Proteste, gewaltsame Repression und
Kriminalisierung setzen sich fort. OAS will mit der gewählten
Regierung kooperieren.
Proteste im Department Atlántida am Montagabend. Quelle: Radio Dignidad |
(23. Januar 2018 – Hondurasdelegation) Auch am
Montag wurden die Proteste gegen den Wahlbetrug in verschiedenen
Landesteilen fortgesetzt. Wieder schossen Polizei und Militär auch
mit scharfer Munition auf die Demonstrierenden. In Arizona im
Department Atlántida wurde Ramón Fiallos von der Umwelt- und
Menschenrechtsbewegung MADJ getroffen und erlag seinen Verletzungen.
Der 60Jährige war Koordinator des MADJ in der Gemeinde El Retiro und
an den Protesten gegen den Wahlbetrug als auch an Protesten gegen ein
Staudammprojekt am Fluss Jilamito beteiligt.
Die Organisation MADJ war in den vergangenen Tagen
und Wochen immer wieder Opfer von Einschüchterung und Repression. Mittlerweile wird die Strategie der
Delegitimierung und Kriminalisierung der Proteste immer deutlicher.
Die Plattform der sozialen und Volksbewegungen von Honduras (PMSPH)
prangert in einem Kommuniqué Äußerungen des Oberst Hugo Coca,
Kommandierender der Operation Xatruch in Tocoa an. Coca soll die seit
Samstag friedlich Demonstrierenden gegenüber Medien als
„Verbrecher“, die Waffen trügen, bezeichnet haben. Die Operation
Xatruch, die Coca seit 2016 koordiniert, sei an der Vertreibung der
Bevölkerung für extraktivistische Projekte beteiligt, so die
Plattform.
Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Am Montag morgen (nicht erst am Dienstag, wie wir
im vorangegangenen Beitrag zuerst fälschlich berichtet haben) begann
die Anhörung im Fall des am 19. Januar verhafteten Edwin Robles
Espinal, gegen den Terrorismusvorwürfe erhoben wurden. Die Anhörung
fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Militärbataillon
statt, weder Familienangehörige noch Journalist*innen noch
Menschenrechtsbeobachter*innen wurden hereingelassen. Hernan Silva
von Amnesty International berichtet: „Sie halten die
Gerichtsverhandlung ohne jegliche nationale oder internationale
Beobachtung ab. Das verstößt gegen nationale wie internationale
Menschenrechtsabkommen, aber auch gegen die honduranische Verfassung
und die Strafprozessordnung.“
Familienangehörige, die mit Plakaten vor dem
Bataillon ihre Solidarität mit Espinal zeigten, erfuhren eine
einschüchternde Behandlung durch das Militär. Wie aus verschiedenen
Quellen berichtet wird, wurden die Vorwürfe des Terrorismus und des
versuchten Mordes gegen Espinal inzwischen fallengelassen, aber die
Anschuldigung der Sachbeschädigung blieb bestehen. Espinal wurde
nach der Anhörung zurück ins Hochsicherheitsgefängnis La Tolva
gebracht.
Das Zentrum für Demokratiestudien (CESPAD) stellt
in seinem jüngsten Bericht, der auch die Verhaftung Espinals
beinhaltet, fest: „Das Regime von JOH wendet das umstrittene neue
Strafgesetzbuch mit seiner Rechtsfigur des Terrorismus an, (...) um
die Führung sozialer Bewegungen zu kriminalisieren und den Protest
der Bevölkerung einzudämmen. Dieser Sachverhalt wurde wiederholt
von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission hinterfragt.“
Organisation Amerikanischer Staaten kündigt
Kooperation mit Regierung an
Das CESPAD sieht Honduras in einer tiefen Krise
der Demokratie, aus der die traditionelle Elite einen Ausweg durch
„,mehr Autoritarismus und Menschenrechtsverletzungen“ suche, also
den fortschreitenden Rückbau des demokratischen Systems noch weiter
vorantreibt.
Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hat
hingegen mitgeteilt, dass sie in Zukunft mit den gewählten
Autoritäten von Honduras auf den Ebenen der Exekutive, Legislative
und der Kommunen im Rahmen der bestehenden Abkommen zusammenarbeiten
werde.
Im Dezember, kurz bevor die honduranische Wahlbehörde TSE Hernández
zum Wahlsieger erklärt hatte, hatte OAS-Generalsekretär Luis
Almagro aufgrund des Ausmaßes der Unregelmäßigkeiten noch
Neuwahlen gefordert. Laut Manuel Zelaya macht sich die OAS nun zur
Sprecherin des US-amerikanischen Außenministeriums und hat Hernández
praktisch anerkannt.
Die Europaabgeordnete Lola Sánchez von Podemos,
die als Wahlbeobachterin der EU in Honduras war, will unterdessen
eine Petition von Exilhonduraner*innen in Spanien vor das Europäische
Parlament bringen. In einer Pressekonferenz am Montag sagte sie: „Die
Repression, die die honduranische Bevölkerung erleidet, kann nicht
toleriert werden. Die internationale Gemeinschaft darf nicht länger
wegsehen.“
Der endgültige Bericht der
Wahlbeobachtungsmission (MOE) werde in der zweiten Februarwoche in
Brüssel vorgestellt und Anfang März in Honduras. Zu dem Zeitpunkt
wird Hernández vermutlich schon das Präsidentenamt angetreten
haben.