Samstag, 27. Juli 2019

Operieren Todesschwadronen im Süden von Honduras?


Von Dina Meza erschienen am 8. Juli 2019 in pasosdeanimalgrande

Übersetzung: Daniela Dreißig
Proteste in Choluteca Foto: La Prensa
In der Stadt Choluteca im Süden von Honduras wurden seit März 2019 mindestens vier Menschen ermordet, alle auf eine ähnliche Weise. Zuletzt wurde Stefani Yolany Lopez, Tochter von Gabriel Quiroz, ein Mitglied der Sozialen Bewegung Bastion des Südens am 6. Juli 2019 erschossen. Diese Aktionen deuten auf Todesschwadronen hin, mit dem Ziel, den Widerstand gegen die Regierung von Juan Orlando Hernández zu zerschlagen.

In der Region um Choluteca finden seit November 2017 jeden Mittwoch und Samstag intensive Bürgerproteste statt. Die Proteste begannen mit dem Wahlbetrug, durch den Präsident Juan Orlando Hernández [erneut, Anm.d.Übers.] an die Macht kam und schlossen später weitere Themen ein: die Korruption im Krankenhaus im Süden, die hohen Energiekosten und Menschenrechtsverletzungen. Als Reaktion darauf hat die Regierung mehrere Militär- und Polizeikräfte in die Region verlegt, die während der Demonstrationen massive Repression ausüben.
Auch die Entsendung von Geheimdienstapparaten ist eine vorher nie dagewesene Aktion in diesem Department. Ein Grund dafür ist, dass in diesem Department traditionell immer für die Nationale Partei [aktuelle Regierungspartei, Anm.d.Übers.] gestimmt wurde. Aus dem Department stammt der Präsident des Nationalkongresses, Mauricio Oliva und anderer Abgeordnete.

Verschiedene Strategien der Regierung von Hernández mit Unterstützung von Oliva verschiedene Strategien gegen die Demonstrationen sind bisher ins Leere gelaufen. Deswegen wurde der staatliche Geheimdienst in den Sektor verlegt. Seitdem patrouillieren Autos ohne polizeiliche Kennzeichen, es werden Maskierte gesichtet und die Anführer der Proteste werden engmaschig überwacht. Die Verbrechen gegen Mitglieder der Dissidentenbewegung oder ihre Familien haben zugenommen. Demonstranten und andere Menschenrechtsverteidiger werden kriminalisiert.

Verbrechen im Stile der Todesschwadronen

Die Todesschwadronen sind Paramilitärs, die im Rahmen des sogenannten schmutzigen Krieges selektiv Attentate gegen bestimmte Kollektive verüben. Die Todesschwadronen sind in Fälle von Drohungen, Raub, Sabotage, Entführung, Folter, Morde und Angriffe verwickelt, die die politische Dissidenz mit Methoden bekämpfen, die außerhalb des Gesetzes stehen. Methoden, die typisch sind für totalitäre Regierungen. Im Rahmen der US-Doktrin für Nationale Sicherheit wurden diese Einheiten in den 1980er Jahren verstärkt in Honduras eingesetzt. Mit dem Putsch im Jahr 2009 wurde diese Strategie wieder sichtbarer.

In den letzten Stunden [7.Juli 2019, Anm.d.Übers.] riss diese verwerfliche Praxis Stefani Yolany López, elfjährige Tochter von Gabriel Quiroz, einer der unnachgiebigen Protestierenden aus Choluteca, aus dem Leben. Sie wurde ermordet als sie mit ihrer Familie im Auto unterwegs war. Drei unbekannte Motorradfahrer haben das Auto aufgehalten und schossen. Das Mädchen ist Berichten zufolge sofort verstorben, nach vorläufigen Angaben wurden drei weitere Personen verletzt.

Die Verbrechen haben sich seit März dieses Jahres mit dem Mord an dem Journalist Gabriel Hernández wiederholt und verschärft, der in Nacaome, [im Department, Anm.d.Übers.] Valle, in der Nähe von Choluteca, lebte und dort die Sendung "Das Volk spricht“ moderierte.

Der Angriff auf den Journalisten wurde am Sonntag, dem 17. März gegen 12:00 Uhr von einem Unbekannten auf einem Motorrad im Viertel La Ceiba verübt. Seine kritischen Berichte waren dem Bürgermeister Víctor Flores und dem Abgeordneten José Alfredo Saavedra ein Dorn im Auge - beide gehörten der Liberalen Partei an, wie die Zeitung reporterosdeinvestigation.com berichtete.

Am 17. April dieses Jahres ist der 17-jährige Wilfredo Moncada durch einen Kopfschuss während einer Demonstration in Choluteca ermordet worden.

Am 29. Juni 2019 ist im Morgengrauen Allan Osmani Flores Aguilera, Mitglied der Sicherheitstruppe des Bürgermeisters Quintín Soriano von Choluteca, aus einem fahrenden Fahrzeug im Viertel La Libertad erschossen worden. In dem Viertel leben viele Anhänger der „Bastion des Südens“, einer Organisation, die aus den Protesten gegen Hernández und Oliva hervorgegangen ist.

Als politisches Verbrechen in Betracht gezogen

„Wir betrachten diese Taten als politische Verbrechen, die die Liste der politischen Verbrechen in Honduras erweitert. Wir fordern ein Ende der Verfolgung und des Drucks, der auf die Mitglieder der „Bastion des Südens“ und unserer Familien ausgeübt wird“, heißt es in einer Erklärung, die diese Organisation am 7. Juli veröffentlichte.

Die „Plattform zur Verteidigung von Gesundheit und Bildung“ verurteilte den erneuten Mord am Sonntagabend [7.Juli, Anm.d.Übers.] und forderte die Bürger im ganzen Land auf am Mittwoch, den 10. Juli, weiter zu protestieren und schwarze Kleidung zu tragen - als Zeichen der Trauer über die unzähligen Verbrechen, die während der Proteste gegen soziale Anführer und ihren Familien verübt wurden.

Obwohl sich die Verbrechen ähneln und bereits ein Angriffsmuster gegen die Dissidenten der aktuellen Regierung sichtbar ist, unterliegen die Straftaten weder einer unabhängigen Untersuchung noch wurden die Verantwortlichen inhaftiert. Die Generalstaatsanwaltschaft zeigte sich inaktiv, um gegen diejenigen vorzugehen, die an diesen Gewalttaten beteiligt war, während es bei der Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidigern im Süden sehr schnell gewesen ist.

Vertreibung von Journalisten und Angriffe auf Demonstrationen

Eine der Berufsgruppen, die unter großer Repression leidet, ist die Presse im südlichen Department, die die Informationen an die Öffentlichkeit zu bringt. Regierungskritische Journalisten werden bei den Demonstrationen angegriffen. Zwei von ihnen, Edgar Andino und Jairo López, haben bereits die Region verlassen, um ihr Leben zu schützen.