Samstag, 3. Dezember 2016

Tolupanes setzen sich gegen Landraub und illegalen Holzeinschlag zur Wehr


Die Tolupanes, Ureinwohner in Honduras, leben in 31 Gemeinden in Yoro und Francisco Morazán. Vor der Kolonialzeit besiedelten sie fast die ganze Nordküste vom Rio Ulua bis nach Trujillo. Mit Beginn der Kolonialzeit begann die kontinuierliche Vertreibung von ihren Territorien, deren Verteidigung bis heute eines der zentralen Anliegen der Tolupanes ist. Ihre Gemeinden liegen verstreut in den Bergen, die Straßen sind schlecht, es gibt wenig Infrastrukur, die Gesundheitsversorgung ist prekär und der Zugang zu Bildung ist unzureichend. Nach 5 Stunden Autofahrt, Flussdurchquerungen und Fahrzeugwechsel, da die Gemeinden nur mit Allradfahrzeugen zu erreichen sind, kommen wir in San Francisco Campo in Locomapa an.





„Willkommen in San Francisco de Campo. Wir Menschen sind Teil der Natur, weshalb eine Schädigung der Umwelt auch eine Schädigung unserer eigenen Existenz ist.“ - lesen wir auf dem Ortsschild.


 Wir werden hier bereits von einer Gruppe von 25-30 Personen erwartet. Nach einer herzlichen Begrüßung berichteten uns einzelne Gemeindemitglieder von den aktuellen Konflikten und Bedrohungen. Von ihrem Territorium, für das sie einen Landtitel von 1864 besitzen, hat der Ex-General Kenton Landa Uclis 50% in den 80er Jahren mit Hilfe seiner Militäreinheit illegal besetzt.

Die Tolupanes sehen sich einer Vielzahl von Konflikten gegenüber, die seit den 80er Jahren mehr als 100 ermordete Líderes der Tolupanes gefordert haben. Damit gehören die Tolupanes zu den Ureinwohnern, die die meisten Ermordeten zählen. Die Mehrheit der Fälle bleibt straflos.

Das Territorium der Tolupanes besteht zu 90% aus Wald und ist wegen des Holzes und Antimonvorkommens begehrt. Täglich verlassen geschlossene Lastwagen mit illegalem Holz das Gebiet. Holz, das den Tolupan-Gemeinden zusteht. Sie jedoch dürfen Bäume selbst nicht fällen. Der Ex-General bekam trotz des vorhandenen kollektiven Landtitels von 1864 der Tolupanes vom Instituto Nacional Agrario ebenfalls einen erteilt. Häufig werden von staatlichen Behörden doppelte Landtitel vergeben, um illegal angeeignetes Land, im Nachhinein zu legalisieren. Aufgrund dieses Titels konnte sich Landa Uclis einen Bewirtschaftungsplan von der staatlichen Forstbehörde ICF genehmigen lassen und durch Bestechung des indigenen Gemeinderates wurde dieser akzeptiert. Dieser Plan legt die Mengen der gefällten Bäume fest. Die tatsächliche Menge liegt jedoch über der zugelassenen, sodass Kontrollen der Lastwagen nötig wären – was allerdings bis jetzt nur einmal geschehen ist und Einschüchterungen und Bedrohungen für diejenigen, die sich dafür einsetzen, nach sich ziehen.
 






18 Familien der Gemeinde haben wegen dieser Bedrohungen besondere Schutzmaßnahmen, die die Interamerikanische Menschenrechtskommission angeordnet hat. Sichtbar wurden diese für uns, als uns die Polizei ab Ortseingang begleitete.

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Gemeinderäte ist aufgrund der Bestechlichkeit dieser gebrochen. Viele Bewohner*innen möchten ihr Land selbst nutzen und verteidigen. Seit 2008 werden sie dabei vom MADJ (Movimiento Amplio por la Dignidad y la Justicia) unterstützt.

Die Organisation enstand 2008 aus einem Hungerstreik von vier Staatsanwälten, die sich gegen Korruption und Komplizenschaft innerhalb der Generalstaatsanwaltschaft auflehnten, weil in Korruptionsfällen weder gegen eigene Angestellte noch gegen große Unternehmen ermittelt wurde. Daraus ist eine breite soziale und politische Bewegung entstanden, die sich gegen Korruption, Misswirtschaft öffentlicher Güter und für eine Gesellschaft einsetzt, die auf Transparenz, Würde und den Respekt für Menschenrechte und Umwelt beruht. Aus dieser Perspektive unterstützt das MADJ die politische Einflussnahme und Kontrolle über Kommunalverwaltungen und staatliche Institutionen. Sie fordern Transparenz und Rechenschaft bei der Verwendung öffentlicher Mittel, indem sie über den Rechtsweg auf nationaler und internationaler Ebene gegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen vorgehen.



Sowohl im Büro des MADJ in San Pedro Sula als auch in der Gemeinde San Francisco de Campo in Locomapa wurden wir sehr herzlich aufgenommen und vorzüglich beköstigt. Wir sind zutiefst beeindruckt von dem Mut der Mitglieder des MADJ, die trotz massiver Einschüchterungen und Bedrohungen einen ansteckenden Optimismus ausstrahlen.