Mittwoch, 15. Dezember 2010

9. Tag - Zacate Grande

Heute fuhr die Delegation nach Zacate Grande, einer Halbinsel im Süden des Landes. Dort gibt es einen Konflikt zwischen der einheimischen Bevölkerung und verschiedenen einflussreichen GroßgrundbesitzerInnen, unter anderem Miguel Facussé, welcher auch für die Räumungen und Morde in Bajo Aguán verantwortlich gemacht wird. Im Gegenteil zum Konflikt in Bajo Aguán geht es in Zacate Grande allerdings nicht um agrarökonomische Interessen sondern um eine Landnutzung für den Tourismus.
Auf dem Weg nach Puerto Grande, einem Dorf in der Region, in dem die Delegation das kommunale Radio "Voz de Zacate Grande" (Stimme von Zacate Grande) besuchen wollte, erreichte sie die Meldung, dass es in Coyolito, einem nahe gelegenem Dorf, auf Grund eines Räumungsbefehls zu einer Festnahme durch Polizeieinheiten kam und die TeilnehmerInnen der Delegation wurden gebeten, direkt dort hin zu fahren.

Versammlung vor dem Haus des Verhafteten



Verhaftung und Widerstand in Coyolito
Coyolito existiert seit über 100 Jahren, die meisten der BewohnerInnen haben keine Besitztitel für die Grundstücke, da sie schon immer hier wohnen und nun tauchen hier Leute auf, welche die angeblichen Besitzer des Landes seien, erzählt uns der einheimische Pedro C., nach unserer Ankunft.
Dies sei das erste mal in Coyolito, dass ein Räumungsbefehl von der Polizei durchgeführt wurde. Der festgenommene Jose Luis Hernandez, ein kleiner Unternehmer, welcher Arbeitsplätze für die örtliche Bevölkerung geschaffen hat, ist der einzige im Dorf, welcher über eine Besitzurkunde für sein Grundstück verfügt. Auf diesem Grundstück befindet sich auch die Schule und der Fußballplatz. Allerdings tauchte nun ein zweiter Besitzer auf, welcher angeblich ebenfalls über eine Besitzurkunde verfügt und in dessen Auftrag die Polizei das Grundstück räumen sollte.

Eine Nachbarin zeigt die Werkstatt, wo Jose Luis Hernandez verhaftet wurde
Die DorfbewohnerInnen befürchten, dass nach dieser Räumung auch alle anderen Grundstücke geräumt würden. Um eine endgültige Räumung des Hauses durch die Polizei zu verhindern, versammelten sie sich und errichteten eine Straßensperre, um so weitere Polizeieinheiten am Betreten des Dorfes zu hindern. Als ca. 50 weitere Polizisten und 20 Soldaten erschienen, wurde die Straßensperre jedoch aufgegeben und die Leute sammelten sich erneut auf dem zu räumendem Grundstück. Nach ca. 2 weiteren Stunden zogen die Polizeieinheiten wieder ab, eine Räumung für heute konnte verhindert werden, allerdings haben die BewohnerInnen große Angst dass diese am morgigen Tage durchgeführt werden wird.


Kommunales Radio "Voz de Zacate Grande"
Im Anschluss an den Besuch von Coyolito fuhr ein Teil der Delegation nach Puerto Grande.
Von hier aus geht das kommunale Radio „Voz de Zacate Grande“  täglich von 8:00 bis 20:00 Uhr auf Sendung. Als Reaktion auf die drastischen Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Zuge des Putsches, hatte sich das Radio unter der Regie von Jugendlichen aus der Umgebung im April diesen Jahres gegründet. Da die RadiomacherInnen neben der redaktionellen Arbeit auch neue MitarbeiterInnen in Technikworkshops ausbilden, zählt das Team mittlerweile 16 Mitgieder. 

Die Radiostation

Unterschiedliche Musikprogramme werden an Werktagen durch Nachrichtensendungen zu verschiedenen politischen Schwerpunktthemen ergänzt. Ein Hauptanliegen des Senders ist die Dokumentation des seit 10 Jahren in der Region schwelenden Landkonfliktes, um ein Bewusstsein für diese Problematik in der lokalen Bevölkerung zu schaffen. Dass diese Arbeit nicht nur Fürsprecher findet kam immer wieder in Drohungen und Einschüchterungen gegen die MitarbeiterInnen zum Ausdruck. Sie sind sich des Risikos, das mit ihrem Engagement verbunden ist sehr bewusst und versuchen sich gegenseitig zu schützen indem sie sich nie alleine auf den Straßen bewegen. Im Juni diesen Jahres bekam das Radioteam die Repression der kritischen Medien sehr konkret zu spüren als eine Einheit von 300 Polizisten mit Haftbefehlen gegen acht Teammitglieder das Radio räumte. 
Doch trotz dieser fortwährenden Gefährdung wird der Sendebetrieb aufrecht erhalten und findet auf der Halbinsel zunehmend Gehör. In den Sendungen betonen die ModeratorInnen immer wieder, dass sie sich von Miguel Facussé bedroht fühlen und er zu Verantwortung zu ziehen sei, falls einem Miglied des Radios etwas zustoße.