Sonntag, 14. Januar 2018

Offener Brief der Breiten Bewegung für Würde und Gerechtigkeit an die honduranischen Sicherheitskräfte



STOPPT DIE BRUTALITÄT GEGEN DIE BEVÖLKERUNG!

San Pedro Sula, Honduras, 4. Januar 2018

An den Kommandanten der 105 Infanteriebrigade in San Pedro Sula
An den Kommandanten der Militärpolizei der öffentlichen Ordnung in San Pedro Sula
An den Chef der Nationalen Polizei in San Pedro Sula

Als Breite Bewegung für Würde und Gerechtigkeit (MADJ) und Zusammenschluss gegen die Kontinuität von San Pedro Sula (CCSPS) wenden wir uns an Militär und Polizei, um die vielfachen Menschenrechtsverletzungen, die von Ihren unterstehenden Institutionen verübt wurden, sichtbar zu machen und anzuzeigen. Zugleich fordern wir die Beendigung der Repression gegen den friedlichen Protest der Bevölkerung, gegen den Betrug während der Wahlen vom 26. November und die im ganzen Land verbreitete Korruption. 

 

Wie Sie wissen, ist die MADJ eine Basisorganisation der honduranischen sozialen Bewegung, die die legitime Verpflichtung eingegangen ist, gegen Korruption zu kämpfen. Unser Handeln war stets öffentlich, verantwortungsbewusst und friedlich, und vor allem sind wir an die Rechte der Bürger*innen dieses Landes gebunden, um die öffentlichen Strukturen anzuzeigen, die die verfassungsmäßige Ordnung verletzen und die sich in diesem Moment auf betrügerische Weise in der Präsidentschaft der Republik durchsetzen. Die im CCSPS organisierten Personen und Organisationen sind wegen ihres Engagements bekannt sich für das Land einzusetzen. Dies ist unser Recht und wir haben uns diesem öffentlichen und demokratischen Protest auf den Straßen und in den Gemeinden im ganzen Land angeschlossen.

Angesichts der unzumutbaren Absicht, die Bevölkerung durch Angst und Repression durch Ihre Institutionen zum Schweigen zu bringen, mussten MADJ und CCSPS jedoch ihre Anwaltsteams einsetzen, um die vielen Menschenrechtsverletzungen zu belegen und zu vertreten, die von Ihren Sicherheitskräften an unseren führende Mitgliedern der Koordination und an weiteren Unterstützern verübt wurden, von denen wir folgende nennen wollen:

Laut Bericht des Nationalen Kommissariat für Menschenrechte (CONADEH) wurden landesweit mindestens 31 Personen ermordet, zehn von ihnen im Department Cortés. Gemäß der durch unser Anwaltsteam bestätigten Daten, wurden folgende Personen von Mitgliedern ermordet, die Ihrer Institutionen unterstehen: 1. Roger Alberto Vásquez Reyes, Stadtviertel López Arellano, Choloma, Cortés, 2. Víctor Evelio Martínez Álvarez, Stadtviertel López Arellano, Choloma, Cortés, 3. José David Ramos Lambert, Stadtviertel López Arellano, Choloma, Cortés, 4. Michael Yair Ponce Sauceda, Stadtviertel López Arellano, Choloma, Cortés, 5. Mauricio Jonathan Echeverría Hernández, Stadtviertel López Arellano, Choloma, Cortés, 6. Jesús de María Sánchez Euceda, Sektor Satélite, San Pedro Sula, Cortés, 7. Brian Noé Mejía Gonzáles, Stadtviertel Río Blanco, San Pedro Sula, 8. Delmer Josué Medina, Brisas del Valle, Cofradía, Cortés, 9. David Octavio Quiroz Urrutia, Dos Caminos, Villanueva, Cortés, 10. Cristian Fernando Hernández, Stadtviertel Felipe Zelaya, San Pedro Sula. Wir werden weitere Ermittlungen machen, um zu bestätigen, ob es weitere gewaltsame Todesfälle gibt, die ebenfalls mit Polizei und Militär in Zusammenhang stehen.

Der Angriff mit scharfer Munition auf etwa hundert Personen, sowie auf tausende Bürger, die von Schlagstockattacken oder von dem unverhältnismäßig starken Einsatz von Tränengas betroffen waren, ohne dass internationale Standards und Gebrauchsanleitungen beachtet wurden.

Wir haben sowohl wegen Folter dutzende von Anzeigen erstattet als auch Haftprüfungsanzeigen wegen Verschwindenlassens erneut erstattet.

Wir haben Anzeigen wegen Festnahmen und illegalen Hausdurchsuchungen erhalten. Aus vielen Gemeinden, die beinahe wie im Kriegszustand den Einsatz ihrer Sicherheitskräfte erlebt haben, haben wir Zeugenaussagen zu psychologischen und emotionalen Auswirkungen.
         
Trotz der Schwere dieser Zahlen, hat unsere Arbeit auf dem Land uns ermöglicht, neue und alte Strategien von Militär und Polizei auszumachen, die einen Affront gegen den vermeintlich demokratischen Staat darstellen, und die eine Verletzung der Menschenrechte bedeuten, u.a.:

Die Bildung von “Spezialkommandos” außerhalb des Gesetzes, bestehend aus Armee und Polizei für Einsätze zur „soziale Säuberung“, die insbesondere für Operationen gegen führende Personen aus den Organisationen eingesetzt werden.
         
Das Einschleusen von Agenten aus Militär und Polizei bei Kundgebungen, mit dem doppelten Ziel, um an Informationen über führende soziale Kräfte zu gelangen und zugleich Chaos bei Protesten zu stiften, um die Repression zu „rechtfertigen“.

Die Suche, Verfolgung, Schikane und Festnahme von führenden sozialen Kräften - als eine Art der Abschreckung vom bürgerlichen Protest.

Weit verbreitet ist die Stigmatisierung und Kriminalisierung der protestierenden Bevölkerung z.B. mit Gruppen von Maras (Banden) oder des Drogenhandels, gegen die mit „Gesetzeshärte“ vorgegangen werden muss. Der Bevölkerung wird wirtschaftliche Anzeize angeboten, wenn sie ihnen die Aufenthaltsorte der Demonstranten „verraten“.

Die Patrouillen in privaten Autos, die Festnahmen ohne Haftbefehl, die Schikanen in Wohnhäusern u.v.m.

Als verantwortliche Organisationen und zum Schutz unserer Koordination unserer Organisationen haben wir, MADJ und CCSPS,  viele dieser Anzeigen auf den Rechtsweg gebracht, systematisiert (Videos, Fotos, Zeugenaussagen) und Kopien davon an verschiedene nationale und internationale Instanzen zur Verteidigung der Menschenrechte geschickt, wie u.a. an den Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte. Außerdem haben wir uns mit Vertretern der US-amerikanischen Botschaft getroffen, um sie über all diese Menschenrechtsverletzungen zu informieren – [die US-Botschaft] wegen ihrer Rolle als „Geldgeber“ und Mitarbeiter des Budgets des Ministeriums für Sicherheit und Verteidigung.

Die Aktionen, die wir durchführen haben zum Ziel, dass keinen einzige dieser Menschenrechtsverletzungen strafflos bleibt, dass alle ausführenden und Auftrag gebenden Verantwortlichen wegen Amtsmissbrauch verurteilt werden und dass es nicht einen Grund gibt, der es ihnen weder in dieser noch in einer anderen Situation erlaubt die Bevölkerung zu ermorden, zu unterdrücken und einzuschüchtern.

Chefs der Polizei und des Militärs

Die Bevölkerung, die sich auf den Straßen befindet hat ihr Recht sich zu erheben begriffen, wegen des Wahlbetrugs zu protestieren. Abgesehen davon protestiert und verweigert sie sich der politischen und wirtschaftlichen Elite, die auffallend korrupt ist und das Land führt. Was in den Straßen und Gemeinden zu sehen ist, ist ein Ruf nach Würde. Die Bevölkerung hat es satt, dass Einige glauben das Land mit all seinen Ressourcen und Naturgütern gehöre ausschließlich ihnen, und zu ignorieren, dass diese Habgier und Korruption die Bevölkerung bestraft und den Großteil der honduranischen Bevölkerung in einer Misere leben lässt. Dieser Ruf wird nicht enden.     

Dies als Grundlage nehmend beantragen und fordern wir:

Dass keine Befehle zum Töten, Verfolgen, Einschüchtern, Kriminalisieren und unaufhörlichem Angreifens gegen die Bevölkerung erteilt noch akzeptiert werden, die legitim von ihrem Recht auf friedliche Versammlung gegen Korruption, Betrug und Diktatur Gebrauch machen.

Dass sie nie wieder tödliche Waffen gegen die Zivilbevölkerung einsetzen und der unverhältnismäßige Gebrauch von Tränengas, speziell in Wohnvierteln beendet wird – oftmals waren deren Bewohner noch nicht einmal an den Protesten beteiligt.

Dass die Militarisierung der verschiedenen Regionen beendet wird. Regionen, die sich im zivilen Ungehorsam gegen den Wahlbetrug und Diktatur üben.

Beendigung des Gebrauchs von zivilen Fahrzeugen ohne Kennzeichen, dem Einschleusen in die Kundgebungen von Mitgliedern ihrer Institutionen und die Provokation der Bevölkerung.

Nicht zu vergessen, dass die Polizei und Sicherheitskräfte neben der institutionellen Verantwortung erwähnter Verbrechen auch die Verantwortung als Ausführende oder Auftraggeber haben, sei es wegen Aktion oder wegen Unterlassung.

Dass Sie sich der betrügerischen Diktatur verweigern diese anzuerkennen und ihr zu dienen. Auch Sie haben die Pflicht die verfassungsmäßige Ordnung zu respektieren und dafür zu sorgen, dass sie respektiert wird.

Für Ordnung zu sorgen ist eine Sache, morden, unterdrücken und einschüchtern durch Polizei und Militär sind Verbrechen, die sich nicht verjähren.


Vertretung der MADJ                                           Vertretung der CCSPS


Originaltext veröffentlicht Website MADJ