Chef des Generalstabs und zwei weitere führende Militärs sollen für den Tod von zwei Demonstranten verantwortlich sein, die den gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya unterstützten
Tegucigalpa. Mord und schwere Körperverletzung wirft die honduranische Staatsanwaltschaft für Menschenrechte dem ehemaligen Chef des Generalstabs Romeo Vásquez Velasquez und zwei weiteren hochrangigen Ex-Militärs vor.
Der Politiker und General im Ruhestand Vásquez, sein früherer Stellvertreter Venancio Cervantes Suazo und der Befehlshaber des Sondereinsatzkommandos Carlos Roberto Puerto wurden am vergangenen Sonntag verhaftet.
Das Trio wird beschuldigt, für den Tod von zwei Demonstranten verantwortlich zu sein, die am 5.Juli 2009 mit Hunderten anderer nahe dem Flughafen der Hauptstadt Tegucigalpa auf die Rückkehr des durch einen Putsch gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya warteten und friedlich für die Landung seines Flugzeuges demonstrierten.
Schwerbewaffnete Soldaten, darunter mehrere Scharfschützen, eröffneten im Rahmen der so genannten "Operation Demokratie" das Feuer gegen die Demonstrierenden. Der 19-jährige Isis (Isy) Obed Murillo Mencías wurde von einer Kugel in den Kopf getroffen und starb. Alex Roberto Zavala Licona wurde schwer verletzt. Wegen der massiven Militärpräsenz konnte Zelayas Flugzeug nicht landen und musste wieder abdrehen.
Das Vorgehen des Militärs am 5.Juli 2009 sei brutal und unverhältnismäßig gewesen, so die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung. Dabei habe es sich nicht um Einzelfälle, sondern um Verbrechen gehandelt, die von Teilen der Streitkräfte ausgeführt worden, die unter dem direkten Befehl des Generalstabschefs, des stellvertretenden Generalstabschefs und des Direktors für Sondereinsätze standen.
Die Generalstabschefs, die unmittelbar für die Leitung und Planung der Operation verantwortlich waren, hätten nicht nur ihre Pflicht zur Überwachung und Kontrolle ihrer Untergebenen verletzt, sondern auch in voller Kenntnis der Sachlage gravierende Menschenrechtsverletzungen zugelassen und ermöglicht. "[Sie] überließen die Demonstranten der Gnade einer Militärmacht, die mit unmenschlicher und skrupelloser Gewalt vorging."
General Vásquez gilt als einer der Hauptakteure des Putsches am 28. Juni 2009 gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya. Er war von Militärs gewaltsam aus seinem Haus verschleppt und nach Costa Rica geflogen worden.
Vásquez selbst sieht sich nun als Opfer der Rache einer angeblichen "kommunistischen Diktatur" unter Präsidentin Xiomara Castro, der Ehefrau Zelayas.
Während einige honduranische Medien betonen, Vásquez habe niemanden ermordet, denn er habe ja nicht selbst geschossen, bezieht sich die Anklageschrift, die der Redaktion vorliegt, explizit auf die international anerkannte Rechtsdoktrin des deutschen Strafrechtlers Claus Roxin, welche die Tatherrschaft der verantwortlichen Armeeführung und nicht die direkte Tatbeteiligung in den Mittelpunkt stellt.
Der honduranische Menschenrechtsanwalt Joaquín Mejía merkte an, dass bereits die Wahrheitskomission zu den schweren Menschenrechtsverletzungen in der Zeit vom 28.Juni 2009 bis zum 27.Januar 2010 die Verantwortung von Vásquez und weiteren bis dato nicht belangten Militärs und Politikern, wie des damaligen de facto Präsidenten Roberto Micheletti und des Oberkommandierenden der Streitkräfte Miguel Ángel Garcia Padgett klar benannt und "umgehende" Strafverfolgung gefordert habe.
Erstaunen sollte also nicht, dass Vásquez verhaftet wurde, so Mejía, sondern vielmehr, dass dies mehr als 15 Jahre gedauert habe.
Die Eltern von Isis Obed Murillo Mencías betonten, dass es ihnen nicht um Rache gehe, sondern um Gerechtigkeit. Isis' Vater erinnerte bei einer Pressekonferenz der Menschenrechtsorganisation Cofadeh daran, dass er inhaftiert wurde, nachdem er den Tod seines Sohnes angeprangert hatte und danach mit seiner Familie für mehrere Monate ins Exil flüchten musste.