Landesweit gehen angesichts des massiven Wahlbetrugs gehen empörte Menschen auf die Straße. Am 16. Dezember gab es insgesamt 95 Straßenblockaden. Was motiviert die Menschen, trotz der Gefahr der Repression zu protestieren? Die HondurasDelegation traf zwei Aktivisten aus Ocotepeque.Kevin und Gerardo sind Lehrer, beide Mitte Dreißig und Familienväter.
Kevin und Gerardo beim Herstellen von
Adobeziegeln für die Schule |
Gerardo erzählt, dass er seit Eintritt
ins Berufsleben gewerkschaftlich organisiert war. Bis zum Putsch im Jahr 2009
bezogen sich die Gewerkschaftskämpfe auf Forderungen zu Arbeitsbedingungen der
Lehrer*innen. Hingegen wurden beide erst mit dem Putsch politisch aktiv. „Man
konnte sich nicht mehr raushalten und musste sich positionieren”, so Gerado
weiter.
Ein wichtiger Einschnitt für Gerardo war
sein Berufsverbot. Nach den Protesten gegen das Ley fundamental de educación
[Gesetz zur allgemeinen Bildung], die er in seiner Stadt mit organisierte,
wurde er für drei Monate vom Schuldienst suspendiert. „Wir können uns nicht
alle Ungerechtigkeiten gefallen lassen, wir müssen etwas tun.” Das Gesetz wurde
2014 verabschiedet und schränkt das Mitspracherecht für Schüler*innen und
Lehrer*innen an den Schulen ein, dazu schafft es die Grundlage der
Privatisierung im Bildungssektor.
Mit den Wahlen am 26. November 2017
unterstützten beide die Partei Libertad y Refundación (LIBRE), weil sie in
LIBRE und dem mitte-links-Wahlbündnis der Allianz der Opposition die einzige Möglichkeit
einer Veränderung im Land sehen.
„Wir haben uns für LIBRE in den Wahllokalen
in Ocotepeque akkreditieren lassen. Uns war klar, dass die Allianz in den
Wahllokalen unterrepräsentiert war, umso wichtiger war es am Wahltag im
Wahllokal Betrug zu verhindern”, sagt Kevin. Laut honduranischem Wahlgesetz können
sich Honduraner*innen für ihre politischen Parteien als Wahlbeobachter in den
Wahllokalen akkreditieren lassen.
Nach Bekanntwerden der ersten Anzeichen eines Wahlbetruges, der mit dem Absturz des Computersystems im Obersten Wahlgericht sichtbar wurde, formierte sich spontaner Protest in den Straßen. „Uns geht
es nicht mehr nur darum, den Wahlsieg der Allianz zu verteidigen. Wir gehen auf
die Straße mit dem Ziel, die Diktatur zu zerschlagen und wir protestieren bis
wir unser Ziel erreicht haben”, so Gerardo weiter. Kevin greift in seine Tasche und zeigt
mir eine Flasche: „Ich bin auf alles vorbereitet, hier ist Essig drinnen, das
hilft bei Tränengas.”
Bei den Protesten handelt es sich
nicht um zentral organisierte Proteste. Sie sind spontane Aktionen
aufgebrachter Bürger*innen, die Korruption und Betrug satt haben.
Die soziale Medien spielen bei den
Protesten eine wichtige Rolle. Hierüber verabreden sich die Leute zeitnah zu
gemeinsamen Aktionen. Anfänglich versammelten sich nur zehn Personen. Nach
einer Weile kamen immer mehr dazu, dann trifft man andere Gruppen, die sich
verabredet haben und so formiert sich der Protest auf der Straße.
Nach unserem Treffen in Erandique, um
den Bau einer freien Schule (siehe LN Dezember 2017) zu unterstützen, sind sie
unruhig; sie wollen zurück nach Ocotepeque zurück, „die Straße wartet und der Protest
geht weiter."