Nach längerem Geschaukel durch eine
atemberaubende Gebirgslandschaft erreicht unser Delegations-"Busito"
das Örtchen Rio Blanco, das wegen seines Widerstands gegen das
Staudammprojekt Agua Zarca über die Grenzen von Honduras hinaus
bekannt geworden ist. Seit dem Jahr 2013 verteidigen die hier
ansässigen Lenca-Indigenen ihr Gemeinde-Territorium gegen die
Betreiberfirma Desarrollo Energéticos S.A. (DESA), wobei sie von der Organisation COPINH
unterstützt werden.
Versammlung mit den Bewohner*innen von Rio Blanco |
Das Grab von Paula González, einem der Opfer in dem Konflikt um das Wasserkraftwerk Agua Zarca |
Mit dem fünften Todesfall, dem Mord an der
Generalkoordinatorin von COPINH, Berta Cáceres, wurde der Konflikt um
das Wasserkraftwerk zu einem internationalen Politikum. Berta war
wohl die bekannteste honduranische Menschenrechtsverteidigerin und stand für einen
antirassistischen, antiimperialen und feministischen Ansatz bei der
Verteidigung der Rechte der indigenen Bevölkerung. Die
Auseinandersetzung um das Kraftwerk zählt zu den zentralen Anliegen
von COPINH. Nach der ILO-Konvention 169 über indigene Rechte hätte vor dem Baubeginn eine freie und informierte Befragung der Anwohner*innen stattfinden müssen. "Davon könne aber in Rio Blanco keine Rede sein", so die Bewohner*innen.
Weiter unten am Fluss können wir uns
ein Bild von der Lage machen, die hier neun Monate nach dem Mord
herrscht. Auf unserer Seite des Flusses wird die Baustellenzufahrt
langsam von der Natur zurück erobert, die Bautätigkeiten sind hier
längst eingestellt: Ein erster Erfolg der Bewohner*innen von Rio
Blanco bestand darin, dass die honduranische Betreiberfirma DESA ihre
Planungen dahingehend änderte, den Bau nun auf der anderen Seite des
Flusses zu betreiben, wo die mestizische Bevölkerung das Projekt
größenteils befürwortet. Es handelt sich auch nicht mehr um einen
Stausee mit Staumauer, sondern um einen langen Kanal, der schließlich
in ein Rohr mit starkem Gefälle mündet, welches Turbinen
antreiben soll. Die Lieferung der Turbinen war dem deutschen Konsortium Siemens//Voith-Hydro übertragen worden.
Die Baustelle für den Zuführungskanal zur Turbine steht seit Mai 2016 still |
So jedenfalls sahen es die letzten
Planungen vor. Nachdem der internationale Druck nach dem Mord an
Berta stark zugenommen hatte, liegt die Baustelle nun brach. Helle Flecken unterbrechen das üppige Grün an den Hängen. Die
niederländische FMO signalisiert, aus der Finanzierung des Projekts
aussteigen zu wollen. Die Gemeindebewohner*innen berichten, dass die
Gewalt und die Drangsalierungen seitens der Polizei und des
Sicherheitsdienstes der DESA abgenommen hätten. Nach wie vor sind
sie entschlossen, das Projekt in jeder Form zu verhindern. „Selbst
wenn sie den Kanal auf der anderen Seite des Flusses bauen, wird
unser Territorium betroffen sein, weil dem Gualquarque ein großer
Teil seines Wassers genommen wird“, sagt Don Felipe. Die
Bescheidenheit und Freundlichkeit, mit der die Leute ihren Willen
bekunden, beeindruckt uns. Wenn DESA das Kraftwerk doch noch
durchsetzen will, wird dies weitere Menschenleben kosten. Die Firmen
Siemens und Voith haben angekündigt, nach der Aufklärung des Mordes
an Cáceres die Zusammenarbeit mit DESA wieder aufnehmen zu wollen.