Montag, 11. März 2019

Rolle der Frauen im territorialen Widerstand in Honduras


von Daniela Dreißig erschienen in amerika21

Tegucigalpa. Frauenorganisationen riefen für den 8. März zu Kundgebungen und Aktionen auf. Vor der Generalstaatsanwaltschaft in Tegucigalpa versammelten sich Frauen, um auf die hohe Femizidrate und deren Straflosigkeit aufmerksam zu machen. Der Campus der Nationalen Autonomen Universität Honduras in Tegucigalpa wurde von Studentinnen und Mitarbeiterinnen der Universität besetzt. Sie machten auf die sexuelle Belästigung und Gewalt innerhalb des Bildungssystems aufmerksam. Sie forderten die Einführung des Notfall-Antikonzeptivums (der "Pille danach") und der Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Aus der nördlichen Industriestadt San Pedro Sula wurde berichtet, dass Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte gegen Frauen und Mädchen, die sich vor dem Gerichtsgebäude versammelten, handgreiflich wurden und sie mit Waffen bedrohten.


Das Gedenken an Berta Cáceres ist auch am Weltfrauentag in Honduras spürbar Foto: COPINH

Laut einem Bericht der Nationalen Stelle zur Beobachtung der Gewalt der Universität (UNAH) wurden allein im Jahr 2018 380 Frauen ermordet. Mehr als 90 Prozent aller Frauenmorde bleiben in absoluter Straflosigkeit. Gewalt gegen Frauen ist unter anderem Folge von wirtschaftlicher Ungleichheit, Armut, Korruption, Militarisierung und den fest verankerten Strukturen des organisierten Verbrechens und der Drogenkriminalität in der honduranischen Gesellschaft.

Die Situation der honduranischen Frauen und Mädchen ist in vielerlei Hinsicht prekär: bereits im Oktober 2009 verhing das de-facto-Regime das Verbot der "Pille danach". Das Zentrum für die Rechte von Frauen (CDM) äußerte sich 2018 besorgt über die hohe Geburtenzahl bei Minderjährigen. Allein im Jahr 2017 haben 775 Mädchen im Alter zwischen 10 und 14 Jahren in öffentlichen Gesundheitsstationen entbunden - Schwangerschaften, die Folge von sexueller Gewalt waren. Trotzdem stimmte der Nationale Kongress im Mai 2017 gegen die Strafrechtsreform, die sich auf die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen bezog. Demnach müssen weiterhin Schwangerschaften, die durch Vergewaltigung entstanden sind, bei denen schwere fetale Missbildungen festgestellt wurden oder die ein Risiko für das Leben der Frau darstellen, ausgetragen werden. Personen, die Aborte durchführen bzw. durchführen lassen, werden weiterhin kriminalisiert.

Eine weitere Forderung der Protestierenden am Weltfrauentag ist der Zugang zu Land. Gerade einmal 4 Prozent der Frauen besitzen Landtitel, das sie selbst bewirtschaften können. Viele indigene, afro-indigene Frauen und Bäuerinnen sehen ihr Land, ihre traditionelle Lebensform und Subsistenzwirtschaft nicht zuletzt durch extraktivistische Großprojekte bedroht. Der honduranische Staat und die privaten Unternehmen favorisieren den Extraktivismus als Entwicklungsmodell.

Fotos der ermordeten indigenen Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres waren in den verschiedenen Demonstrationen landesweit zu sehen. Gegenüber Amerika21 äußerte sich die honduranische Feministin und Liedermacherin Karla Lara, dass es heute keine territorialen Widerstände gebe, in denen nicht mindestens eine Frau in der führenden Ebene vertreten sei. Dies sei vor allem in den indigenen und afro-indigenen Organisationen COPINH mit Bertha Zúniga und OFRANEH mit Miriam Miranda zu sehen. Selbst in den Bewegungen gegen illegale Wasserkraftwerke im Norden und dem Tagebau in Guapinol haben sich Frauen als Sprecherinnen und Führerinnen der Bewegungen hervor getan - oft da ihre Partner inhaftiert seien.

Cáceres, am 2. März 2016 ermordet, koordinierte die indigene Organisation COPINH, die den Widerstand gegen den Bau des illegalen Wasserkraftwerkes Agua Zarca auf dem angestammten Gebiet der indigenen Lenca aufnahm. In ihrem anti-patriarchalen Diskurs betonte Cáceres den deskolonialen und anti-rassistischen Charakter des Widerstandes, der sich von dem westlichen Diskurs unterscheide. Lara sagt weiter: "März ist Berta. Am 4. März war ihr Geburtstag und am 8. März können wir nicht auf die Straßen gehen, ohne Gerechtigkeit für sie und allen ermordeten Frauen zu fordern.“