Die Tolupanes, Ureinwohner in Honduras, leben in 31
Gemeinden in Yoro und Francisco Morazán. Vor der Kolonialzeit besiedelten sie
fast die ganze Nordküste vom Rio Ulua bis nach Trujillo. Mit Beginn der
Kolonialzeit begann die kontinuierliche Vertreibung von ihren Territorien,
deren Verteidigung bis heute eines der zentralen Anliegen der Tolupanes ist.
Ihre Gemeinden liegen verstreut in den Bergen, die Straßen sind schlecht, es
gibt wenig Infrastrukur, die Gesundheitsversorgung ist prekär und der Zugang zu
Bildung ist unzureichend. Nach 5 Stunden Autofahrt, Flussdurchquerungen und
Fahrzeugwechsel, da die Gemeinden nur mit Allradfahrzeugen zu erreichen sind,
kommen wir in San Francisco Campo in Locomapa an.
„Willkommen in San
Francisco de Campo. Wir Menschen sind Teil der Natur, weshalb eine
Schädigung der Umwelt auch eine Schädigung unserer eigenen Existenz ist.“ -
lesen wir auf dem Ortsschild.
Wir werden hier bereits von einer Gruppe von 25-30 Personen erwartet.
Nach einer herzlichen Begrüßung berichteten uns einzelne Gemeindemitglieder von
den aktuellen Konflikten und Bedrohungen. Von ihrem Territorium, für das sie
einen Landtitel von 1864 besitzen, hat der Ex-General Kenton Landa Uclis 50% in
den 80er Jahren mit Hilfe seiner Militäreinheit illegal besetzt.
Die Tolupanes sehen sich einer Vielzahl von Konflikten gegenüber, die
seit den 80er Jahren mehr als 100 ermordete Líderes der Tolupanes gefordert
haben. Damit gehören die Tolupanes zu den Ureinwohnern, die die meisten
Ermordeten zählen. Die
Mehrheit der Fälle bleibt straflos.
Das Territorium der Tolupanes besteht zu 90% aus Wald und ist wegen des
Holzes und Antimonvorkommens begehrt. Täglich verlassen geschlossene Lastwagen
mit illegalem Holz das Gebiet. Holz, das den Tolupan-Gemeinden zusteht. Sie
jedoch dürfen Bäume selbst nicht fällen. Der Ex-General bekam trotz des
vorhandenen kollektiven Landtitels von 1864 der Tolupanes vom Instituto
Nacional Agrario ebenfalls einen erteilt. Häufig werden von staatlichen
Behörden doppelte Landtitel vergeben, um illegal angeeignetes Land, im
Nachhinein zu legalisieren. Aufgrund dieses Titels konnte sich Landa Uclis
einen Bewirtschaftungsplan von der staatlichen Forstbehörde ICF genehmigen
lassen und durch Bestechung des indigenen Gemeinderates wurde dieser
akzeptiert. Dieser Plan legt die Mengen der gefällten Bäume fest. Die
tatsächliche Menge liegt jedoch über der zugelassenen, sodass Kontrollen der
Lastwagen nötig wären – was allerdings bis jetzt nur einmal geschehen ist und
Einschüchterungen und Bedrohungen für diejenigen, die sich dafür einsetzen,
nach sich ziehen.
18 Familien der Gemeinde haben wegen dieser Bedrohungen besondere
Schutzmaßnahmen, die die Interamerikanische Menschenrechtskommission angeordnet
hat. Sichtbar wurden diese für uns, als uns die Polizei ab Ortseingang
begleitete.
Das Vertrauen der Bevölkerung in die Gemeinderäte ist aufgrund der
Bestechlichkeit dieser gebrochen. Viele Bewohner*innen möchten ihr Land selbst
nutzen und verteidigen. Seit
2008 werden sie dabei vom MADJ (Movimiento Amplio por la Dignidad y la
Justicia) unterstützt.
Die Organisation enstand 2008 aus einem Hungerstreik von vier
Staatsanwälten, die sich gegen Korruption und Komplizenschaft innerhalb der
Generalstaatsanwaltschaft auflehnten, weil in Korruptionsfällen weder gegen
eigene Angestellte noch gegen große Unternehmen ermittelt wurde. Daraus ist
eine breite soziale und politische Bewegung entstanden, die sich gegen
Korruption, Misswirtschaft öffentlicher Güter und für eine Gesellschaft
einsetzt, die auf Transparenz, Würde und den Respekt für Menschenrechte und
Umwelt beruht. Aus dieser Perspektive unterstützt das MADJ die politische
Einflussnahme und Kontrolle über Kommunalverwaltungen und staatliche
Institutionen. Sie fordern Transparenz und Rechenschaft bei der Verwendung
öffentlicher Mittel, indem sie über den Rechtsweg auf nationaler und
internationaler Ebene gegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen vorgehen.
Sowohl im Büro des MADJ in San Pedro Sula als auch in der Gemeinde San
Francisco de Campo in Locomapa wurden wir sehr herzlich aufgenommen und
vorzüglich beköstigt. Wir sind zutiefst beeindruckt von dem Mut der Mitglieder
des MADJ, die trotz massiver Einschüchterungen und Bedrohungen einen
ansteckenden Optimismus ausstrahlen.