Woran scheitert besserer Schutz für bedrohte Journalisten? Betroffene aus Mexiko und Honduras berichten
PODIUMSDISKUSSIONTödliche Gewalt gegen Journalisten ist in einigen Ländern Lateinamerikas
seit Jahren trauriger Alltag. In Mexiko wurden in diesem Jahr schon
mindestens elf Journalisten in direktem Zusammenhang mit ihrer Arbeit
ermordet – mehr als in Kriegsländern wie dem Irak oder Afghanistan. In
Honduras kamen von 2001 bis August 2017 nach Angaben der Nationalen
Menschenrechtskommission 70 Journalisten und Medienmitarbeiter gewaltsam
ums Leben; in vielen dieser Fälle sind die Motive ungeklärt, nicht
zuletzt mangels glaubwürdiger staatlicher Ermittlungen.
Die Gewalt richtet sich vor allem gegen Journalisten, die über Themen
wie Drogenhandel, Korruption und die Verquickung von Politik und
organisiertem Verbrechen berichten. Staatliche Stellen tragen allzu oft
mehr zur Einschüchterung kritischer Berichterstatter als zur Aufklärung
bei. Kaum einer der Mörder oder ihrer Hintermänner wird bestraft. Viele
Medien meiden deshalb heikle Themen, Selbstzensur ist alltäglich.
Die Regierungen haben darauf mit staatlichen Schutzprogrammen reagiert,
doch deren Erfolge sind bescheiden. Wiederholt sind in Mexiko Anschläge
auf Journalisten verübt worden, die unter offiziellem Schutz standen
oder die kurz zuvor daraus entlassen wurden. Honduras gründete 2015 ein
nationales Schutzprogramm, das jedoch finanziell und personell zu
schlecht ausgestattet und angesichts weit verbreiteter Korruption und
Straflosigkeit auf Misstrauen bei den Betroffenen stößt. Wie gehen
Journalisten in diesen Ländern mit der Bedrohungssituation um? Wie
könnten die jeweiligen Regierungen sie wirksamer schützen? Welche Hilfe
können Regierungen und andere Akteure aus Deutschland und Europa leisten?
Zu den Podiumsgästen:
Martín Durán Romero arbeitet seit 2008 als Journalist in seinem
Heimatstaat Sinaola in Mexiko. Zunächst als Polizeireporter bei der
Zeitung El Debate de Culiacán, dann bei der Wochenzeitung Ríodoce
berichtete er vor allem über Gewaltverbrechen und
Menschenrechtsverletzungen. 2013 gründete er mit Kollegen das
Nachrichtenportal laparednoticias.com, das seit 2016 auch die gedruckte
Zeitung La Pared veröffentlicht. Daneben hat er für die
Nachrichtenagentur AP sowie die Zeitungen A discusión und De Primera
Noticias gearbeitet. Nach der Ermordung des Ríodoce-Gründers Javier
Valdez Cárdenas im vergangenen Mai erhielt Durán Drohungen von örtlichen
Drogenkartellen, floh nach Mexiko-Stadt und wurde in das staatliche
Schutzprogramm für bedrohte Journalisten aufgenommen. Gemeinsam mit
Kollegen hat er im Oktober das Buch "Romper el silencio“ (Das Schweigen
brechen) veröffentlicht, um auf die ständigen Übergriffe und Drohungen
gegen Journalisten in Mexiko aufmerksam zu machen. Derzeit hält er sich
als Stipendiat des neuen Schutzprogramms Taula per Mèxico für drei Monate
in Barcelona auf.
Tomy Morales berichtet als Journalistin für unabhängige Medien in
Honduras wie das Internetmagazin Pasos De Animal Grande vor allem über
Menschenrechtsfragen. Daneben ist sie für die Honduranische Vereinigung
für Demokratie und Menschenrechte ASOPODEHU tätig. Aufgrund ihrer Arbeit
ist Tomy Morales ständig Überwachung, Verfolgung und Übergriffen
ausgesetzt. 2016 nahm sie deshalb für drei Monate am Schutzprogramm
Shelter City in den Niederlanden teil. Gemeinsam mit der Journalistin
und honduranischen PEN-Präsidentin Dina Meza begleitete Morales im
vergangenen Sommer Studierende in der Hauptstadt Tegucigalpa während
eines mehrwöchigen Hungerstreiks gegen umstrittene Reformen. Bei einer
gewaltsamen Räumung wurden Morales und andere Menschenrechtsverteidiger
misshandelt und anschließend vor Gericht gestellt.
Moderation: Erika Harzer, freie Journalistin
Die Veranstaltung findet auf Spanisch mit deutscher Übersetzung statt.
Der Eintritt ist frei.
Wann? Dienstag, 5. Dezember 2017 um 19 Uhr
Wo? Reporter ohne Grenzen
Friedrichstr. 231 (2. Hinterhof, 3. OG)
10969 Berlin.
Veranstalter? Reporter ohne Grenzen, CADEHO – Cadena de Derechos Humanos Honduras, Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL)