Montag, 13. Dezember 2010

8. Tag - Schauprozess und LGBT-Kundgebung

Der Tag der DelegationsteilnehmerInnen begann mit einem Besuch des Gerichts La Granja. Dort fand heute der Auftakt eines Prozesses gegen sechs PolizistInnen wegen der illegalen Festnahme von 26 Personen bei einer Demonstration am 12. August 2009 statt. Die Betroffenen berichten von Schlägen und Folter, davon, dass sie nicht über den Haftgrund in Kenntnis gesetzt wurden und ihren Angehörigen der Zutritt zum Militärgefängnis verwehrt wurde.

Die Opfer, die heute als ZeugInnen gehört werden sollten, sehen sich als Aspekt einer „Reality Show“, für die sie instrumentalisiert werden. Sie verstehen den Gerichtsprozess als Teil der Legitimierungskampagne, die die De-Facto-Regierung unter Staatschef Porfirio Lobos inszeniert, um auf internationaler Ebene als demokratische anerkannt zu werden. Sie kritisieren, dass sämtliche Angeklagten VertreterInnen der unteren Polizeidienstränge sind, während die Hauptverantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen werden. So ist zum Beispiel Elber Madrid, den die Opfer als Befehlshaber am 12. August identifiziert haben, inzwischen zum Departmentchef der Polizei befördert worden.

Alba Ochoa wurde am 12. August 2009 von der Polizei geschlagen und festgenommen.


Zudem prangern die Opfer und ihre Angehörigen an, dass Mitglieder der Offiziellen Wahrheitskommission („Comisión de la Verdad“) zum Prozess geladen wurden. In einer Erklärung des Komitees der politischen Häftlinge, politisch Verfolgten und aus politischen Gründen Exilierten von Honduras (CPPEPH) heißt es: „Wir lehnen die Anwesenheit der Kommission für Wahrheit und Versöhung ab, weil sie von der De-Facto-Regierung Porfirio Lobos gegründet wurde und weil es nicht zu ihren Zielen gehört, die Wahrheit zu ergründen, sondern nur die Gewalt zu rechtfertigen und den Tätern Straflosigkeit zu gewährleisten.“

Im Anschluss zogen die DelegationsteilnehmerInnen weiter zum Ministerio Público (Justizministerium), wo eine Kundgebung anlässlich des ersten Jahrestages der Ermordung des LGBT (Lesbian/Gay/Bi/Trans) - und Widerstands-Aktivisten Walter Tróchez stattfand. Angehörige der LGBT-Organisationen und der Community forderten ein Ende der Gewalt und der Straflosigkeit. Die LGBT-Gemeinde gilt einer der am stärksten betroffenen Gruppierungen von der Gewalt nach dem Putsch.
Laut Donny Reyes, Koordinator der Vereinigung Arcoiris (Regenbogen), sind in den letzten Jahren 171 Angehörige der LGBT-Gemeinde ermordet worden, über 50 davon seit dem Militärputsch. Reyes erklärt diesen Anstieg der Gewalt seit dem Putsch: „Es sind immer die staatlichen Sicherheitskräfte, Militärs und Polizei, gewesen, die uns verfolgt, erniedrigt und ermordet haben. Seit dem Militärputsch haben genau diese Sektoren mehr Macht bekommen.“ 


Im Anschluss zogen die AktivistInnen mit ihren Regenbogenfahnen und ihren Schildern, auf denen der vielen Ermordeten gedacht wurde, zum Präsidentenpalast. Viele von ihnen waren maskiert und verkleidet, um anonym zu bleiben. Ihre Wut sowie die Sorge um das eigene Leben sind groß angesichts der völligen Straflosigkeit und der Gleichgültigkeit der zuständigen Institutionen