Mittwoch, 24. Dezember 2025

Honduras: Drohen erneut Angriffe krimineller Gruppen im Aguán-Tal?


amerika21.de, v. 22.12.2025
von Anna Rösch


Die Agrarplattform klärt in den sozialen Netzwerken über die Angriffe 
der Cachos vom 8. Dezember auf
Tocoa. Die Agrarplattform, ein honduranisches Netzwerk von bäuerlichen Organisationen, warnt vor einer Gewalteskalation im Aguán-Tal über die Weihnachtsfeiertage. Dort kam es vor einem Jahr zu tödlichen Angriffen gegen Mitglieder kleinbäuerlicher Kooperativen und zur gewaltsamen Vertreibung von 150 Familien aus der Siedlung Camarones.

Am 8. Dezember sollten über 1.000 Polizist:innen per Gerichtsbeschluss gegen die kriminelle Organisation Los Cachos vorgehen. Diese Bande kontrolliert und terrorisiert seit Jahren große Gebiete der vom Ölpalmanbau geprägten Region und wird für einen Großteil der Morde und Vertreibungen verantwortlich gemacht (amerika21 berichtete).

Am selben Tag teilte die Polizei den Vertriebenen aus Camarones mit, dass sie auf ihre Grundstücke zurückkehren könnten. Die Vertriebenen machten sich daraufhin auf den Weg nach Camarones. Dort hatten die Einsatzkräfte tatsächlich eine Farm geräumt, unternahmen aber nichts, als Hunderte Angreifer:innen mit Steinen und Macheten auf die Rückkehrer:innen und ihre Unterstützer:innen aus den Nachbarkooperativen El Tranvio und El Chile losgingen.

Mindestens 20 Menschen wurden bei den Angriffen auf der Staatsstraße CA-13 teils schwer verletzt, während die Polizei sich offenbar darauf beschränkte, das nahegelegene Betriebsgebäude des Palmölunternehmens Dinant zu sichern. Eine Rückkehr nach Camarones war für die Vertriebenen nicht möglich. Sie fanden einstweilen in der Kooperative El Tranvio provisorisch Unterschlupf.

Die Agrarplattform dokumentiert seither Berichte darüber, dass die Cachos sich neu formieren und zusätzliche bewaffnete Männer angeworben haben. Nach Auffassung der Agrarplattform steht die Bande in enger Verbindung mit großen Palmölunternehmen wie Dinant.

Die bäuerlichen Kooperativen beanspruchen Ländereien aus der honduranischen Agrarreform, die sich Dinant und andere im Zuge der Privatisierungswelle der 1990er Jahre angeeignet haben. Im Zusammenhang mit diesem Landkonflikt wurden allein von Januar bis August 2025 elf Kleinbäuer:innen ermordet (amerika21 berichtete).

In der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember kam nun mutmaßlich ein weiterer Todesfall hinzu. Nach Informationen der Agrarplattform wurde der 22-jährige Roger Alexis Castillo Fuentes, Mitglied der Kooperative Camarones, von einem Killer der Cachos erschossen. Ein Polizeisprecher behauptete hingegen, es habe sich nur um einen Streit zwischen Betrunkenen gehandelt, der tödlich endete.

Die Agrarplattform richtete einen Appell an die Behörden, die Cachos, gegen die mindestens 15 Haftbefehle vorliegen, endlich zu neutralisieren. Weiterhin verlangt sie eine sichere Rückkehr für die vertriebenen Familien und einen effektiven Schutz für die bäuerlichen Kooperativen.

Samstag, 20. Dezember 2025

Honduras nach den Wahlen: Straßenkämpfe und Putschgerüchte


aus: amerika21, v. 20.12.2025
von Anna Rösch

In Honduras herrscht zur Zeit Chaos.
Wie wird es weiter gehen?


Tegucigalpa. Auch knapp drei Wochen nach den Wahlen hält in Honduras die Unsicherheit darüber an, wer das nächste Staatsoberhaupt des Landes sein wird. Derzeit läuft eine manuelle Nachzählung von rund 2.800 Wahlprotokollen. In der Zwischenzeit heizt sich die Stimmung immer stärker auf. Am Mittwoch kam es bei Zusammenstößen zwischen Anhänger:innen der linken Noch-Regierungspartei Libre und der von US-Präsident Donald Trump favorisierten rechten Nationalen Partei zu mindestens 20 Verletzten auf beiden Seiten. Die Polizei schritt gewaltsam ein und verschoss Tränengasgranaten.

Bislang sind 99,85 Prozent der Stimmzettel ausgezählt. Derzeit führt der rechte Kandidat Nasry Asfura mit 40,24 Prozent knapp vor seinem liberalen Konkurrenten Salvador Nasralla, der auf 39,64 Prozent kommt. Rixi Moncada von der Libre Partei liegt hinten.

Noch am 16. Dezember sprach die amtierende linke Präsidentin Xiomara Castro davon, dass die Wahlen insgesamt für ungültig erklärt werden müssten. Sie warnte vor einem laufenden Putsch und rief die Zivilgesellschaft zum friedlichen Widerstand dagegen auf.

Am 17. Dezember postete das US-State Department für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre, dass die Auszählung strittiger Wahlakten endlich beginnen und rasch ein offizielles Ergebnis herbeigeführt werden müsse. Bereits in der darauffolgenden Nacht trafen sich Vertreter:innen der Liberalen und der Nationalen Partei in den Räumen des nationalen Unternehmerverbandes Cohep, um einen Pakt zur Auszählung von knapp 2.800 inkonsistenten Wahlakten zu schließen. Die Liberale Partei gilt allerdings als intern gespalten. Nasralla fordert weiterhin die Auszählung der einzelnen Stimmzettel.

Am Donnerstag wurde außerdem Héctor Benjamín Valerio Ardón zum neuen Chef des Generalstabs ernannt. Valerio Ardón war unter anderem Sicherheitschef der Präsidentengarde des ehemaligen Präsidenten Juan Orlando Hernández und gilt als dessen Vertrauter. Hernández war am 1. Dezember von US-Präsident Donald Trump begnadigt worden, obwohl er wegen Verbrechen im Zusammenhang mit Drogenhandel und illegalem Waffenbesitz zu 45 Jahren Haft verurteilt worden war (amerika21 berichtete).

Valerio Ardón hat jedoch den Ruf, sich an unterschiedliche Machthaber:innen anpassen zu können. In seiner Antrittsrede bekannte er sich zu Demokratie und Menschenrechten und betonte, dass das Militär den korrekten Ablauf der Wahlen und der Auszählung unterstütze.

Anlässlich der Amtsübergabe an Valerio Ardón bekundete Präsidentin Castro, sie werde trotz ihrer Kritik das vom Nationalen Wahlrat CNE verkündete Ergebnis "um des Friedens willen" akzeptieren.

Die Nationale Partei drängt darauf, dass noch vor Weihnachten die offiziellen Ergebnisse verkündet werden. Der Wahlrat, der aus Vertreter:innen von Libre, der Nationalen und der Liberalen Partei besteht, hat allerdings laut Gesetz noch bis zum 30. Dezember Zeit. Laut dem CNE ist eine Kombination aus administrativen Hindernissen, technischen Problemen und der Abwesenheit von Parteivertreter:innen an den Auszählungstischen der Grund dafür, dass immer noch kein endgültiges Ergebnis vorliegt.