerika-Institut
Reporter ohne Grenzen Österreich
RiverWatch
Südwind Verein für Entwicklungspolitik und globale Gerechtigkeit
Via Campesina Österreich
Welthaus – Katholische Aktion Wien