Mittwoch, 20. Dezember 2017

Honduras nach den Wahlen – Gesichter des Widerstands


Landesweit gehen angesichts des massiven Wahlbetrugs gehen empörte Menschen auf die Straße. Am 16. Dezember gab es insgesamt 95 Straßenblockaden. Was motiviert die Menschen, trotz der Gefahr der Repression zu protestieren? Die HondurasDelegation traf zwei Aktivisten aus Ocotepeque.Kevin und Gerardo sind Lehrer, beide Mitte Dreißig und Familienväter. 


Kevin und Gerardo beim Herstellen von
Adobeziegeln für die Schule
Gerardo erzählt, dass er seit Eintritt ins Berufsleben gewerkschaftlich organisiert war. Bis zum Putsch im Jahr 2009 bezogen sich die Gewerkschaftskämpfe auf Forderungen zu Arbeitsbedingungen der Lehrer*innen. Hingegen wurden beide erst mit dem Putsch politisch aktiv. „Man konnte sich nicht mehr raushalten und musste sich positionieren”, so Gerado weiter. 

Ein wichtiger Einschnitt für Gerardo war sein Berufsverbot. Nach den Protesten gegen das Ley fundamental de educación [Gesetz zur allgemeinen Bildung], die er in seiner Stadt mit organisierte, wurde er für drei Monate vom Schuldienst suspendiert. „Wir können uns nicht alle Ungerechtigkeiten gefallen lassen, wir müssen etwas tun.” Das Gesetz wurde 2014 verabschiedet und schränkt das Mitspracherecht für Schüler*innen und Lehrer*innen an den Schulen ein, dazu schafft es die Grundlage der Privatisierung im Bildungssektor. 

Mit den Wahlen am 26. November 2017 unterstützten beide die Partei Libertad y Refundación (LIBRE), weil sie in LIBRE und dem mitte-links-Wahlbündnis der Allianz der Opposition die einzige Möglichkeit einer Veränderung im Land sehen. 

„Wir haben uns für LIBRE in den Wahllokalen in Ocotepeque akkreditieren lassen. Uns war klar, dass die Allianz in den Wahllokalen unterrepräsentiert war, umso wichtiger war es am Wahltag im Wahllokal Betrug zu verhindern”, sagt Kevin. Laut honduranischem Wahlgesetz können sich Honduraner*innen für ihre politischen Parteien als Wahlbeobachter in den Wahllokalen akkreditieren lassen.

Nach Bekanntwerden der ersten Anzeichen eines Wahlbetruges, der mit dem Absturz des Computersystems im Obersten Wahlgericht sichtbar wurde, formierte sich spontaner Protest in den Straßen. „Uns geht es nicht mehr nur darum, den Wahlsieg der Allianz zu verteidigen. Wir gehen auf die Straße mit dem Ziel, die Diktatur zu zerschlagen und wir protestieren bis wir unser Ziel erreicht haben”, so Gerardo weiter. Kevin greift in seine Tasche und zeigt mir eine Flasche: „Ich bin auf alles vorbereitet, hier ist Essig drinnen, das hilft bei Tränengas.”

Bei den Protesten handelt es sich nicht um zentral organisierte Proteste. Sie sind spontane Aktionen aufgebrachter Bürger*innen, die Korruption und Betrug satt haben. 

Die soziale Medien spielen bei den Protesten eine wichtige Rolle. Hierüber verabreden sich die Leute zeitnah zu gemeinsamen Aktionen. Anfänglich versammelten sich nur zehn Personen. Nach einer Weile kamen immer mehr dazu, dann trifft man andere Gruppen, die sich verabredet haben und so formiert sich der Protest auf der Straße. 

Nach unserem Treffen in Erandique, um den Bau einer freien Schule (siehe LN Dezember 2017) zu unterstützen, sind sie unruhig; sie wollen zurück nach Ocotepeque zurück, die Straße wartet und der Protest geht weiter."